Dweller on the Threshold – Dweller on the Threshold

von am 5. Mai 2012 in Album, Reviews

Dweller on the Threshold – Dweller on the Threshold

Zwischen gespenstischem Lo-Fi Folk, gedankenverlorenem Metal und ausgemergeltem Hardcore setzen sich die mysteriösen Acht aus Massachusetts zwischen die Stühle. Nicht immer zu ihrem eigenen Vorteil – Dweller on the Threshold  wollen keine Rücksicht auf ein stimmiges Gesamtbild legen.

Die ersten sechseinhalb Minuten alleine lassen keinen Zweifel aufkommen, warum Dweller on the Threshold letztendlich beim Home Recording Geheimtipp Enemies List gelandet sind. Die Gitarren schlagen im unheimlichen Zwielicht über karge Melodiesteppen, viel Reverb hängt da über offenen Akkorden, der Gesang wird gespenstisch aus dem Hintergrund in die Songs getragen. Dweller on the Threshold fügen sich nur zu perfekt in den restlichen Künstlerraster des Labels ein: ‚I (Don’t) Know You‚ löst ein Versprechen ob der angekündigten Drums niemals ein und bleibt ein sphärisch verlorener Fall in den Abgrund. ‚The Woods: Electric‚ fängt hingegen im sanften Melodieverständnis behende auf: ein angenehmer, zugänglicher Walzer im Schlafwagenmodus, der sich über seinen betörenden Aufbau bis hin zum pfeifenden Doomcountryfinale schlängelt. Die sind mindestens ebenso düster und hoffnungslos in der Ausstrahlung wie ihre Labelkollegen, bedrückt und bedrückend.  Dweller on the Threshold stemmen in diesen  Phasen die geschürten Erwartungshaltungen  locker – ohne tatsächlich Überraschungen bieten zu können.

Und plötzlich poltert da mit ‚Crumbling House‚ ein aufbrausender eineinhalb minütiger Punkrock-Rotz aus den Boxen, lärmend und im räudigen Riff aufgepeitscht. ‚Waves‚ ist dazu passender Noise Rock ohne Gaspedal aber mit Boris-Postern aus der ersten ‚Heavy Rocks‚ Phase an den Wänden. Dweller on The Threshold switchen zwischen den Polen, lassen zurückgenommenen Minimalismus aus der Twilight Zone gegen unterschwellig aggressiven Lärm mit Verstärkern im roten Bereich prallen. ‚Cantos 984‚ ist ein sich selbst geißelnder Ritt durch Shoegazealpträume, ‚Bell‚ muss sich erst durch hypnotische Soundwellen kämpfen um eine glasklare Akustikgitarre zu finden und diese im Schlagzeuglärm erst wieder zu verlieren. Schmerzhaften Pflöcken gleich werden die Noisepassagen mit Widerhaken bestückte in den unwirklichen Lo-Fi Folk getrieben, die Balance gelingt über beinahe die gesamte – merklich zu kurze – Distanz. Das gottverlassene Einsamkeitsszenarien im  klaustrophobischen Lagerfeuerabgesang ‚The Drone‚ verbindet diese Affinität zwischen Laut und Leise am zugänglichsten, beschließt in sich selbst aufzubrechen, plötzlich strebt das Instrumentarium episch auseinander, die Gitarre heult in bester Stadionmanier, während dahinter langsame Doomattribute aufsteigen. Dass der Song mitten drin endet, fördert das Überraschungsmoment, nicht aber den Albumfluss.

Dieser stockt auf ‚Dweller on the Threshold‚ des öfteren. Viel mehr als ein homogenes Album wirken selbst die ausschließlich ruhigeren Songs wie makellose Einzelstücke, denen der Schulterschluss zum einheitlichen Ganzen nie so Recht gelingen kann, weil er es nicht will. Dass Dweller on the Threshold das Gesamtbild mit dem kontrastierten Radauprogramm mutwillig untergraben, lässt ratlos zurück – spiegelt aber die Einflüsse der schwammigen Bandstrukturen wieder, die stellenweise auf bis zu acht Musikern ausufert und mit ehemaligen Mitgliedern von Death To Tyrants, Daniel Striped Tiger, und The Toll szenebekannte Namen in den Reihen hat. Da hätte eventuell auch Produzent Will Killingsworth (Ampere, Orchid, Bucketful of Teeth) nachdrücklicher am Gesamtbild schrauben müssen, die versammelten 32 Minuten abseits vom kohärenten Soundbild zu einer Einheit formen müssen. So aber bleibt das Massachusetts All-Star Team hinter seinen Möglichkeiten – ohne zu enttäuschen. Dweller on the Threshold fehlt es nur an Nuancen, um ihren atmosphärisch dichten Balg aus frühen Aereogramme und klassichem Enemies List-Material zu vervollkommnen – noch aber bleibt die Angst sich allzusehr in den traumhaften Welten dieser Band zu verlieren, der Schrecken könnte hinter jeder nächsten Ecke lauern. Gerade auch wegen seiner (un)stimmigen Zerfahrenheit ist ‚Dweller on the Threshold‚ ein herausragendes Debütalbum geworden, dass noch dazu nach eigenem Ermessen bezahlt werden will und dazu die abgefahrenste Dankansage überhaupt in peto hat. Die könnten früher oder später auf Augenhöhe mit Have a Nice Life gefeiert werden.

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