Sport, Comic Sans, Prunknelke [25.07.2024: Music House, Graz]
Sport geben fünf Jahre nach ihrem Split ein Comeback und machen auf ihrer Reunion Tour auch im Grazer Music House Halt. Mit dabei haben sie die spanischen Epigonen von Comic Sans – und Prunknelke schinden davor als lokaler Support verdammt viel Eindruck.
Damit, dass das Grazer Trio sich als Post-Everything deklariert, macht es sich die Sache hinsichtlich der Kategorisierung vielleicht einfach, liegt aber grundlegend auch nicht ganz falsch: die Riffs holen da im aggressiven Eklektizimus vom Math- bis zum Stoner-Einfluss bisweilen eine fette Massivität in den ziemlich catchy brüllenden Screamo-Hardcore der Band, während der Bass fabelhaft trocken grummelt (und an dieser Stelle mal Lob für den eigentlich immer über den Erwartungen liegenden Sound des Music House Platz finden muss!) und das Schlagzeugspiel (im Orchid-Tribute-Shirt) sowieso ein herrlich hemmungsloses Spektakel für sich ist: Mit hyperventilierenden Becken-Zappeln teilweise eher wie frühe Yeah Yeah Yeahs auf Dancepunk-Speed samt Vampire Weekend-Afrobeat-Reminiszenzen assoziierend machen alleine die Drums von Prunknelke einfach unheimlich viel Bock – und impfen dem Material von Bouquet ordentlich dreckige Griffigkeit und ein Plus ans räudiger Derwisch-Mentalität ein. Ja, das ist live schon nchmal eine Kante bissiger, roher und besser als auf Platte.
Dass die eher stoische Präsenz der Band (bis zum exzessiven Finale in seiner aufstickenden Katharsis) nicht wirklich den passend ausgelassenen Funken Energie auf das im überschaubaren Ausmaß gekommene Publikum überspringen lassen will, macht nix: Prunknelke entscheiden das subjektive Duell der Vorbands für sich.
Was definitiv für den Grazer Dreier spricht, als gegen die Gäste aus Donostia-San Sebastián. Denn deren Amalgam aus Midwest Emo, Toe’eskem oder Lite’schem Math-Fingertapping und stringentem Pop Punk ist grundlegend super. Womöglich ist auch nur die Vorfreude auf den Hauptact zu groß, um aufgrund einer gewissen Deckungsgleichheit als Support zu enttäuschen.
Wo der bisherigen Studio-Output des Quartetts aber auch durch eine pointierte Prägnanz überzeugt, dividiert sich das Material von Comic Sans live durch eine gefühlt zu lange Setlist über rund 45 Minuten Spielzeit einfach nicht genug auseinander. Es verschwimmt in einer relativen Gleichförmigkeit und lässt irgendwann sogar auf wohlwollenden Durchzug schalten, weil kurze Akzente wie ein frenetischer Doublebass-Einsatz nur kurz für Kontrast sorgen. Dynamik und Einsatz passen aber ebenso wie die Motivation – was auch beinhaltet, dass die Band sich während der Sport-Show selbst lauthals in der ersten Reihe unterhält und kurze Videos von sich im zelebrierten Enthusiasmus anfertigt. Die Lust auf Jon Lee, Éramos felices y no lo sabíamos sowie die aktuelle EP Ojalá fuera mi cumpleaños haben durch den ersten (durch eine Autopanne nahe Monte Carlo um eine verlängerte Anreise samt Badetag erschwerten) Auftritt von Comic Sans außerhalb ihrer Heimat allerdings definitiv trotzdem neue Impulse bekommen.
Setlist:
Costuras
Canción Triste para un Asteroide
Si todos los lados del Cubo de Rubik fueran iguales
Si todos los lados del Cubo de Rubik fueran iguales
Robocop /La venganza de los sith
Pro Evolution Soccer 6
Edwin y los Amigos
El Final De Una Cancion Que no Puedo Reproducir
El Coche de Michio
Pro Evolution Soccer 6
?
Ojala fuera mi cumpleaños
Comic Sans
Vor Montreal, 1976, also zum Schluß ihres durch Publikumswünsche verlängerten und letztlich bis kurz vor Mitternacht gehenden Sets, lassen sich Flo Pons und Co. ausführlicher darüber aus, dass die Freundschaft untereinander und der Spaß daran, als Quartett miteinander zu musizieren, der Grund seien, weswegen Sport nach ziemlich exakt einem halben Jahrzehnt Ruhepause – über die auch zwei gelungene Alben von Viceprez nicht wirklich hinwegtrösten konnten – doch wieder reaktiviert wurden.
Diese Triebfedern der Reunion sind live absolut zu spüren: Sport sind, so ganz ohne Rost angesetzt zu haben, weiterhin so ziemlich das Beste, was in der Schnittmenge aus Snowing und Hot Water Music passieren kann. Besser noch: das neue Material eines in Arbeit befindlichen vierten Studioalbums ist der Aussicht nach absolut Spitzenklasse und zündet nahtlos im Kontext eingeführt sofort – es kommt sogar gefühlt am deutlichsten Bewegung ins Publikum, obwohl hinter raus um Sarajevo, 1984 auch noch der eine oder andere Gast auf Händen in die Höhe gestemmt wird.
Die vier aus Lyon sind jedenfalls supersympathisch drauf, zeigen bewegliche Moves und situationselastische Deutschkenntnisse, legen sich mit erfrischendem Elan in die Melancholie ihrer hymnisch antreibenden Hits, agieren mit Fortdauer selbst vor der überschaubaren Menge, und wohl weniger Interaktion/Stimmung als beispielsweise in Wien, auch immer gelöster und gehen locker aus sich heraus: ja, die haben Spaß miteinander und ihrer Musik! Und dieser Funke springt über.
Der kurzweilige Auftritt hat so eher was von einer routinierten Aufbruchstimmung, schwelgt ungeachtet des Stein des Rückkehr-Anstoßes keineswegs in gefälliger Nostalgie und macht hungrig auf die Zukunft von Sport in ihrem zweiten Band-Leben. Das seine Ausnahmestellung praktisch aus dem Stand reklamiert habende Quartett auf dem Weg dorthin quasi vor der eigenen Haustür erlebt haben zu dürfen, kann man den Veranstaltern insofern kaum hoch genug anrechnen.
Setlist:
Barcelona, 1992
Helsinki, 1952
Melbourne, 1956
Jacques Mayol
Calgary, 1988
Deadfilm
Rebuffat
Ulrike Maier
Life (?)
Careat (?)
Lake Placit, 1932
Sarajevo, 1984
(?)
Montreal, 1976
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