King Gizzard & The Lizard Wizard – Flight b741

von am 14. August 2024 in Album

King Gizzard & The Lizard Wizard – Flight b741

Die zweitlängste Pause zwischen zwei Alben endet am Gate von Flight b741 – und einem Rückflugticket zum Blues Rock und den Boogie-Wurzeln von Fishing for Fishies. Was King Gizzard & The Lizard Wizard näher denn je zur Schwesternband The Murlocs führt.

Zehn Monate nach dem polarisierenden Zankapfel The Silver Cord markiert das 26. Studioalbum der Band nicht nur den Einstand auf dem eigenen Label p(doom) Records, sondern auch stilistisch mal wieder einmal eine Premiere im Gizzverse: erstmals singen alle sechs Mitglieder, meistens gemeinsam, bringen sich diplomatisch im Songwriting ein und ringen theoretisch bereits bewanderten Genre-Gefilden so neue Perspektiven ab.
This is our most collaborative record – the collaboration was occurring in the room, it was free, and everyone was bringing in songs and ideas. And we wanted to have as many lead vocalists as we could, and to pass the mic, like, ‚This is my part, my idea, I’m gonna sing it and then I’m gonna pass the mic along to you and you can do your thing‘. The whole record is built around that.“  gibt Stu Mackenzie zu Protokoll, während die Party-Stimmung tiefgründiger orientiert ist, als es auf den ersten Blick scheinen mag: „We’re having a lot of fun, but we’re often singing about some pretty heavy shit and probably hitting on some deeper, more universal themes than usual. It’s not a sci-fi record, it’s about life and stuff. But the record is like a really fun weekend with your mates, you know? Like, proper fun.“ Die Agenda ist also klar definiert.

Von diesem neuen Gemeinschaftsgefühl getragen sind die aus dem Jam geborenen Songs von Flight b741 in ihrem Wesen nicht derart überwältigend oder spektakulär veranlagt, wie es zuletzt etwa jene von PetroDragonic Apocalypse; or, Dawn of Eternal Night: An Annihilation of Planet Earth and the Beginning of Merciless Damnation waren. Das Material überrumpelt auch nicht derart auf Überraschung aus, wie es The Silver Cord tat. Es gibt keine herausragenden Übersongs, wie auf Omnium Gatherum. Stattdessen ist Flight b741 ein Slowburner, abgeklärt verspielt und vergleichsweise simpel geplant, am Stück am besten. Die Stimmung ist relativ entspannt und relaxt, ohne gemütlich zu werden – man macht ungezwungene Musik mit Freunden. Sam Joseph schaut bei einigen Songs mit der Pedal Steel vorbei, Fuzz und Harmonika reichen sich gegenseitig das Bier im Sonnenschein über dem Vermächtnis von The Grateful Dead und einer innigen 70s-Leidenschaft, das Tempo bleibt konstant und eine gewisse Gleichförmigkeit lässt sich nicht abstreiten. Vieles hätte so ähnlich auch im Kosmos der Murlocs passieren können.

Mirage City rumpelt sich so etwas warm, löst seine Spannungen aber in einer melodieseligen Harmoniesucht voll psychedelisch verträumter Nostalgie und inhaltlicher Abschiedsstimmung zum titelgebenden Sehnsuchtsort („There’s a place I wanna go/ ’Cause my ma and pa, they fight at home/ And though my feet may never grace the sand/ It helps to give me hope“), auch wenn das Finale dann doch die Fete im Roadhouse probt. Ausgelassen ist das, aber nicht exzessiv – eine zurückgelehnte Dringlichkeit nonchalant aufbereitend. Antarctica klimpert weich und warm, exemplarisch zwanglos, und Raw Feel schwingt sich feiernden zu einem schulterschließenden Refrain auf, als gelte es ein King Gizzard-Musical zu feiern.
Nachdem sich Field of Vision von seinem Stakkato-Riff auf die Southern Rock-Autobahn führen lässt und die Band auf die letzten Meter noch die absurd catchy Mitsing-Animation („I’m being a silly/ Silly billy/ Woo!“) auspackt, kurbeln King Gizzard die Dynamik zur Mitte hin an, indem sie das Gewicht ein klein wenig verschieben. Hog Calling Contest stampft funky als Honky Tonk auf flapsigem Speed, die Attitüde und Eile tragen das Songwriting, derweil die Michael Cavanagh-Feuertaufe Le Risque mit seiner rhythmusorientierten, trockenen Disco-Ader im Kontext besser funktioniert, als auf sich alleine gestellt oder live. Manchmal, und gerade im Mittelteil, ist Flight b741 eben einfach eine Platte für die Momente im Leben, wenn man chillig betäubt herumdöst, aber seine Hüften dabei  dennoch sexy schwenken will, als wäre man gerade auf einer Tanzfläche.

Eine Frischzellenkur, die Hand in Hand mit einer abgeklärten Vertrautheit geht. Der Titelsong verbindet den Rolling Stones-Tribut über halluzinogenen Pop mit frühen Tame Impala (und spendiert den grandiosen „Have you traveled far?/ Far, far away“-Part), der smooth schlendernde Groove von Sad Pilot bedingt eine soulige Hingabe beim Gesang, ohne die Bandbreite von Flight b741 wirklich zu kontrastieren.
Das besonders gut gelaunt gelöste Rats in the Sky könnte in seinem Scooby-Übergang beinahe der Titelsong für die Cartoon-Version eines CSI-Ablegers sein, bevor Daily Blues als Standard sinnbildlich eventuell nicht nur einen Ausblick auf die Zukunft teasert („Thanks for flying/ We’ve been your pilots/ Lukey, Joe, Cookie, Amby, Cavs, Stuey/ We couldn’t tell ya what the local time is, but the weather’s fine out/ Get on your horse and ride out“), sondern auch alle Tugenden des Albums als Zusammenarbeit noch einmal auf ein Podest hebt und die relative Schere aus Form und Inhalt in gewisser, eigenwilliger Weise auch textlich spiegelt: „What you gotta do is find that person you hate/ And grab ‚em by the hand, look ‚em in the eye, and say/ „I love you“/ All the bigots go get fucked/ Give us back our free love/ Faith only binds you to ideology/ That ain’t peace, and that ain’t free“.

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