Bush – I Beat Loneliness

Salopp formuliert hätten Bush nach The Kingdom (2020) und The Art of Survival (2022) die dritte tolle Platte am Stück vorlegen können, hätten Gavin Rossdale und Intimus Erik Ron die Produktion von I Beat Loneliness jemand anderem überlassen.
Nicht nur, dass das zehnte Studioalbum der durch und durch amerikanisierten Briten so womöglich auf Texte verzichtete hätte, die mit Zeilen wie „I see stars when I fuck the system/ I see stars when I fuck“ diesmal selbst für Rossdale-Verhältnisse erstaunlich banal ausgefallen sind, und der Sänger, dessen charismatische Stimme immer noch ansatzlos in ihren Bann ziehen kann, eventuell der einen oder anderen Passage der Platte mehr instrumentalen Raum zugestanden hätte (vor allem die placeboeske Einkehr Don’t Be Afraid hätte beispielsweise gerne mehr auf die verträumt fließende Elegie ihrer tollen Armosphäre vertrauen können, ohne dass der 59 jährige jeden Millimeter mit seinem Organ zustrickt).
Nein, auch schwerer wiegende Kritikpunkte hätten dann theoretisch vermieden werden können.
Wie etwa, dass die meisten Songs grundlegend zu lange ausgefallen sind und dabei mäandernd dennoch nicht den Moment des Knockout-Punches zu fassen kriegen. Dass die zu simpel und vorhersehbar gestrickten Strukturen ohne Ecken und Kanten im Verlauf langweilig werden (weil auf mit Effekte angereicherte, stimmungsvoller pluckernde Strophen in der Regel Refrains folgen, die zum Nu Metal rockend stets relativ überraschungsarm aufplatzen) und der Sound (die Stimme an vorderster Front, derweil die Starkstrom-Gitarren und Rhythmussektion meist nur wie willfährige Begleiter dahinter wirken) auch keine zwingende Energie freisetzen können – derweil die elektronischen Sprengsel lange Zeit nur ein Gimmick sind (bevor sie im letzten Drittel von I Beat Loneliness doch noch substanzielle Tragweite bekommen), wo die Riffs gelegentlich als rein funktionale Stangenware dienen müssen.
Was dann alles negativer klingen mag, als es tatsächlich ist.
Denn im Grunde hätte I Beat Loneliness (auch ohne derart klare Highlights wie Bullet Holes) durchaus die Substanz gehabt, um mehr zu sein, als nur absolut solider Post Grunge-Alternative, dem auf Autopilot die Reibung fehlt: Rein von Songwriting her agieren Bush hier im Ansatz auf einem durchgehend etwas höheren Niveau, als die beiden Vorgänger – nichts fällt ab, während diesmal praktisch alle Nummern sich in den Gehörgängen festsetzen können – nur an der Umsetzung hapert es.
Vom Standard Scars weg ist das über The Land of Milk and Honey und We’re All the Same on the Inside oder das sich symptomatisch gemausert habende 60 Ways to Forget People sowie dem mit seinem Wechsel aus Elektro-Beat und banaler Rock-Breitseite kurz vor Schluss einfach deplatzierten Rebel With a Cause ist das nämlich stets catchy und vor allem mit durchaus mehr Halbwertszeit gesegnet, als es der erste Eindruck bzw. die Erwartungshaltung vermuten lässt: Aus schwachen Singles werden im Kontext doch noch leicht überdurchschnittliche Semi-Ohrwürmer. Und gefühlt hat man es dann mit einem besseren Confessions of the Fallen zu tun.
Es gibt Szenen, die ihre eigentlich nur okayen, aber während des Konsums innerhalb der Albumgrenzen eben doch nachhaltig hängen bleibenden Hooks giftiger und heavier auftreten wollen („If you see Buddha, kill him/ If you see God, you’re tripping“ skandiert etwa I Am Here to Save Your Life) und Facetten, wie die latent psychedelische Orientalik im wohldosierten Stadion-Pathos des Titelsongs („ And I feel alright/ I beat the internet“), die freilich konsequenzfrei bleiben, aber alles sein könnten, wovon Black Map fantasieren – das sorgt für Schattierungen.
Dass jedoch einfach mehr in I Beat Loneliness drinnen gewesen wäre, lässt sich allerdings spätestens dann nicht mehr leugnen, wenn Bush den ästhetischen Charakter der Platte hinten raus ergiebiger ausleben und noch der frontalen Ausrichtung der ersten Albumhälfte nach innen blicken, mit fast ambientem Formgefühl.
Das düstere Love Me Till the Pain Fades flirtet mit einem seltsam altbackenem Trap- und Industrial-Flair und We Are of This Earth lehnt sich weiter in die Trio Hop-Kontemplation und plätschert ätherisch dahin. Everyone Is Broken ist melancholisch ruhig ein Glycerine-Nachhall als Drone-Ballade und ansatzweisem Kinderchor, derweil Rebel With a Cause dem Verlangen, ein Coldplay-Middle-of-the-Road-
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