Vår – No One Dances Quite Like My Brothers

von am 21. Mai 2013 in Album

Vår – No One Dances Quite Like My Brothers

Iceage-Sänger Elias Bender Rønnenfelt, Loke Rahbek (Sexdrome), Kristian Emdal (Lower) und Lukas Højland alias Vår gehen durchaus als Supergroup der jüngst für gewaltiges Aufsehen sorgenden Kopenhagener Punk-Szene durch. Weiter kommt einem das Quartett allerdings nicht entgegen.

Die Namensänderung der Band zu Vår (soll gleich ausgesprochen werden wie der für die erste ‚At War for Youth‚-Ep benutze Projektname War, bedeutet auf Norwegisch aber zusätzlich auch „Frühling„) war in erster Linie ein rechtlich bedingter: musikalisch sind Rønnenfelt und seine Freunde immer noch einem ästhetisch geführten Krieg nicht unähnlich. Gegen sich  selbst gerichtet, nicht jeden und alles attackieren: wo Iceage also stets so gefährlich klingen, wie Iggy Pop das mag aber nicht mehr kann, wirken Vår in sich gekehrt, psychotisch und depressiv.
Joy Division sind den (inklusive Bonustrack) 10 Songs immer noch nahe, in einer allgegenwärtigen, stets so stoischen wie hypnotisch rollenden No/Cold Wave-Rhytmusarbeit, allerdings auch in ihrer nihilistischen Hoffnungslosigkeit – Vår  spielen ihren industrielle Synthiemusik ausnahmslos in den Abstufungen dunkelgrau bis schwarz.

Nur selten öffnen sich die Dänen dezent der Unmittelbarkeit: ‚The World Felltanzt stapft unbeirrt monoton mit freudlos fiependen Sequencern in die Apokalypse, die über dem Song liegenden Noisewolken dröhnen bedrohlich und majestätisch zugleich. Depeche Mode klangen schon lange nicht mehr derart lebensverneinend, dafür sind Vår aber auch nicht an Hits interessiert. Die schrumpelige Rhytmusgitarre in ‚Into Distance‚ lässt sich derart vom Snare-Militär-Trommelwirbel in Richtung The Cure jagen, das dunkel neben der Spur fahrende Timbre von Rønnenfelt schrammt jedoch an jedweder Romantik gnadenlos vorbei. Besser können das aktuell nur Merchandise.

No One Dances Quite Like My Brothers‚ ist eine unterkühlt treibende Introspektion und Beziehungsspiegelbild gleichermaßen geworden. Während Iceage sich Vorwürfen des allzu lasziven Umgangs mit dem Faschismus aussetzen, kokettieren Vår mit einer demonstrativ in den Vordergrund gestellten Homoerotik, deren mutmaßliche Herzlichkeit allerdings keinen Platz im Bandsound an sich findet.
Spartanische trommelnde Rhythmen stemmen Soundflächen, düstere Dystopien: ‚Boy‚ entweicht als maschineller Ambientabgrund, ‚Hair Like Feathers‚ saugt aus seinem leblosen Piano noch den letzten Tropen Blut. ‚Katla‚ gibt trostlosen Trompeten das letzte Geleit und der Titelsong ist eine reine Dronelandschaft mit Sprachsamples und Slo-Motion-Schleudergang: man stelle sich die Sacred Bones-Labelkollegen Lust for Youth durch die Schaltglächen von Throbbing Gristle gedrückt vor.

In ‚The Boy or the Boot‚ und dem technoid pulsierenden Lo-Fi-Gebläse ‚Pictures of Today / Victorial‚ hat ‚No One Dances Quite Like My Brothers‚ in weit hallenden Klangraum eine entrückte Nähe zu den elegischsten Momenten ‚Antidotes‚ der Foals; wo dort die Mathrock-Hummeln im Hintern zuckten sitzt hier die Klinge an den Pulsadern des Goth.
Mehr noch als Iceage (als natürlich deutlichste Referenz) leben Vår von der erzeugten klaustrophobischen, verstörenden Atmosphäre, einer suizidalen und verlorenen Stimmung. Während ‚You Are Nothing‚ damit in kaum einem 2013er Jahrespoll fehlen wird, begnügt sich ‚No One Dances Quite Like My Brothers‚ hingegen mit der Rolle des Nischen-Hypes und geheimen Szenelieblings. Das wird immer noch genug Hipster anziehen und steht der sich so konsequent verweigernden Depri-Supergroup Vår dazu doch auch besser zu Gesicht.

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