The Kills, Anda Morts [14.07.2025: Arena, Wien]

von am 15. Juli 2025 in Featured, Reviews

The Kills, Anda Morts [14.07.2025: Arena, Wien]

Vor kurzem noch (und demnächst auch bald wieder) gemeinsam auf Tour, bespielen The Kills und die Queens of the Stone Age in Wien zeitgleich die Arena und Stadthalle – eine ungünstigere Planung ist eigentlich kaum möglich.

Daher der Gig von Alison Mosshart und Jamie Hince jedoch eher angekündigt wurde und früher in den Verkauf ging, als der Quasi-2024er-Nachhol-Termin von Josh Homme und Co., nimmt dies einem die Entscheidung, welches der beiden Gastspiele man selbst besuchen wird, gegebenenfalls von vornherein ab. Dass das Duo mit der Arena außerdem die weitaus bessere Location als Argument vorzuweisen hat und (abseits zweier Festival-Auftritte) seit 2009 zudem keine Show mehr in Österreich absolvierte, hilft offenbar zusätzlich bei der Lösung der Zwickmühle.
Die Arena ist an diesem Abend nämlich praktisch ausverkauft, obwohl das Konzert vorab sogar noch zum angenehm luftigen Open Air hochgestuft wurde, und liefert in Sachen Sound (obwohl es zum Einstieg des Kills-Sets zu ein paar technischen Komplikationen mit dem In-Ear-Monitoring von Hince und dem Mikro von Mosshart kommt) gewohnt hochklassig ab (während man aus der heißen Stadthalle die gewohnten Beschwerden über den Klang hören wird).

Anda Morts

Keinen Platz in dieser vorab getätigten Kalkulation haben zugegebenermaßen die etwaigen Supportbands für sich reklamiert – wobei die einen relativ okayen Alternative Rock liefernden Blondshell nach subjektiver Einschätzung am Papier doch deutlich reizvoller anmuteten, als Anda Morts.
Der überzeugt mit seinen beiden (Live-)Bandkollegen Florian Koll und Emil Stöllinger dann aber auf der Bühne deutlich ansatzloser, als auf Platte: Der (post)punkige Indierock des „meistens im Keller, heute halt da“ musizierenden Linzers verleiht seinen flotten, schmissigen Songs auf der Bühne mit dominantem Bass und wuchtigen Drums eine eindringlichere Kraft und Direktheit, die Umsetzung kommt voller daher. Auch mit überschaubarer Bandbreite ist das auf simple, schnökellose Weise über eine knappe halbe Stunde Spielzeit so halbwegs kurzweilig und unterhaltsam – das anstehende ANS bekommt so jedenfalls einen Platz am Radar der Aufmerksamkeit, auch die anstehenden Tourdaten werden sich einige Anwesende notiert haben.

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Noch eine Überraschung: Fast zweieieinhalb Jahrzehnte nach ihrem ersten Song sind The Kills live womöglich besser denn je.
Hotel Hince sieht kurz vor dem zweiten Runden Geburtstag von I Call It Art aus wie eine in Slippern steckende Rock’n’Roll-Version von Monsieur Gainsbourg und spielt seine bluesige Gitarre in animalischen Ausbrüchen immer noch so aufbrausend aggressiv wie eh und je, zu monströs aus der Konserve wummernden Beats, derweil die einstige Kettenraucherin VV Mosshart sich nur noch bei der Zugabe eine Kippe gönnt und die Distanz der Frühphase längst gegen eine unter Strom stehende, ruhelos über die Bühne eilende Dringlichkeit samt charismatischer Publikumsnähe getauscht hat.
Die Kills legen jedenfalls eine wahrhaft berauschende Spielfreude an den Tag, haben Bock – da kann auch ein kaputter Bus am Vortag und besagte Einstiegsprobleme an einem heißen Tag in Wien nichts ändern. „Shit breaks sometimes!“ lacht Mosshart, marschiert wie eine vom Adrenalin aufgekratzte Käfigkämpferin auf und ab, und wirft sich gleich wieder in wilde Posen, die sie und Hince in der nebeligen Lichtshow als Traum für jeden (Hobby)Fotografen perfektioniert haben. Dass die Stimmung in diesem Setting von der ersten Sekunde an super ist und im Verlauf trotzdem noch besser wird, passt zu diesem Rahmen.

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Mit dem Fokus auf ihr aktuelles – sich wie ein grandioses Comeback anfühlendes, sicher aber als eine die Formkurve nach Ash & Ice wieder markant nach oben schraubende Frischzellenkur funktionierendes – Studioalbum God Games zündet die Setlist aber auch wie ein veritables Best Of-Schaulaufen, dem man höchstens vorwerfen kann, dass es in seiner arg kompakten Laufzeit von 60 + 10 Minuten so viele Hits und Lieblingssongs des Duos ausspart.
Nach dem an zwei Gitarren betont dreckig und lange ausgereizten Psychedelic Jam des verruchten Kissy Kissy geben sich jedenfalls die Highlights die Klinke in die Hand. Die Beiträge von Midnight Boom (das auf den Punkt drängende U.R.A. Fever, ein atmosphärisch strahlendes Black Balloon sowie der ausgelassenen Zugaben-Opener Last Day of Magic) und Blood Pressures (das hämmernd in die Umlaufbahn geschickte Baby Says, DNA und der exzessive Setlist-Closer Future Starts Slow) sind ausgelassen gefeierte Indie-Evergreens, die immer gehen werden, aktuell aber eben vor noch mehr Energie strotzen als sonst schon.

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Und während (das von Hinds gnadenlos in die Mangel genommene) Hard Habit To Break und Doing it to Death außerhalb des 2016er-Albumkontextes enorm an Prägnanz zulegen, bestechen Love and Tenderness, 103, New York, Wasterpiece und das seinen Soul Chor vom Band holende (und dem stets so textsicher und mitsingfreudigen Publikum also nicht ganz vertrauende) My Girls My Girls nicht nur – sie etablieren sich spätestens jetzt als hauseigene Klassiker.
Dass das ruppige Finale mit Fried Little Brains und No Wow die Spannungen zum Abschied noch einmal betont energisch aufkocht, ohne diese dann auch zu entladen, kommt zwar einem konzerttechnischen Coitus Interruptus gleich, entlässt aber auch mit einem Hunger auf Mehr, der unterstreicht, dass es im Zweifelsfall eine gute Entscheidung ist, auf The Kills zu setzen. (Selbst  wenn zu hoffen bleibt, dass man deswegen beim nächsten Mal nicht zwangsläufig wieder die Queens verpassen muss).

Setlist:
Kissy Kissy
U.R.A. Fever
Love and Tenderness
103
Baby Says
New York
Wasterpiece
Black Balloon
DNA
Hard Habit to Break
My Girls My Girls
Doing It to Death
Future Starts Slow

Encore:
Last Day of Magic
Fried My Little Brains
No Wow

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