Anti-Flag – American Spring

von am 27. Juli 2015 in Album

Anti-Flag – American Spring

Unmittelbar nach dem 20 jährigen Geburtstag seiner Band dämmert es sogar Justin Sane: „There must be more to life than this„. Deswegen ist er allerdings noch lange nicht bereit, sich mit Anti-Flag auch über deren unermüdlich beackertes Plansoll hinauszubegeben.

Was man dem neunten Werk der Pittsburgher zugute halten muss, ist neben seiner Unbeirrbarkeit hinsichtlich der seit jeher unter den Fingern brennenden – in abermals plakativ-plumper Sloganrhetorik verpackter – sozial/politischen Ambitionen auch die Absicht, zumindest etwas Abwechslung in den ewig gleichen Trott zu bringen: Bei der verhältnismäßiger Ausführlichkeit von 14 Songs in 14 Minuten wird durchaus die Option auf etwas mehr Abwechslungsreichtum in der Herangehensweise geprobt, als etwa auf dem soliden, aber 3 Jahre nach dem Release praktisch längst in der Vergessenheit verschwundenen ‚The General Strike‚.
All of the Poison, All of the Pain‚ zelebriert etwa eine surfige Kurzweiligkeit und ‚The Great Divide‚ versucht es 88 Sekunden lang mit einer giftigen Hardcore-Kompaktheit, die nur vom 48-Sekünder ‚To Hell With Boredom‚ überholt wird. Das gedrosselte ‚Walk Away‚ oder das keifend riffrockende ‚Sky is Falling‚ spielen sich dagegen erstaunlich direkt in die hymnische Billy Talent-Nische der stadiontauglichen Zugänglichkeit – wäre der Platz nicht bereits von Refused besetzt, könnten sich Anti-Flag nur zu wohl im Vorprogramm der Arenatour von Rise Against fühlen – die glasklaren Hits dafür hätten sie in einem weniger rasant begangenen Jahr 2015 wieder deutlicher als zuletzt.
Dabei funktioniert das allgemeine Bekenntnis von ‚American Spring‚ zu mehr Powerpop unter der Motorhaube mal besser (‚Without End‚ ist wahrer Earcandypunkrock samt Tom Morello-Solo), mal schlechter: ‚Brandenburg Gate‚, ist ein tretminentanzendes Wagnis, das mit der Hilfe von Rancids Tim Armstrong Chartmusik nach dem verwässerte Einmaleins von The Clash zu praktizieren versucht. Am Ende steht dabei auch wirklich ein hochinfektiöser Ohrwurm, in seiner Offensichtlichkeit aber eben auch schnell übersättigenden Partysmasher von Reißbrett nach Festival Schema-F-Prinzip.

Für kompositorische Überraschungen innerhalb der Songs sind Anti-Flag dann aber ohnedies nur bedingt zu haben, und letztendlich sind alle Renovierungsaussichten im Sound ohnedies eher Bagatellen in einer vagen Ergebniskorrektur, als tatsächliche Standorterweiterungen darzustellen: die Refrain-einleitenden Abfahrten am Griffbrett, die mehrstimmigen „Ohooohooo„-Harmonien, die Variationen bekannter Melodien, Motive, Hooks und Agenden – man kennt all dies schon zur Genüge. So gut, dass selbst Songlängen von in der Regel unter 3 Minuten ermüdend lange wirken können, weil das ambitionierte Wiederkäuen der schmissigen Passagen schlichtweg übersättigend wirkt und alleine ‚Low Expectations‚ gefühltermaßen so ähnlich auf jedem einzelnen Studialbum der letzten 10 Jahre vorhanden war.
Dass Anti-Flag dabei immer wieder für schmissige kleine Trademark-Singles wie ‚Fabled World‚ gut sind (die man so von der Band zwar auch schon deutlich stärker gehört hat, aber sei’s drum!), macht ‚American Spring‚ dann einerseits abermals zu einem weitestgehend souverän-erfrischenden Dacapo-Album des Quartetts – ob man dieses in spätestens einem Monat andererseits anstelle von ‚The Terror State‚ oder ‚For Blood and Empire‚ aus dem Regal holen wird….äußerst fraglich. Inwiefern man diese Kontinuität nun als sehr zuverlässig oder mit unnötiger Egalität im sonstigen Schaffen der Band verankert, das hängt dann primär von der Ausgeprägtheit des eigenen Fan-Daseins ab. Worin auch der Grund zu suchen sein dürfte, warum Anti-Flag Alben mittlerweile längst unter dem Aufmerksamkeitsradar segelnd als ferner liefen laufen, während man etwa bei den alten Helden von Bad Religion zwischendurch immer noch und immer wieder mit einem späten Karrierehighlight rechnen darf: alles eine Frage der anhaltenden Klasse.

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