Cameron Winter – Heavy Metal

von am 12. Dezember 2024 in Album

Cameron Winter – Heavy Metal

Vom 3/4D Country in den mehrdimensionalen, betont exzentrischen Singer Songwriter-Folk und Soul Americana: Geese-Frontman Cameron Winter hat sein Solo-Debütalbum Heavy Metal aufgenommen.

Die Beipackzettel-Passage „Rumored to have been composed in abandoned basements, taxi back seats, and in impromptu jam sessions in public spaces, Heavy Metal draws on both the chaos of the road and Winter’s greater sense of existential dread“ erklärt den Charakter der Platte ein ein gutes Stück weit – auch die zu Heavy Metal gehörenden Videos oder eine Einflüsse aufzeigende Playlist helfen beim vorab erfassenden Verständnis.
Als adäquater interner Indikator kann dagegen $0 herhalten. Die Single beginnt wie eine alte Tom Waits-Ballade, wird von Winter jedoch demonstrativ neben die Spur in Schieflage gezogen. Der 22 jährige kultiviert seine Weirdo-Vibes mit betont eigenwillig-prätentiöser Intonation und sperrt sich dagegen, sein Songwriting in eine normale Nummer zu gießen. Da zelebriert er eher noch die Selbstpersiflage und skandiert feierlich „God is real, God is actually real/ God is real, I wouldn’t joke about this/ I’m not kidding this time“, anstatt den Kitsch zuzulassen oder den Konsens zu wählen.

Dass $0 raus trotzdem einfach schön ist, ist kein Widerspruch. So tickt dieses Album einfach, das praktisch exakt so auftritt klingt, wie man sich den Boss von Geese abseits des Band-Kontextes vorgestellt hätte. Ein bisschen, als stünde I Wanna Run Barefoot Through Your Hair mit einem Bein in der schrägen Hipster-Klapsmühle.

I will keep breaking cups until my left hand looks wrong/ Until my miracle drugs write the miracle song/ I will keep rolling down until my best shirt rolls off/ Until the conga line behind me is a thousand chickens long“ nölt Winter mit torkelnd taumelnder Stimme zur entspannt perlenden Acoustic-Gitarre von The Rolling Stones, begleitet sich selbst als Backgroundsänger im gemächlichen Folk Rock und holt irgendwann ein paar Dirty Projectors-Ladies-Imitate dazu – die werden später auch nochmal ebenso wahllos auftauchen, bevor Can’t Keep Anything den Bogen versöhnlich schrammelnd schließt.
Das famose Nausicaä (Love Will Be Revealed) schippert dezent soulig dezent dahin und nimmt unangestrengt mehr Band-Feeling an, derweil Winter sich selbst den Ball zuspielend ein paar Bläser ans Ende stellt. Love Takes Miles nimmt diese behutsam mit und noch ein wenig mehr Tempo auf, klimpert mit Handclaps und psychedelischen Nuancen. Dass Winter dabei instrumental dennoch schüchtern bleibt, erzeugt einen gewollt diffusen Kontrast zu seinem exaltierten Organ, derweil Streicher eine sentimentale Aufbruchstimmung erzeugen.

Drinking Age sitzt danach die ohnedies gemächliche Geschwindigkeit drosselnd in der Bar am Piano und zeigt eine nostalgische Wehmut, die ideal in die Weihnachtszeit passt. Ab der Hälfte schauen bräsige Bläser vorbei, wobei deren Arrangements eher für Bohren ausgelegt sind, als für die gefällige Lounge. Cancer of the Skull tänzelt, erst unter der Oberfläche und dann darauf, gelöste Bläser und ein Klavier schunkeln zur Gitarre. Try as I May pluckert am Minimal Beat aus dem Synthesizer, Harmonika und Fidel und ein schizophrener Chor begleiten schlaftrunken ein weiteres Liebeslied, diesmal weiter zu den Magnetic Fields hin, womit Heavy Metal seine experimentelle Phase einläutet.
Das orchestral abgedämpfte, fragmentarische We‘re Thinking The Same Thing setzt auf die impulsive Spontanität von Percussion und Keys samt abruptem Ende, Nina & Field of Coos klimpert im nervösen Rausch zu feierlichen Arrangements. Anmutig schreitend, aber von der entrückt aufgeputschten Energie der Nummer in hirnwütige Grandezza versetzt. Hier wie allgemein – sowohl auf Winters Debüt als auch bei Geese – kreiert das bemühte Chaos mit seiner schrulligen Eigenwilligkeit einen speziellen Reiz, kokketiert der New Yorker mit dem Image von Genie und Wahnsinn, verhindert damit gleichzeitig aber immer wieder eine erfüllende Größe auf konventioneller Ebene.

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  • Cameron Winter - Singles - HeavyPop.at - […] (knapp eineinhab Monate später folgen sollenden) Solo-Debüt Heavy Metal hat Geese-Frontmann Cameron Winter die beiden (letztlich nicht auf dem…

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