Jens Lekman – I Know What Love Isn’t
All die gute Laune am Strand, spaßige Yachturlauben und munteren Segelturns mit Freunden, mediterane Entspannung an der Strandbar? Jens Lekman liefert auf seinem langerwarteten dritten Studioalbum wieder den bodenständigen Soundtrack für unwirkliche Sommerszenarien mit dunklen Wolken im Hintergrund.
Natürlich kann man sich immer noch wundern, warum ausgerechnet ein Schwede aus dem hohen Norden derart leicht verdauliche, elegant groovende Urlaubspopmusik aus dem Ärmel schüttelt. Man kann nach knapp fünf Jahren Wartezeit seit dem letzten Studioalbum ‚Night Falls Over Kortedala‚, in der gerade einmal die Interims-EP ‚An Argument With Myself‚ letztes Jahr erschienen ist, aber auch einfach wissend nicken und genüsslich zurücklehnen, den Alltagsstress außen vor lassen und sich einmal mehr am herrlich altmodischen Ausleben melodiöser Versiertheit erfreuen. Lekman knüpft den Faden weitestgehend dort weiter, wo er ihn mit den fünf Songs der EP rasten hat lassen, das machen schon die ersten Sekunden nach dem einleitenden Quasi-Intro ‚Every Little Hair Knows Your Name‚ klar: der 31 jährige hat alle Zeit der Welt und die zuckersüße Melancholie auf den Schultern, an schlimme Erinnerungen geknüpfte Tagträume an den Optimismus im Gedanken, ist wahrscheinlich fasziniert von Stars und der Freiheit: findet diese in Hollywood und besingt diesmal nicht Kirsten Dunst, sondern gleich seine mutmaßliche Hassliebe(?) zu Amerika (‚Erica America‚). Dazu zupft er die Leadgitarre sommerlich, spanisch, das Piano darf entspannt und flippig zu leichten Sommerrhythmen klimpern. Lekman intoniert charmant, unverkennbar und ohne Anstrengung so geschmeidig, dass sich selbst gebrochene Herzen gemächlich zurücklehnen. Da schon im ersten Song eine Upper-Class Saxofoneinlage nicht fehlen darf, fallen auch die anschmiegsamen weiblichen Parts nicht aus der Rolle: ‚I Know What Love Isn’t‚ ist eine Platte, auf der man sich musikalisch in erster Linie wohl fühlen soll.
Lekman und seine Liebe zu hintergründig ausgetragenen Beißereien am harten Knochen Liebe, mit der forcierten Spielerei an offenkundig Seichtem und allzu unangestrengten Songwriting wird dem Schweden dabei aber auch erstmals ein bisschen zum Verhängnis. Zwar glaubt man Lekmann immer noch jedes Wort, wenn er von „The world just shrugs its shoulders and keeps going / It just moves on in all its sadness and glory“ singt, und angenehm zu hören ist das außerdem zu jeder Sekunde, manchmal gar mehr als das: ‚Become Someone Else’s‘ etwa ist ein einfühlsam balladesker Ohrenschmeichler sondergleichen, der außer einer munteren Melodie keine Widerhaken braucht um hartnäckig zu bleiben, ‚Some Dandruff on Your Shoulder‚ praktiziert dagegen beschwingten Lounge-Pop für Stars und Starlets, die in Lekman den Exoten sehen dürfen, für die Anderen bleibt er die pragmatische Easy-listening Urlaubsallzweckwaffe mit der hitgespickten Konsensplatte ohne Reibungspunkt abseits des Geschmacks und vor allem des Anspruchs. Und gerade an diesem Punkt fängt es sich dann auch ein wenig zu spalen an.
Nicht, dass es wichtig oder gewichtig wäre, dass Lekman mittlerweile auf Samples verzichtet – was zählt ist, dass er schon weitaus bessere, weil weniger beliebige Songs, geschrieben hat. Keine Sekunde auf ‚I Know What Love Isn’t‚, die sich nicht unangestrengt in den Kopf säuseln würde, die von Lekmans samtweichen Bariton getragen an den wandelnden Texturen im homogenen Gesamtbild zu Gefallen weiß – im Gegenzug sind da jedoch auch weniger, die sich wirklich gewichtig dort festsetzen ohne vom nächsten Ton fortgespült werden zu können. Lekman thematisiert die Liebe in allen Schattierungen und kann dabei natürlich zu keinem Schluss kommen: „You were in my dream last night / Like every night since two years ago / I think my dream is trying to tell me something / And I say tell me something I don’t already know.“ – insofern ist es nur konsequent, dass der erste und der letzte Song auf ‚I Know What Love Isn’t‚ den selben Titel tragen, die Songs butterweich um Eckpunkte und störende Kanten flanieren. Es steckt ein Konzept hinter all der sachten Intonation und Streicher-Orchestration, den himmlisch-harmonischen Arrangements mit Flöten und all dem zurückhaltenden Instrumentarium im gefühlvollen Songwriting – das kann man dem immer noch als heimlichen Helden der Herzen taugenden – „Morrissey auf Ritalin“ – Lekman nicht absprechen. Nur spannend und packend ist das deswegen noch lange nicht mehr permanent – bezaubernd gleichwohl immer, auch und obwohl das dritte Lekman Album ein geruhsames Wachstumspotential an den Tag legt und im richtigen Moment gefühlvoller zuschlägt, als man es für möglich halten würde. Als bloße Hintergrundbeschallung abgetan zu werden, abseits der ergreifenden Momente dudeln zu müssen, das hätte Lekman auch mit ‚I Know What Love Isn’t‚ nicht verdient, das würde der Platte wie jedwede Sommer-Plattitüden Unrecht tun und sie unter Wert verkaufen. Sie bietet sich nur eben so derart dafür an.
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