Göden – Vale of the Fallen

von am 21. Mai 2024 in Album

Göden – Vale of the Fallen

Beyond Darkness war ein Debütalbum, das vor allem an der erdrückenden Erwartungshaltung scheitern musste, die Fusstapfen von Winter zu füllen. Mit Vale of the Fallen haben Göden vier Jahre später ganz andere Probleme.

Dass die Band von Mastermind Stephen Flum ihren modrigen Doom Metal im zweiten Anlauf weitaus kompakter anlegt, mag angesichts des ambivalent aufgenommenen Umfangs ihres Debüts schon auf einer guten Überlegung fußen – immerhin ist Vale of the Fallen mit 43 Minuten fast eine halbe Stunde kürzer geraten als sein Vorgänger. Doch fallen die elementaren Schwächen der vier Jahre seit dem Einstand verstrichen haben lassende Platte gerade dadurch paradoxerweise noch schwerwiegender ins Gewicht.
Wie eine außer Form geratene Kuriosität hängt Vale of the Fallen unausgegoren zwischen den Seilen, ist gleichzeitig zu ausgemergelt und aufgedunsen, selbst-bewusst und – gefällig, liebäugelt mit einer konzeptuellen Masse, die die Substanz nicht tragen kann, und lässt so auch den übergeordneten Masterplan abseits einer stimmigen Landschaftsarchitektur vermissen.

Oder weniger blumig betrachtet: Zuerst brauchen Göden diesmal enervierend lange, um überhaupt zusammenzufinden und qualitativ abzuliefern. Nach dem gelungen melodramatisch-subversiven Intro The Divine mit seinen zwitschernden Streichern und Klavier-Suspense schleppt sich der Titelsong nämlich mit bemüht gruselig-heiserer Stimme theatralisch röchelnd so ermüdend erzählend in der Stop-and-Go-Grusel-Walze vor kitschigen Goth-Ambient-Schwaden und skurrilen halbdeutschen Texten zäh durch einen diffusen Sound, will „seinen Mann stehen“ und ersäuft dabei dennoch einfach nur in dumpfer Schwerfälligkeit. Keyboarder Tony Pinnissi, Sängerin Vas Kallas sowie Neo-Drummer Jason Krantz folgen mit Gast-Violinistin Margaret Murphy einer relativ halbgar inspirierten Riff-Repetition von Flum, die sich in der zähen Askese des monolithischen Minimalismus Urania fortsetzt und gefühlt alle Ingredienzien ohne Synergie spartanisch nebeneinander stellt. Auch dieser im Kern Potential aufzeigende Song, der gut beginnt, sich jedoch alsbald ziellos verliert, wird von einer Band anvisiert, die sich ganz anders entwickelt hat, als Beyond Darkness es in Aussicht stellte – weniger stilistisch, als insofern, dass das Quartett sein nur noch bedingt interessantes Songwriting kaum mehr packen kann und die vier Musiker mäandernd nebeneinander an der gleichen Richtung arbeitend stellt, sie jedoch nicht wirklich an einem Strang ziehen lässt.

Konnte das Debüt alleine mit seiner übergeordneten Vision zu mehr als der Summe seiner Teile werden, lässt nun praktisch die komplette erste Hälfte der Platte kalt, vertändelt gute Ansätze in uninspirierter Eintönigkeit, ist uninteressant und ziellos über verbrannte Erde wandelnd.
Zwar muss man Göden auch schon hier zugute halten, dass die Atmosphäre faszinierend eigenwillig, verstörend und exzentrisch angelegt ist, doch wenn sich das Material wie Kaugummi zieht, ist das freilich wenig wert.
Wie Black Vortex mit bösem Triumphgehabe stoisch seinem monotonen Riff hinterher marschiert, bevor der Klimax einfach nur die weitere trostlose Wiederholung des Mantras zu bieten hat, nicht zum Punkt findend einen fahlen Coitus Interruptus gleichkommt, ist das insofern einfach nur frustrierend. Dennoch: mit zwingenden Riffs hätte sich auch da eine würdige Komposition destillieren lassen.

Danach wird die Sache zwar zuerst besser, weil nach dem stimmungsvoll astralem Drone-Interlude Rings of Saturn als Fiebertraum-Seance mit Death Magus (das zwar auch mit angezogener Handbremse läuft, aber einen rumorend-knackigen Punch zur deliranten Psychedelik hat und den Ansprüchen an die Gruppe gerecht wird) und Zero (einem garstigen Sog von einer Hook, endlich!) zwei rundum stark überzeugende Nummern folgen, die die theoretische Klasse der Band auch praktisch abrufen.
Doch dann stürzt die Platte neuerlich ab und kollabiert auch noch am dilettantischen Sequencing im zerfahrenen Albumfluss.

Manifestation IX nimmt allen vorangegangen doch noch entstandenen Drive sofort wieder aus dem Verlauf, ist als billiger B-Movie-Spoken Word-Okkultismus prätentiös und schier endlos lang(weilig), derweil das kammermusikalische Violinen-Intermezzo Requiem für sich genommen zwar stimmungsvoll im Feedback sinniert, aber nach dem auslaugenden Manifestation IX als Geduldsprobe keinen Schwung in die Albumdynamik bringen kann und damit leider absolut deplatziert ist.
Dass Majestic Symphony als verführerische Synthetik, von der eher die Ästhetik als Soundtrack mit charismatisch klarer, fast poppig den Industrial kennenden Stimmfarbe hängen bleibt, im Grunde eine halbgar weit über Gebühr ausgebreitete Idee als unterwältigend egales Finale darstellt, macht die Sache freilich nicht besser: danach einfach unmotiviert Schluss zu machen, lässt die Platte geradezu unfertig in der Luft hängen.
Womit sich Vale of the Fallen die Vorwürfe der neuerlichen Überladung an den falschen Stellen beschneidend zu untertauchen versucht, sich als Ganzes allerdings eben einfach weitaus weniger rund und sogar langwieriger als sein 2020er-Vorgänger anfühlt, und dennoch den Eindruck hinterlässt, dass in diese faszinierend kruden Album-Irrungen, Sackgassen und Überhöhungen durchaus eine wirklich tolle EP hätte stecken können.

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