Respire, Absent from the Morning Headcount [16.04.2025: Sub, Graz]

von am 18. Mai 2025 in Featured, Reviews

Respire, Absent from the Morning Headcount [16.04.2025: Sub, Graz]

Das Post-Everything Collective Respire ist endlich wieder in Europa unterwegs – und macht erstmals auch in Graz Halt. Im Sub tun sie dies (um Terminkollisionen mit der Album-Release-Show von Nekrodeus zu vermeiden) für eine Early Show.

Bestes leben für altendernde punx“ verspricht das Sub als Vorwarnung auf den unkonventionellen Beginn um 18.00 Uhr. Und liegt damit goldrichtig: Ein derart früh angesetztes Konzert hat – gerade, wenn sich die müden Knochen am folgenden Tag in die Arbeit schleppen müssen – absolut was.
Als die Veranstaltung deswegen jedenfalls bereits gegen 19.45 Uhr endet, müsste man zu diesem Zeitpunkt zumindest hinsichtlich der eigenen Ausdauer streng genommen gar nicht so viel Raum für etwaige Regenerationsmaßnahmen reklamieren. Die (diesmal einfach zu kleine) Location am Kaiser Franz-Joseph Kai ist nämlich gefühlt selten derart rappelvoll gewesen, wie während des Auftritts der Kanadier – was für das Publikum wiederum ein eher statistisches Beobachten des Sets zur Folge hat. Auslegungssache, ob dies insofern tatsächlich eine Variante des besten Lebens für altendernde Punks.

Respire 4 Respire 3

Der Einstieg in die Show gehört allerdings klipp und klar der Jugend. Die Veranstalter-Koalition (courageandabrick X barren fields X dark days ahead) hat mit Absent from the Morning Headcount eine der heißesten Newcomer-Aktien des (heimischen) Screamo und Emoviolence als Support engagiert.
Das seine Lektionen – wie es die Wahl des Bandnamens ganz adäquat vorwegnimmt – bei den Klassikern des Genres gemacht habende Quartett fackelt in zehn Minuten herrlich infernal keifend die Bude ab und hat dabei von melodisch schneidenden Gitarren bis zum archaisch am Punk rumpelnden Polter-Schlagzeug angetrieben stets das Talent, in einem mitreißenden Strom markant herausragende Szenen zu kreieren. Katharsis inklusive, dazu Assoziationen an Orchid bis Cloud Rat, einfach spitze!
Den kleinen Schönheitsfehler, dass der Bass im Soundbild des grundlegend wie immer dennoch überzeugenden Sub gerne individueller akzentuiert hätte werden dürfen, spielt da keine Rolle: Absent from the Morning Headcount erfinden das Rad sicher nicht neu, kurbeln es als begeisternder Rohdiamant aber mit einer aufregenden Sturm-und-Drang-Attitüde an. Kein Wunder also, dass auch Respire nur lobende Worte für ihre Vorband an diesem Spätnachmittag über haben.

Auch über die hiesige DIY-Szene und die Organisatoren der Show schwärmt das auf dieser Tour personell leicht um- (weil Stamm-Schlagzeuger Travis absolut grandios, kraftvoll und packend durch Eli Deitz ersetzt wird) (bzw. livetechnisch auch mangels eines zusätzlichen Gitarristen) unterbesetzt als Sextett auftretende Kollektiv aus Toronto, während es seine Instrumente für das abschließende We Grow Like Trees in Rooms of Borrowed Light neu stimmt und damit für den einzigen Bruch in der ansonsten ohne Unterbrechung dargebotenen (und durch holprige Interludes vom Band verbundenen) Setlist sorgt.

Respire 2 Respire 5 Respire 6

Die gerade auf dem aktuellen, den Rahmen für die Tour bietenden Studioalbum Hiraeth zu voller Blüte kommende Symbiose aus kammermusikalischer Folklore, Postrock-Panoramen, Blackgaze-Tragweiten und Screamo-Attacken wird damit live nur bis zu einem gewissen Grad reproduziert. Trompete und Violine begleiten das Geschehen eher sporadisch, wodurch Respire den Kern ihres eigenwilligen Stil-Amalgams mit archaischer Direktheit freilegen und sich daran abwetzen. Gerade wenn die im sanften Nebel, schummrigen Licht und kernigen Sound spielende Band hinter der Doppelspitze Egin Kongoli und Rohan Lilauwala Tempo und Druck erhöht, entwickeln Respire so einen fesselnden, rohen Sog mit einem mehr an metallischer Härte, der keine Längen kennt und mit knapp 45 zugabenfreien Minuten Spielzeit (ein klein wenig zu knapp bemessen) auf den Punkt findet. Das zündet generationenübergreifend – weswegen man sich über das Versprechen der Band, in zwei Jahren wiederzukommen, schon jetzt freuen sollte.
(Richtig glücklich darf aber eigentlich trotzdem nur sein, wer danach noch weiter ins Music House pilgern kann).

Setlist:
Bound
Distant Light of Belonging
Cicatrice
Keening
Embers to End
Home of Ash
To Our Dead Friends
We Grow Like Trees in Rooms of Borrowed Light

Print article

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen