Kaiser Chiefs – Duck

von am 31. Juli 2019 in Album

Kaiser Chiefs – Duck

Zurück aus der Totalausfall-Disco versuchen die Kaiser Chiefs auf Duck den euphorischen Indierock-Optimismus ihrer Jugendtage zurückzuerzwingen. Ein nicht unangenehm verkrampfter Endorphinschub.

Einer, der zumindest nach außen hin durchaus effektiv funktioniert, indem sich die Engländer auf ihre Kernkompetenzen besinnen: Wenig geistreiche, aber dafür unheimlich eingängige Britrock-Schmissigkeiten, die spätestens beim zweiten Durchgang ihre Hooks gnadenlos ausgeworfen haben – und notfalls halt beim dritten schon wieder übersättigen. Was dann zwar auch meistens der Fall ist, wenn die Kompositionen ihre Passagen viel zu gerne bis zum Erbrechen wiederholen, jeden Refrain weit über Gebühr malträtieren, so dass auch drei an sich kurze Minuten zu einer repetitiven Zuckerwatte des unendlich langen brachialen Entertainments werden können.
Egal, Hauptsache es bleibt trotz einer schnell abstumpfen lassenden Taubheit mehr hängen als zuletzt. Was Duck dann auch gelingt, mit seinem wieder deutlich griffigeren Händchen für Hooks und Melodien – selbst wenn der Spaß stets etwas verzweifelt-zwanghaftes in sich trägt, die Leichtigkeit und Lockerheit mit der Brechstange forciert wird. Sogar wenn die Kaiser Chiefs wie im herzlich egalen Singalong Lucky Shirt beliebig zu plätschern beginnen und das schwache Finale rund um das leider ohne jeden Biss twistende Electric Heart (mit seiner flirrenden Gitarre und den Barbershop-Harmonien) sowie dem nervigen Popkultur-Vorschlaghammer Kurt vs. Frasier (The Battle for Seattle) auspacken.

Es fehlt Duck so zwar der herausragende, wirklich überwältigend-unwiderstehliche Killer-Hit, doch im Grunde bietet sich diesmal wieder jede Nummer als potentielle Single an. Gleich das catchy stampfende und klatschende People Know How to Love One Another ist mit seinen Fanfaren praktisch penetrant-eindimensionaler Aktionismus im Festival-Partymodus, während das etwas getragenere Golden Oldies wie eine Nummer wirkt, die die Wombats schon einige Male mit mehr Synthies geschrieben haben: Der simple Mitsing-Chorus will gar nicht mehr aus dem Ohr und die soulig angehaugte Bridge ist an sich eine gute Idee, aber der Song zieht sich enervierend wie Teig.
Wait beginnt dagegen, als hätten Portugal. The Man eine B-Seite für Woodstock geschrieben, shakert dann aber doch lieber unbeschwert mit Bläsern. Nicht der hartnäckig in Erinnerung bleiben wollendste Song der Platte, aber auch deswegen der beste.
Ähnlich charismatisch der synthetische Dancefloor (der übrigens neuen Nummer) Record Collection, der seine Austauschbarkeit im Sound durch Charisma wegmacht – und eine anachronistische Sicht darauf, wie die 80er ohne Größenwahn klingen hätten können. Das erst unbeschwert dängelnde The Only Ones will im Refrain den leidenschaftlichen Macker markieren, bleibt aber im Spannungsfeld aus Killers und We Are Scientists absolut harmlos. Auch, weil es keine Amplituden in der Produktion gibt, jede Szene gleich un/intensiv klingt.

Es ist also ein Mittelding aus Aufdringlichkeit und Beiläufigkeit, wenn die romantisch gemeinte Ballade Target Market (ca. Hope of the States für das Formatradio), der flapsig-brachial klimpernde Oompa Loompa-Vaudeville-Tanz Don’t Just Stand There, Do Something mit seinen patentiert langgezogenen „Aaaaaaaaa“-Vocals klassische Trademarks bedient oder Northern Holiday um Aufnahme in die nächste Sommer-Playliste bettelt.
Würde sich Duck dabei den Hang verkneifen können, stets den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, also anstatt seiner sich selbst immer und immer wieder reißbrettartig kopierender Strukturen auch einmal ein wenig originell anecken wollen, dann hätte dabei diesmal eben auch mehr als ein zutiefst solider Kaiser Chiefs-Standard in aller Zuverlässigkeit herausschauen können. Auch so drücken Ricky Wilson und Co. damit aber zumindest die richtigen Knöpfe, wenn man für die Band über ihr Debüt seinerzeit einen Softspot (samt einer hohen Toleranzgrenze hinsichtlich des latenten Nerv-Faktors) entwickelt hat, der nun nostalgisch nachhallt und gerade nach dem Desaster Stay Together über den Erwartungen abliefert (und zwischen den Punkten aufwerten lässt).

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