Peter Doherty – Felt Better Alive

von am 19. Mai 2025 in Album

Peter Doherty – Felt Better Alive

Felt Better Alive recycelt im weitesten Sinne Material, für das Peter Doherty keine fortführende Basis mit Carl Barât gefunden hat, um es zu Songs für All Quiet on the Eastern Esplanade zu Ende zu denken.

Eventuell fehlt Felt Better Alive ja deswegen der letzte konsequente Schritt, der aus rundum tollen Nummern herausragende machen hätte können. Doch auch wenn das nominell dritte Soloalbum von Doherty sich nicht als eine derart essentielle Erweiterung der Diskographie des 46 jährigen Wahl-Franzosen anfühlt, wie es gerade The Fantasy Life of Poetry & Crime zuletzt gelang, funktioniert Felt Better Alive doch unmittelbar über der Wahrnehmung als Resterampe, ist einfach zu gut, um hierbei über potentielle B-Seiten zu sprechen.
Genau genommen haben die elf Nummern der Platte (alleine durch ihre sparsame, bescheiden bleibende Inszenierung, die nur in Ausnahmefällen mehr als Gitarre, Schlagzeug und Bass braucht) sogar mehr unkomplizierten Charme, als jene des vierten Libertines-Langspielers.

Eingängig, nett und angenehm nebenbei zu hören sucht Doherty keine zwingende Hebelwirkung oder den (mag das sich mit geschmackvoll-sentimentalen Streicher-Arrangements tummelnde Pot of Gold auch anderes behaupten) Hit-Single-Killerinstinkt für sein unaufgeregtes Songwriting, lässt das Momentum relaxt vorbeiplätschern, gelöst, schnörkellos und befreit. Eine Attitüde der Nebensächlichkeit, die durch eine (gerade in der zumeist sehr knapp gehaltenen Ausrichtung der zweiten, zum Stückwerk-Sammelsurium neigenden Plattenhälfte forcierten) kompakte Spielzeit von gerade einmal 28 Minuten zusätzlich verstärkt, ja, gar bis an die Grenzen zur flüchtig und unfertig erscheinenden Nonchalance geführt wird.

Ausbrüche gibt es dabei selten. Das auf sanfte, entspannte Weise beschwingt-weinerliche Calvados klampft und klimpert zurückgenommen zur Folkrock-Ästhetik, wobei der polternde Twist im Finale gerne mehr als eine Finte hätte sein dürfen. Etwas vehementer fallen sonst aber nur das kraftvolle, latent schwerer groovende Stade Océan sowie der mit Lisa O’Neill stacksende, schnodrig aufs Gaspedal tretende Stehtanz Poca Mahoney’s aus, derweil Out of Tune Balloon wie eine voll ausproduzierte Libertines-Demo klingt: als Fan der beiden prominenten Bands von Doherty darf man auch ohne Euphorie einfach sehr zufrieden mit Felt Better Alive sein.

Das schunkelnde The Day the Baron Died könnte dagegen nicht nur Damon Albarn gefallen, während der Titelsong sich als Americana-Ausritt nahtlos im munteren Galopp einfügt, bevor Ed Belly salopp zu jovialen Oboen vom Saloon in die Pub-Lounge tänzelt.
Fingee swingt mit verträumten Bläsern und trocken grabendem Bass zwischen einem somnambulem Tauchen und Country-Ansätzen, Prêtre De La Mer macht in seiner gemütlichen Ausgelassenheit behäbig schreitend Platz für einen Priester aus der  Normandie und ein Saxofon, bevor Empty Room als simples Kleinod so liebenswert und unspektakulär die weitestgehend positiv zu verstehenden Gewichtlosigkeit der Platte abschließend als Tugend destilliert: Der mit Familie und Hunden auf der Bühne sitzende Doherty arbeitet mittlerweile mit einer lockeren Reife, die sicherlich nicht so spannend oder magisch ist, wie die wilde Unberechenbarkeit von einst – doch die längst etablierte, ebenso gefällige wie zeitlose Zuverlässigkeit kann einem aber eigentlich nur ein unbedingtes Wohlwollen (auch hinsichtlich der aufrundenden Bewertung) abringen.

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