Mark Kozelek & Jimmy Lavalle – Perils from the Sea

von am 28. Mai 2013 in Album

Mark Kozelek & Jimmy Lavalle – Perils from the Sea

Wem die pure Schönheit von Mark Kozeleks Schaffen als Solokünstler, Sun Kil Moon-Vorstand oder Red House Painters-Lenker nicht vollends genügte, um darüber hinweghören zu können, dass der 46 jährige bei all seinen Projekten Motive durchaus auch mehrmals bearbeitete, der darf sich vor The Album Leaf-Mastermind Jimmy Lavalle verneigen: dem gelingt es ohne Kraftanstrengung, die markante Stimme Kozeleks in den sphärischen Electropop zu beamen.

Natürlich erkennt man das melancholische, oftmals so gedankenverlorene aber immer prägnante Organ des Amerikaners auch im ungewohnten Kontext ohne Probleme: das nahezu vollständige Fehlen von fließenden Gitarrenakkorden ist dennoch ein ungewohntes Szenario. Stattdessen bettet Lavalle Kozelek in ein warmes Umfeld aus sanften Keyboard- und Synthesizer-Flächen, schon im Opener ‚What Happened To My Brother‚ auch in die karge Wohligkeit von aus der Zeit gefallenen Casio-Beats und fiependen Melodien. ‚1936‚ kann derart eine behutsame Tanzbarkeit durchschimmern lassen, ‚Gustavo‚ ist wie alles hier unter der elegischen und unaufgeregten Inszenierung ein makelloser Popsong aus der Steckdose, der sich weit um seine Ziele treiben lässt, Kozelek die Umgebung bietet um als weitreisender Storyteller zwischen Weltenbürger und Friedhofbesucher glänzen zu können. Die Schubladen verschwimmen, das Duo schmiegt sich gar immer wieder verstohlen an die verträumten Grauzonen, in denen Lavalle  die Folktronica-Soundlandschaften als Ankerpunkt nutzt, um selbst Minimal-Hip Hop-Gerüste vor Eleganz zerfließen lässt.

So wenig eilig es Kozelek und Lavalle jedenfalls mit der aufgefahrenen Dringlichkeit haben, so sehr nehmen sich ihre Kompositionen Zeit für weitschweifende Spannungbögen mit der 10 Minuten Marke in Griffnähe – was sich auf ‚Perils from the Sea‚ grundsätzlich anbietet. ‚Baby In Death Can I Rest Next To Your Grave‚ baut so vor der leisen Dramatik seiner bedächtig klingelnden Melodie auf ein verzögernd treibendes Live-Schlagzeug ein, ‚He Always Felt Like Dancing‚ stellt sich dem mit klackenden Dubstep-Rhythmen entgegen, die derart auch The XX gefallen sollten.
Ceiling Gazing‚ ist als Musik gewordene sakrale Wehmut noch sphärischer als die restlichen Songs, Kozelek landet über verwandtschaftliche Aufarbeitung („Got me thinkin‘ ‚bout my grandpa for some reason/…/ the last time I saw him he was in a box/and they were lowering him into the ground„) bei einem unsentimentalen Liebesgeständnis: „I’m so happy to be alive/ to have all these people in my life„.

Wirken diese verträumt schwebenden Songs dabei generell wie ein ambienter Rausch, darf ‚Perils from the Sea‚ phasenweise doch als etwas zu mäandernd und unfokusiert empfunden werden. ‚Jingle Bells‚ durch den Modulator in Slow-Motion zu versetzen (‚You Missed My Heart‚) ist derart natürlich auch nicht der Weisheit letzter Schluß, zumal die perlenden Gitarren der Live-Version dem Song zusätzlich noch ein etwas spannenderes Outfit verschafftem.
Wie gut dem ganzen Album eventuell ein paar zusätzlich gezupfte Saiteninstrumente gestanden hätten darf jedenfalls die romantisch Unaufdringlichkeit ‚Caroline‚ betörend vorführen. Wer hier nach knackigen Akzenten im fein gesponnenen Klangraum sucht, ist allerdings ohnedies fehl am Platz.
Ergeben sich so zwar vor allem im letzten Drittel der zu ausführlichen (weil: etwas zu anschmiegsam inszenierten) 80 Minuten Spielzeit einige wenige Längen, verabschieden sich Kozelek und Lavalle jedoch mit dem stärksten Song der Platte – einer Großtat in den jeweiligen separaten Discographien: ‚Somehow The Wonder Of Life Prevails‚ fliegt zwischen resignierenden Hoffnungschimmern und aufbauender Traurigkeit überragend zum tränenreichsten Stück Schönklang eines Debütalbums, dass vor allem Mark Kozelek fulminant neue Perspektiven aufzeigt. Und damit hoffentlich nur den Beginn einer kongenialen Reise darstellt.

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