Cristóbal Avendaño & Silvia Moreno – Lancé esto al otro lado del mar
Die Basis von Lancé esto al otro lado del mar sachlich zusammengefasst: „Folk and poetry duo formed by Cristóbal Avendaño (Valparaíso) and Silvia Moreno (Madrid), focused on a lo-fi and DIY direction, as well as a great poetic charge.“
Derart nüchtern funktioniert das erste gemeinsame Album der Achse zwischen Chile und Spanien freilich nicht. Lancé esto al otro lado del mar ist vielmehr eine Platte, die instinktiv einwirkt, sich wie ein Ambient-Album als Hintergrund-Berieselung ausbreitet, während man sich in der Atmosphäre verliert.
Cristóbal Avendaño (der ansonsten unter anderem als Acasia Klangwelten im Feld aus Drone und Dungeon Synth erschafft oder mit Emexis unlängst ein Alternative Prog Metal-Debüt veröffentlicht hat) breitet dabei mit seinem am Gustavo Santaolalla angelehnten Acoustic-Fingerpicking die instrumentale Welt des Albums aus, lässt das Geplänkel strukturfrei und formoffen in heimlicher Versiertheit als passive Beschallung dahinplätschern und erzeugt im elegischen Schönklang eine meditative, melancholische, bittersüße Stimmung, deren Fluss ebenso puren, minimalistischen Einklang mit sich selbst, wie eine gewisse Gleichförmigkeit meint – einen wirklichen Klimax gibt es im hypnotisch flachen Spannungsbogen nicht, auch wenn beispielsweise das Finale von XVII – Distancia in leichter Dissonanz eine Art Kakophonie findet.
Silvia Moreno (die Anfang des Jahres bereits mit der Synthpop-Band Tyrell vorstellig wurde) versorgt die Nummern derweil kontemplativ und ruhig rezitierend sporadisch auftauchend mit sprechsingend vorgetragener Poesie, die das eskapistische Flair der Platte noch weiter vertieft. (Nur im abschließenden Hidden Track übernimmt sie auch die Gitarre und nutzt Texte von Cristina Moreno.) Die niemals ganz greifbare Physis der Platte ist dabei Dreh- und Angelpunkt: Ob Lancé esto al otro lado del mar die limitierten Möglichkeiten des Duos ausschöpft oder nur ein erster, nicht an der Leistungsgrenze der Kooperation dösender Traum ist, bleibt vorerst offen.
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