Taylor Swift – The Life of a Showgirl

von am 16. Oktober 2025 in Album

Taylor Swift – The Life of a Showgirl

Dank Taylor Swift wissen wir nun: The Life of a Showgirl ist soundtechnisch unausgegoren, inhaltlich (in)konsequent und in Sachen Songwriting solide auf fade Schablonen gebaut. Vor allem aber lyrisch so grotesk schlecht, dass es schon ein wenig ratlos macht.

Sich darüber zu wundern, weswegen ein Werk des größten Superstarts dieser Tage trotz theoretisch unendlicher Recourcen eine derart ambitionslos, belanglose und austauschbar konstruierte Angelegenheit geworden ist, ist grundlegend müßig. Zumal der Erfolg Swift schließlich recht gibt: Indem die Pop-Ikone ihre Fans mit dutzenden Versionen ihrer zwölften Studioplatte gemolken hat, ist The Life of a Showgirl das am schnellsten verkaufte Album in der Geschichte der USA.
Ein Umstand, der sich im Windschatten der Eras Tour jedoch subjektiv betrachtet primär auf die Loyalität der Anhängerschaft stützen muß, nicht auf die Qualität der Musik an sich. Denn die ist knapp eineinhalb Jahre nach The Tortured Poets Department eben doch alles andere als spektakulär, aufregend oder zumindest überzeugend ausgefallen.

Dabei gelingt es dem Einstieg der Platte zumindest mit einer gewissen Effektivität zu punkten.
Für The Fate of Ophelia wird eine sphärisch getragene Lana-Melancholie klatschend zur feiernden Synth Pop-Banalität für das Formatradio adaptiert, was dank des barrierefreien Refrains auch schmissig gelingt, mag die demonstrativ austauschbare Baukasten-Produktion von Max Martin und Shellback auch enervierend blutleer nach Stangenware klingt. In Elizabeth Taylor schwelgen dann Streicher in der Strophe, derweil sich der popkulturell referenzierende Refrain eine dramatische Hip Hop-Affinität a la Lust for Life gönnt: Einfach ein ziemlicher Ohrwurm und Hit.

Doch obwohl es mit dem Fremdcham-Club-Stampfer Cancelled! (ein veritabler Anwärter auf den schlechtesten Song des Jahres, mindestens) sowie dem 08/15-R&B des alltäglichen Cringe-Feuerwerks Wish List (das faszinierenderweise inszenatorisch und inhaltlich nicht eine mutige, risikobereite Entscheidung zu treffen wagt) als haarsträubende Krönungen einer generell bockschwachen zweiten Albumhälfte nur eineinhalb wirklich gravierend katastrophale Totalausfälle zu beklagen gibt (freilich abseits der generellen inhaltlichen Redundanz durch unterirdische, rein auf die Marke Swift blaugepauste Texte aus dem Elfenbeinturm über Beziehungs-Schmonz, mit dem sich jedermann identifizieren können soll – was aber eigentlich ideal zur Copy-Paste-Ästhetik des Pseudo-Konzeptwerks passt), ja trotz dieses bedingt relativierenden und die grundlegende Wahrnehmung der Platte negativ hinunterziehenden Umstandes, bleiben im weiteren Verlauf von The Life of a Showgirl nur noch wenige Szenen im positiven Sinne hängen – und selbst diese haben einen bestenfalls ambivalenten Beigeschmack.

Opalite ist ein harmlos-eingängiger, ohne Raffinesse zusammengeschraubter Taylor-Standard mit der auf seichten Kalenderweisheiten gebauten Botschaft, dass sich die Suche nach Mr. Right auszahlen wird – kraftlos und frei jeglicher Energie oder Enthusiasmus in Szene gesetzt. Father Figure nimmt die Ausgangslage von Wildest Moments, um gefällig ins Ohr zu gehen, und hat zwar eine schön verträumte Bridge voll kitschiger Hollywood-Romantik, zieht sich hinten raus aber auch und lässt das gewisse Etwas vermissen. Das zuversichtlich gefärbte Eldest Daughter ist als zurückgenommen Nostalgie im Klavier- und Acoustic-Gewand ein Pastiche der folkloristischen Dessner-Phase, ohne den dortige Tiefgang zu erreichen, und das grundlegende liebenswürdig scheinende Ruin the Friendship leidet unter dem Plastik-Beigeschmack – nett, belanglos, enervierend und emotionslos.
Immer wieder drängt sich dabei in unterschiedlichen Auslagen die Frage auf, ob der charakterlose Sound oder die bisweilen desaströsen Lyrics der Platte mehr schaden – in Kombination sind die beiden Faktoren jedenfalls ein ziemlicher Schuß in die Kniescheibe (die an dieser Stelle wertungstechnisch zumindest einen bis zwei Punkte kosten werden).

Für Actually Romantic zieht Swift den Fehde-Handschuhe an und riskiert es, die Pixies zu plagiieren (obwohl letztlich niemand der Beteiligten sicher zu sein scheint, ob die Nummer hinten raus eventuell tatsächlich rocken soll), wohingegen das funky gemeinte Jackson 5-Imitat  Wood eine willkommenen Lockerübung darstellt (wenngleich diese abseits der Ästhetik kein Gewicht hinterlässt).
Nach dem eindruckslos-unnötigen Filler Honey kaschiert der Titelsong-Closer seine 08/15-Komposition mit schillernder Cinematographie, schlüssigem Panorama und Sabrina Carpenter zwar halbwegs erfolgreich, kann den Stellenwert von The Life of a Showgirl als ein enttäuschendes Diskografie-Lowlight von Swift allerdings nicht mehr korrigieren: Erstmals klingt ein Album der 35 jährigen, als wäre es mit weltfremdem, eine obskure Bodenständigkeit imitierenden KI-Charme am Reißbrett entstanden – dort, wo persönliche Authentizität längst ein rein kalkulierendes Produkt ohne Herz und Seele geworden ist.

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