East India Youth – Total Strife Forever

von am 21. März 2014 in Album

East India Youth – Total Strife Forever

Dass es William Doyle mit seiner Band Doyle & The Fourfathers im Indierock zu eng wurde glaubt man nach dem zwischen den Stühlen sitzenden ‚Total Strife Forever‚ nur zu bereitwillig: mit East India Youth wagt der Engländer den am Zeitgeist orientierten Neuanfang und tobt sich am Laptop auf einem Spielplatz der elektronischen Genres aus.

Das über lange Zeit zusammengeschraubte Debütalbum des Exil-Southhamptoners zerreißt es auf letztendlich erstaunlich unzerüttete und durchwegs stimmig aneinandergereihte Art förmlich zwischen seinen Interessen und Leidenschaften. Das vierteilige Titelstück lehnt sich in seiner vermeintlichen Foals Verneigung etwa absolut deutlich an den psychedelischen Electrodrone der Fuck Buttons an, vom pulsierenden Weltraum über blöckende Frequencer bis hin zu ziellos wandernden, sakkralen Synthesizerskizzen. Im Rahmen aus dem mit schweren Moll-Akkorden klimpernden ‚Glitter Recession‚ und ‚Midnight Koto‚ schlendert Doyle durch ambiente, von Tim Hecker inspirierte Soundflächen, während das harte ‚Hinterland‚ sich als IDM-Brecher bis hin zum gehörig Druck erzeugenden Tanzflächenfüller in Jon Hopkins-Techno-Manier ausschwitzt.
Für das hypnotisch-feierliche ‚Dripping Down‚ zeigt sich der immense Einfluss von Digital-Soulmeister James Blake, und überhaupt: dessen zugänglichen USB-Pop meistert Doyle nicht nur, sondern inszeniert ihn ziemlich sicher sogar als den stärksten Teilbreich im bunten Stilpotpourri ‚Total Strife Forever‚. Das großartige ‚Heaven, How Long‚ explodiert am Ende mit einem Tritt aufs BPM-Gaspedal, schwelgt davor aber verträumt in einer von M83 geborgten Synthie-Eingängigkeit, und auch ‚Looking for Someone‚ oder das erhaben perlende ‚Song for a Granular Piano‚ sind als zwei der der wenigen mit Gesangsspuren veredelten Momente der Platte angenehm griffige Beispiele dafür, wie gut es ‚Total Strife Forever‚ tut, wenn Doyle sein Händchen für anmutige Melodien in die Auslage stellt und Kniffe aus der gescheiterten Existenz als Indie-Songwriter in seine gar nicht so experimentelle Welt der Bits und Bytes überträgt.

Dennoch ist es aber auch gerade diese demonstrierte Vielseitigkeit, die sich immer mehr als Achillesferse von ‚Total Strife Forever‚ entpuppt. East India Youth fühlt sich in allen Gefilden wohl, möchte auf jeder Halbzeit tanzen und wirkt damit nicht selten so, als wäre er längst am nächsten Spielplatz bevor er bei der aktuellen Baustelle das Maximum herausholt: jeder Song veranschaulicht vorhandene Luft nach oben, spannt noch zuviel Leerlauf um zahlreiche grandiose Ideen und Ansätze.
Hinzu kommt nämlich auch, dass Doyle die Hausaufgaben bei all seinen Vorbildern durchaus gewissenhaft erledigt hat, bei ehrwürdiger Verehrung aber auch darauf vergisst für tatsächlich originäre Kompositionen zu sorgen, phasenweise bloß gewissenhaft rezitiert ohne neue Gebiete zu erschließen und damit in den am wenigsten überzeugenden Augenblicken gar zur ambitionierten Kopie der nie unter den Scheffel gekehrten Säulenheiligen wird – was alleine deswegen ärgerlich ist, weil er damit sein zu jedem Zeitpunkt klar hörbares Talent schlicht unter Wert verkauft.
Für tatsächlich herausragende Szenen und über die volle Distanz brillante Songs fehlt dem wandelbaren ‚Total Strife Forever‚ deswegen oft an der letzten Konsequenz, dem unbedingten Fokus auf das Wesentliche, um aus einem durchwegs tollen Debüt ein wirklich großartiges (oder  eines, dass den allgemein etwas zu euphorischen medialen Lobeshymnen durchwegs gerecht wird) werden zu lassen.
Was sich Doyle bereits auf die Fahnen schreiben kann ist, dass sich ‚Total Strife Forever‚ niemals so anfühlt, als würde es nur auf den vor allem im letzten Jahr enorm an Fahrt aufgenommen habenden Trend der wiedererstarkten Indie-Elektronik rund um Mount Kimbie, Vondelpark, Factory Floor, Laurel Halo und Konsorten finden wollen. In Erinnerung werden von ‚Total Strife Forever‚ aber ohnedies die Highlights bleiben. Und die versprechen: hat sich Doyle erst einmal gefunden und für eine Richtung entschieden ist von East Indie Youth richtig große Kino zu erwarten.

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