I Am Kloot – Hold Back the Night

von am 19. April 2015 in Livealbum

I Am Kloot – Hold Back the Night

Wer I Am Kloot bereits live erlebt hat, kann sicherlich bezeugen, dass John Bramwell und Co. an manchen Abenden die Bühne gar nicht mehr verlassen zu wollen scheinen und ihre Konzerte nur zu gerne zu wahren Marathonspaziergängen ausbreiten. Da erscheint es nur logisch, dass der erste Live-Mitschnitt der Briten es nicht unter 20 Songs am physischen Tonträger, sowie  6 weiteren, ausschließlich digital verfügbaren Nummern ins Ziel schafft.

Freilich ist die üppige Spielzeit von knapp 104 Minuten keine Sekunde zu knapp bemessen. Alleine deswegen, weil das Trio nach den kommerziell immens erfolgreichen, aber offenbar künstlerisch weniger erfüllenden  ‚Sky at Night‚ und ‚Let it All In‚ derzeit eine Pause auf unbestimmte Zeit einlegt, um nicht nur another bunch of fellas knocking out tunes zu werden und die drei sich lieber individuellen Projekten widmen, anstatt wie für ‚From there to Here‚ noch einmal nur ein Mindestmaß an Gemeinschaftsarbeit abzurufen.
Da hört man ‚Hold Back the Night‘ also (auch abseits der generell so melancholisch stimmenden Musik an sich) zwangsläufig mit einem wehmütigen Ohr. Vor allem auch, wenn man die Band aus Manchester auf der letztjährigen Tour ohnedies verpasst hat – strahlen doch in erster Linie gerade die Songs jüngeren Datums (wie ‚Let it All In‚ mit seinen schwelgenden Akkordeon-Wattierungen etwa) im Livegewand eine unmittelbarere Schönheit als die üppiger produzierten Studioversionen aus.

Die Arrangements sind entschlackter, selbst wenn sich durch ‚These Days Are Mine‚, den rotweinschwer tänzelnden Walzer ‚To the Brink‘, das so schmerzlich optimistische ‚Some Better Day‚ und einige andere Ausreißer sanfte Bläserwellen und zurückgenommene Pianotupfer treiben lassen – die Songs müssen ohne die breiten Streicherharmonien der Elbow-Kumpels auskommen. Deswegen beleuchten I Am Kloot stattdessen die Backingvocals oder schrauben die instrumentalen Gesten auf ein Mindestmaß, schärfen die intime Atmosphäre, was vor allem Nummern wie das verletzliche ‚I Still Do‘ zu schlichtweg herzzerreißenden Schönheiten macht.
Dann wieder inszenieren sie vor allem ältere Songs wie ‚86 TVs‚ kantiger, fast ausgemergelt, lassen mal die Gitarre rockiger bratzen, dann das Schlagzeug heftiger stampfen oder kleine Melodieideen aus der zweiten Reihe stärker funkeln: I Am Kloot verstehen es, die die Akzente anders zu setzen als auf den Studioalben, mit unscheinbar wirkenden Kniffen andere Facetten ihrer Kompositionen hervorzuheben – wodurch Bramwell vielleicht noch weiter in den Mittelpunkt des Geschehens rückt.

Das majestätische ‚Radiation‚ und der Instant-Klassiker ‚Proof‚ stechen in dem unaufgeregten Reigen aus bescheiden auftretenden, emotional schwerwiegenden Highlight-Aneinanderreihungen noch einmal zusätzlich hervor – letzteres fällt alleine dadurch wohlwollend auf, dass das mitsingende Publikum während der Performance ausnahmsweise in den Soundmix gelassen wird.
Wo die Setliste halbwegs ausgewogen zwischen allen Phasen der Bandgeschichte wandelt (das Hauptaugenmerk liegt dennoch klar auf den ersten zwei Alben sowie den letzten beiden Platten, ‚Sky at Night‘ wird sogar beinahe komplett vorhanden zelebriert) und sich die 26 Songs über die gesamte Distanz in einem abwechslungsreichen, kurzweiligen Fluss ausbreiten, findet sich dennoch ein Haar in der Stimmungs-Suppe: Zwischen den bei verschiedenen Konzerten aufgenommenen Songs wird der Jubel der Menge zwischen den Nummern mit unschönen Fade Ins/Outs bearbeitet, was kaum atmosphärefördernd an der ansonsten sehr rund eingefangenen Konserven-Illusion kratzt. Auch die so gerne charmant in das Geschehen eingestreuten Anekdoten und Zwischenmeldungen von Bramwell sind weitestgehend der Schere zum Opfer gefallen.
Sei es drum: ‚Hold Back the Night‚ kommt verdammt nahe ran an die Live-Magie von I Am Kloot – tatsächlich ersetzen oder lückenlos rekonstruieren kann der erste Tour-Mitschnitt der Band das erhebende Gefühl allerdings eben nicht, das einen erfüllt, wenn die drei Engländer einen Raum mit ihren so großen Songkleinoden verzaubern. Schon deswegen bleibt zu hoffen, dass Bramwell, Jobson und Hargreaves ihrer selbst verordneten Pause möglichst bald überdrüssig werden.

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