Melvins – Hold it in
Auch vor der (je nach Zählweise) dritten Veröffentlichung seit dem Abmarsch der Big Business-Jungs hat das Besetzungskarusell rotiert und präsentiert die Melvins abermals in neuer Konstellation. Geändert hat sich an der Grundausrichtung dabei wenig: King Buzzo und Dale Crover genießen ihre Narrenfreiheit auf vitale Art und Weise und erweitern dazu ihr Repertoire.
Anderswo hängen Musiker auf Tour gemeinsam ab, die Melvins integrieren sie gleich in das Bandgefüge. Nach ‚Freak Puke‚ (mit Trevor Dunn) und ‚Tres Cabrones‚ (mit Ur-Drummer Mike Dillard) verstärken sich die Erfinder des Sludge nun also mit den beiden Butthole Surfers Paul Leary und Jeff Pinkus an Bass und Gitarre. Was ideologisch bereits wie die Faust aufs Auge passt, schlägt sich im Sound der Platte vor allem in drei markanten Ausreißern nieder: ‚You Can Make Me Wait‚ powerpoprockt federleicht und mit irritierenden Stimmeffekten belegt ganz ungeniert und mit nostalgisch-irrem Sonnenscheinlächeln in die surfenden Hohheitsgebiete der Pixies, ‚Eyes On You‚ ist der zwingend shuffelnde Cramps-Rockabilly-Hit für die Geisterbahn des King Dude und ‚I Get Along (Hollow Moon)‚ ist wohl sowas wie ein gackernder Countryohrwurm für eine trashige Redneck-Party. Songwriter Leary zwingt Crower und Buzzo hier, dem catchy Hang zum Pop zu frönen – was den Melvins ganz hervorragend steht, und natürlich irgendwie auch gar nicht in den Albumfluss passt und deswegen absolut perfekt inden Albumfluss passt.
Inkoheränz und Unberechenbarkeit sind bekanntlich ja die besten Freunde der Melvins, also bleibt das heterogene Gefüge stimmig. Zumal das Duo der Platte auch selbst wieder die eine oder andere grandiose Schnapsidee vor den Bug schießt: die nirgendwohin führende Klangcollage ‚Barcelonian Horseshoe Pit‚ etwa, die knappe vier Minuten lang dem Bandsalat huldigt und schließlich ein Trümmerfeld aus Riffkadavern findet; ‚Nine Yards‚ ist ein zerschossener Rock’n’Roll-Song, der wohl zeigen will, dass auch King Buzzo es unkompliziert kann; ‚Piss Pisstoferson‚ hat vor allem einen der Songtitel des Jahres; oder den zwölfminütigen Endlosjam ‚House Of Gasoline‚, der als Rausschmeißer zwar keine konkreten Pläne hat, aber sichtlich Erheiterung daran findet hat den Kopf zu verlieren und immer wieder neue Fäden aufzunehmen.
Ansonsten ist ‚Hold it in‚ beinahe business as usual: fette Sludge-Riffs türmen sich, der groove walzt und zementiert einmal mehr die Ausnahmestellung dieser Band. Die aufgegeilte Oldschool-Single ‚Bride of Crankenstein‚ rockt massiv entlang einer supercatchy marschierenden Melodie, die man schon ewig zu kennen meint – ein zukünftiger Livebrecher. ‚Brass Cupcake‚ schwindelt sich über 5 Ecken in die Gehörgänge und ‚Onions Make The Milk Taste Bad‚ geht über all seine Berg- und Talfahrten schon beinahe als Stoner-Prog durch. ‚Sesame Street Meat‚ windet sich im Alptraumstaub der Highways und ‚The Bunk Up‚ hat nicht nur mehr Ecken und Kanten als manche Alben anderswo, sondern auch ein Harmonika(?)-Solo, verstecktes Grindcoregekeife und ein ausuferndes Impro-Finale. Kurzum: der Spaß und die Spielfreude, welche die Melvins auch im 31sten Bandjahr aus jeder Pore schwitzen überträgt sich auch über anhand von ‚Hold it in‚ nahtlos auf den Fan und mündet dank zahlreicher bärenstarker Einzelsongs im vielleicht sogar besten, kurzweiligsten Album der Kombo seit einiger Zeit. Sicher ist da nur, dass 2014 so endet, wie es auch 2013 getan hat. Mit der Gewissheit, dass die Melvins weiterhin nichts falsch machen können.
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