Bastards of Soul – Corners

Corners steht natürlich unter dem traurigen Eindruck, das Vermächtnis des 2021 verstorbenen Bastards of Soul-Frontmannes Chadwick Murray zu sein. Es ist aber auch ein Testament für den Wachstumsprozess, in dem sich die immer besser werdende Band aus Szene-Helden eigentlich befunden hat.
Spinnin‘ war durchaus ein vielversprechendes Debüt. Doch hat es der Platte 2020 an den wirklich starken, unbedingt hängen bleibenden Szenen gefehlt, um die Band aus Dallas aus der Soul und R&B-Masse wirklich herausragen zu lassen.
Der Nachfolger Corners setzt nun genau dort an – auch wenn der Einstieg mit dem von Streichern, Bläsern, weichen Gitarrenexzessen und orgelnder Grundierung unterstützten American Scheme noch klingt, wie eine nahtlose (und auch lernresistente) Fortsetzung des Erstlingswerkes: kompetent, souverän und in der Theorie nichts falsch machend, praktisch aber den nötigen Funken Extraklasse auslassend.
Nach diesem Zeitpunkt schiebt die Band auf der Quasi-Singles-Collection Corners allerdings Songs hinterher, die im Grunde alles einlösen, was das Vorgängeralbum als Versprechen gab: Mittlerweile genügt das Lesens der Titel alleine, um vertikale Ohrwürmer zu haben, wo bisher eben auch generische Handwerkskunst stand.
Gleich das romantisch schwelgende Just a Little Bit wächst erst im Cinemascope und tänzelt dann mit Hummeln im Hintern kreisend durch die 50s, der Titelsong schunkelt hinten raus als gemeinsame Party tänzelnd. Lizzy Louise schwitzt smoothe Rock’n’Roll-Emotionen mit flehender Intensität und Girl’s No Good pflegt dagegen eine butterweiche Schönheit mit melancholischer Sehnsucht.
Daybreak zeigt, wie praktisch jeder Song diesmal, ein prägnanteres Händchen für Hooks und Melodien, und nicht erst in Glass of Ashes destilliert sich die Spielfreude und das Gefühl der Virtuosität endlich mit einer Songwriting-Lockerheit, die den Bastards of Soul bisher abging: alles fliest nun, die (wenn auch immer noch ohne restlos originäre, unverwechselbare Handschrift auskommenden) Schmissigkeiten scheinen der Band förmlich zuzufliegen. Der sehr okaye Standard Never Coming Back wird dann insofern auch vom Kontext mitgetragen und lebt von Murrays hingebungsvoll nuancierter Darbietung, bevor das überragende Come Around erst in sich ruht, und dann mit Gänsehaut aufgeht: „Why can’t the good things last?“
„Corners is one of two full projects from the group recorded before the untimely passing of its frontman Chadwick Murray in September 2021, capturing a band truly in harmony with each other and a bond that goes beyond music itself as the remaining members memorialize the light that Murray brought to the world.“ schreiben die tatsächlich ein gutes Stück weit zu sich selbst gefunden habenden Bastards of Soul über das ebenso einnehmende wie tragische, kurzweilig unterhaltende wie bedrückend machende Corners.
Es ist zwar auch und gerade eine der elementaren Stärken dieses Zweitwerks, den Augenblick zu genießen und das Momentum zeitlos zu zelebrieren. Aber dass hiernach nur noch eine weitere Platte der Band erscheinen dürfte, ist ein schwacher Trost angesichts der Vorstellung wohin die Reise für die Gruppe um den zu früh aus dem Leben gerissenen Murray darüber hinaus noch hätte führen können.
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