Biffy Clyro – Futique

von am 18. Oktober 2025 in Album

Biffy Clyro – Futique

Neo-Cardiacs-Frontmann Mike Vennart schwärmt ausführlich über das zehnte Biffy Clyro-Studioalbum. Warum das so ist, deutet Futique – Future Antique – allerdings eher an, als dass es diese Vorschusslorbeeren tatsächlich erntet.

Das liegt in erster Linie am Mitwirken von Produzent Jonathan Gilmore, der die Platte viel zu nahe an seinem üblichen Klientel wie The 1975, Rina Sawayama, Beabadoobee, Nothing But Thieves oder Carly Rae Jepsen für eine leicht verträgliche Radio-Tauglichkeit bagatellisiert. Dabei hätte das schottische Trio diesmal viel eher eine strenge Hand gebraucht, die das Songwriting mit rauerer Kante provoziert, es zu Risiken und mutigeren, abenteuerlichen Umwegen herausfordert, anstatt den Weg des geringsten Widerstandes sauber derart ruinös und ja, einfach uninteressant herauszuarbeiten.
Denn grundsätzlich hätte Futique richtig gut abliefern können: Biffy Clyro gelingen so viele Hits wie lange nicht – nur will sich wegen der zugänglichen, frustrierend glatten Harmlosigkeit der Inszenierung trotzdem einfach keine Euphorie (geschweige denn eine Mon The Biff-Gänsehaut) aufgrund dieses Umstands einstellen.

Futique mutet wie das auf Nummer Sicher gehende, enttäuschende Einlösen jener Versprechen an, die das überraschend tolle The Myth of the Happily Ever After 2011 als ansatzweise Rückkehr zur alten Form gab. Oder ein bisschen wie die Platte, die der relative Rohrkrepierer Ellipsis gerne gewesen wäre.
Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.

A Little Love täuscht den Einstieg von All My Friends an und schaltet dann den zuverlässigen Autopilot zum typischen Ohrwurm ein, poltert mit orchestralem Kitsch und bietet den Refrain (symptomatisch für nahezu jede  der folgenden Nummern) reibungslos dem Mainstream feil. Auch das enger gezogene Hunting Season (mit seinem rumorendem Bass und dezent mehr Biss samt einem audioslaveschen Sunrise-Abgang) nutzt eine Variation dieser einfach schon zwingender von der Band eingesetzten Formel.
Und Überraschung: Shot One beginnt zwar wie übelste Formatradio-Poprock-Gülle, doch der auf Nummer sicher gehende Chorus im Midtempo rückt die Perspektive abermals gerade, mit funkelndem Keyboard und „badaaaaa“-Gefälligket, bevor True Believer den Baukasten des vorangegangenen Trios am treffsichersten umsetzt – mit dezent angriffslustigerer Strophe und hymnischer Tendenz.
Am besten ist dennoch das tolle Woe Is Me, Wow Is You, das erst mit Streicher-Sülze irritiert, doch die lethargische Gemeinschaft des Call-and-Response charmant einsetzt, derweil die Nummer an Fahrt aufnimmt, und letztlich mit huckepack genommenen Arrangements samt flott tänzelndem Solo überzeugen kann.

Leider lässt die Schlussphase in derselben Ausrichtung jedoch markant nach. It’s Chemical! ist nur ein netter Singalong ohne Ecken oder Kanten. A Thousand and One kopiert ruhig die Melodie von Biblical, um gemütlich zu schunkeln, damit man sich bei Konzerten ohne Schwierigkeiten in den Armen liegen oder Feuerzeuge schwenken kann, bevor Two People in Love entlang eines verträumten Klavier-Geklimpers ohne Biss rockt, die letzten zwei Minuten aber stimmungsvoll als Instrumental abdrehen lässt.
Das Problem ist dabei aber eben einfach, dass all diese Szenen durch den ebenso egalen wie aufdringlichen Sound der Platte kaum spannend zünden und Futique als Ganzes schnell seinen Reiz verliert. Und auch, dass die Ausfälle (Goodbye als entsetzlich weichgespülte Pseudo-Incubus-Ballade samt Alibi-Ausbruch; Friendshipping als solides Queens-Imitat, dem durch seine banalen Texte haarsträubend in die Kniescheiben geschossen wird; und der catchy 08/15-Pop des discoschimmernden Dearest Amygdala ist einfach hookaffine Ambitionslosigkeit) dadurch zu schwer wiegen.
Dass das zehnte Biffy-Album deswegen einen absolut unnötigen Kampf mit A Celebration of Endings um die Position als zweitschwächstes Werk der Band austrägt, ist absolut frustrierend. Der Trost, dass der Abstand zu Ellipsis doch merklich ausgefallen ist, ist bestenfalls ein relativer.

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