Botch – 061524

von am 2. Juli 2025 in Livealbum

Botch – 061524

Welcome to the funeral, I guess. I can’t believe this is the last time I’m gonna say this. But we are Botch from Tacoma, Washington. It’s our pleasure to play for you tonight.” Mit diesem Epitaph beginnt 061524.

Bassist Brian Cook, Gitarrist David Knudson, Drummer Tim Latona und Vocalist Dave Verellen haben diesen Moment nicht nur als Beginn des Endes ihres zweiten Lebens, sondern auch als Kickstart für ihr zweites Livealbum überhaupt eingefangen. Aufgenommen wurde dieses bei der Show im Showbox von Seattle am 15. Juni 2024 und damit auf den Tag genau exakt 22 Jahre nach jenem Konzert, das als Grundlage für 061502 den bisherigen Schwanengesang um die Botch‘sche Diskografie legte.
Dass die Geschichte der Mathcore-Ikonen zwei Dekaden nach dem Schlussstrich 2002 noch einmal eine finale (und vor allem so absolut würdige) Ehrenrunde angehängt bekommen hat, gehört zu den schönsten Geschichten der jüngeren Vergangenheit: Alleine das Wien-Gastspiel der Band gleicht auch heute noch dem euphorischen Wahrwerden eines lange gehegten Traums, an den man sich auch noch rund 16 Monate später immer noch gerne erinnert – die Eindrücke von damals haben die Sicht auf die Band mit erfrischender Schärfe durchaus neu geprägt.
Dass 061524 mit diesen Eindrücken nicht ganz konkurrieren kann (oder womöglich gar umgekehrt eher eine verklärende Begeisterung bedingt?), sorgt zumindest subjektiv per se für eine unfaire Ausgangssituation der Konzert-Dokumentation, welche halbwegs objektiv betrachtet grundlegend einfach alles richtig macht.

Die (bis auf die nunmehr auch auf die grandiose Comeback-Single One Twenty Two – anstelle von Rob Lobster – zurückgreifen könnende, identisch zu allen vorangegangenen Tour-Stopps abgehandelte und dennoch keine abnutzende Routine erkennen lassende) Set/Tracklist ist zwar zwangsläufig zwangsläufig relativ deckungsgleich mit 061502. Doch alleine der Sound ist hier nun ein besserer: malmend und massiv, mit dominanten Vocals und einer knackig ballernden Rhythmussektion sind Botch so knackig und bissig eingefangen, klingen riskant und exzessiv, bersten förmlich vor Energie und Hunger.
Das Publikum ist vom aggressiven To Our Friends in the Great White North an unterstützend dabei (auch wenn die skandierte Chor in konservierter Form freilich weniger intensiv ist, als wenn einem Horde zugekokster Italiener „It’s your fault, fucking up the kids!“ in die Ohren brüllt) und kann noch nichtmal im Piano-Ausklang zu Oma Ruhe bewahren. All die Freunde, Verwandten und Fans in der Menge haben stets etwas hinauszuposaunen, während Dave die aufkommende Sentimentalität ob des neuerlichen Schlußstriches im tollwütigen Berserker-Modus wegbrüllt und (trotz schon nach drei Songs so heiserer Stimme) dennoch so viel Dank für all die unterstützenden Weggefährten sowie begleitende Bands (wie Great Fall und Helms Alee oder die Szene-Initialzünder Undertow) parat hat. Wenn sich die vier Kumpels auf der Bühne vor dem Closer und der Aufsicht von Chauncey nostalgisch in den Armen liegen: pure Gänsehaut!
Die Balance zur Schwermut kippt jedoch nie, Botch verausgaben sich ein letztes Mal und reihen so tatsächlich relativ definitive Versionen zahlreicher ihrer unsterblichen Klassiker aneinander, zu gleichen Teilen von American Nervoso (1998), We Are the Romans (1999) und  An Anthology of Dead Ends (2022) gespeist. Weswegen die superbe Tranformation von Saint Matthew Returns to the Womb in das Outro von Hives auch nur nur in gewisser Hinsicht das Ende darstellt: Anhand von 061524 lässt sich ziemlich gut nachhören, warum sich auch in Zukunft praktisch jede Band des Genres an Botch messen lassen muß.

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