Karate, Kinsella & Pulse, LLC [22.04.2025: Forum Stadtpark, Graz]

von am 24. April 2025 in Featured, Reviews

Karate, Kinsella & Pulse, LLC [22.04.2025: Forum Stadtpark, Graz]

Die Freude über die Rückkehr von Karate (alias eine der besten Bands aller Zeiten. Mindestens!) bekommt nach dem tollen Comebackalbum Make it Fit durch ein – von niemand geringerem als Kinsella & Pulse, LLC flankiertes – Gastspiel im Forum Stadtpark die Krone aufgesetzt.

Während die Konzerte anderswo lange im voraus weitaus größere Locations als den Keller des Forums ausverkaufen, interessiert das Erscheinen von Geoff Farina, Gavin McCarthy und Jeff Goddard in Graz derweil – wenig überraschend, leider – nur sehr überschaubare Menge an Menschen. Der Abstand der Zuseher zur Bühne im bestenfalls solide gefüllten Veranstaltungsraum bleibt bis kurz vor 23.00 Uhr ein respektabler, ohne dass es sich deswegen vor dem Ausgang zu eng stauen würde.
Dennoch hat sich das Publikum zu diesem Zeitpunkt nach rund eineinhalb Stunden ohne Längen verflogener Show mit Vehemenz (über die bereits einsetzende Beschallung aus der Konserve weg) eine unerwartete Zugabe erklatscht, die im (mit der augenzwinkernden Bitte um Ruhe für die „Special Attention“ eines tief hinabgestimmt werden müssendem Bass eingeleiteten) The Same Stars ihr fabelhaftes Finale findet.

Karate 2 Karate 3

Dieser Schlusspunkt fällt dann auch nicht nur am deutlichsten aus der sich ansonsten relativ deckungsgleich entlang des üblichen Reunion-Programms bewegenden, alte Klassiker an neue Glanztaten stellenden Setlist an diesem Abend, sondern auch wegen der Sauberkeit des Sounds. Bis zur Zugabe begleitet nämlich ein absolut frustrierendes Dröhnen aus der PA das Konzert, nervtötend und enervierend. Dagegen wird leider trotz der Hinweise von Karate selbst diesbezüglich lange nichts unternommen – die klangtechnischen Wünsche hinsichtlich Kick Drum und Bass werden dagegen gleich nach dem mittlerweile traditionellen Bass Sounds korrigiert.
Dass die perfekt aufeinander eingespielte Band es mit Humor nimmt, ohne großes Brimborium über dieses Manko hinwegspielt und es gar vergessen lässt, passt aber generell gut zum absolut unprätentiösen Auftreten des Trios: Exaltierte Dinge wie Posen oder Animationen, geschweige denn eine Lichtshow oder gar ein Backdrop, brauchen Karate nicht.

Karate 4 Karate 5

Kinsella & Pulse, LLC tun dies eventuell. Zumindest ist ihre rund um das aktuelle Album Open ing Night (und Highlights wie die Katharsis von Watch and See oder ein herrlich brutzelndes Sally) aufgebaute Set mit Videowall im Rücken und der physisch spürbaren Elektronik, die beinahe in wummernde Club-Nähe dröhnt, live noch einmal mindestens eine Stufe besser, weil eindringlicher und physisch greifbarer, als auf Platte. Weil es das Duo es am Vorabend nicht nach Wien geschafft hat, hat das dortige Publikum jedenfalls definitiv etwas verpasst.
Wie eine psychedelische, minimalistische Alternative zu den Kills spielen sich Tim Kinsella und (die gesangstechnisch im Mix gefühlt ein wenig zu weit hinten platzierte) Jenny Pulse nonchalant tänzelnd in einem praktisch nahtlos ineinander verwobenen Trip, der nur einmal den durchgehenden Sog unterbricht, um die obligatorischen Danksagungen zu liefern und sympathisch Werbung für das mitgebrachte Merch zu machen. Schließlich sei es nie zu früh für Weihnachts- oder zu spät für Oster-Einkäufe. Außerdem haben Karate ohnedies nichts zum Shoppen mitgebracht – was übrigens (leider) tatsächlich stimmt.

Man würde dem Trio aus Boston für sein formvollendetes Amalgam aus bluesigem Indie, butterweichem Post Hardcore und von einer Prise Emo garnierten Jazz eben am liebsten Kohle ohne Ende in den Rachen vor den Merch-Tisch werfen, zumal sich die grandiosen Momente die Klinke in die Hand geben.
Egal ob Water live seine perkussive Seite dominieren lässt, Defendants mit seinen Hit-Qualitäten für ein schmissiges Momentum sorgt, sich der unsterbliche Evergreen Sever zum spät startenden Endlos-Jam ausdehnt oder man alleine schon This Day Next Year einfach ewig zuhören wollen würde. Und Liminal ist ohnedies längst einer der schönsten Songs überhaupt.
Mit der professionell unaufgeregten Sachlichkeit, die Karate dabei in Sachen Performance walten lassen, könnte zwar der Eindruck einer zu nüchternen Distanz zum Publikum entstehen, doch Farina sorgt mit seinen kurzen Ansagen zwischen den Songs für eine aufrichtige Nahbarkeit – ja, er plane gar, Graz nach diesem ersten Aufenthalt hier überhaupt irgendwann noch einmal einen Besuch abzustatten. Das dies dann doch nur eine höfliche Floskel sein dürfte, ist dann aber nach diesem so unspektakulär kaum Wünsche offen lassenden Konzertabend freilich verzeihlich. Alleine schon deswegen, weil dieses Jahr noch Großes im Hause Karate anstehen soll und die Band insofern sicher auch so gut beschäftigt sein wird.


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