Marta & Tricky – When It’s Going Wrong
Die von Tricky gebastelte Kollaboration When It’s Going Wrong ist mehr oder minder als das Debütalbums seines Mündels Marta zu verstehen, auf dem das Duo die mit Fall to Pieces installierte Zusammenarbeit etwas deutlicher mit dem Spotlight auf die Polin auslegt.
Seit sich Adrian Nicholas Matthews Thaws und Marta Złakowska auf der Europa-Tour 2016 von Tricky kennenlernten, als die längst von Berlin aus operierende Bristol-Legende spontan eine Sängerin suchte, sind die beiden gefühlt eine Symbiose eingegangen, deren Essenz sich nun auf When It’s Going Wrong destilliert: Der Trip Hop ist in seinen Bestandteilen auf ein Minimum an Ingredienzen reduziert, so sparsam inszeniert aufgeräumt, dass er sich weitestgehend alleine auf Stimme und Stimmung verlässt – hypnotisch und melancholisch, lasziv und zart, so verletzlich fragil wie auf nebulöse, elegische Weise ätherisch.
Zur spartanischen Form passt auch die enorm kurze, aber deswegen gar nicht unbedingt unfertig wirkende Gesamtspielzeit von nur 19 Minuten: das fragmentarische Auftreten kommt der subversiven Ästhetik von Tricky und Marta entgegen. Die Spannungsbögen entstehen nicht durch spektakuläre Zuspitzungen, sondern durch anhand der atmosphärisch absolut einnehmenden Anziehungskraft der Platte – auch wenn die Tiefenwirkung nie restlos ergründet wird.
Das Intro gibt dabei mit düsterem Synth-Ambient, über den Marta unheilschwanger schwebt, den Weg vor, in dem Titeltrack entschleunigt bis zur meditativen Askese alleine mit ein paar schlichten Drums und kaum sichtbaren Bass-Spuren so genügsam träumt. „The album is called When It’s Going Wrong because I feel that I translate a great part of myself into that song in particular. This song feels like my baby.“ erklärt Marta, doch lässt abseits der im Dienste ihrer Stimme stehenden, so ruhig gedimmten Ausleuchtung vieles in diesem Universum offen, wo der Einfluss und die Prägung von Mastermind Tricky dabei endet – und das, obwohl nur Walking in seiner unterkühlten Elektronik ausnahmsweise ein Duett darstellt.
Wie atemberaubend (und flüchtig) Tricky Marta jedoch ein Juwel wie das (noir-)jazzig schleichende, im Bass-Delirium streichelnde Nowhere auf den Leib geschneidert hat ist einfach pure Synergie im willkommen bescheiden gewordenen Komfortbereich des 55 jährigen. Weiter zum Club tendierende (Mehr-oder-minder-Upbeat-)Stücke wie das beat-orientierte Think of You, das mit tiefer Gitarre pumpende und in den Ambient anstehende Moving Through Water, sowie das die Tanzfläche mit sedativem Billie Eilish-Vibe becircende Swimming Away wirken dagegen im skizzenhaften Wesen eher unverbindlich oder hinsichtlich der Konsequenz ausbaufähig.
Trotzdem bleiben auch diese Ausrichtungen kohärent im Wesen der Platte verwoben, wo sich auch zwei Fremdkompositionen – Today als devotes Jefferson Airplane-Cover, das einen sexy Groove aus der modulierten Erinnerung von Blowback antaucht, und das den Bogen wie ein schlafwandelndes Prince–Kiss-Andenken schließende Czarno Czarny – ansatzlos in den Kontext einfügen: When It’s Going Wrong mag sich zwar manchmal eher wie eine vielversprechende EP, denn ein gefestigtes Album-Statement anfühlen, doch spricht dies eigentlich nur für das Potential, das die Zusammenarbeit von Marta mit Tricky in Aussicht stellt.
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