Nathan Gray – Rebel Songs

An sich ist jeder Anlass willkommen, um Nathan Grays unverwechselbare Stimme hören zu können. Sie ist genau genommen sogar der einzig gravierende Grund, um sich von diesen schmissigen Rebel Songs langweilen zu lassen.
Mit einem großen Bewusstsein für eine unmittelbare Eingängigkeit, die nur wenige Gedanken an Nachhaltigkeit oder ihre Halbwertszeit verschwendet, verankert Gray sein Songwriting in relativ harmlosen und gefälligen Pop/ Punkrock-Songs mit gediegenen Rock-Tendenzen, catchy und schnell vergessen, selten jedoch wirklich penetrant oder aufdringlich: Der locker und unangestrengt nach vorne gehende Grundoptimismus steht dem bald 50 jährigen Amerikaner mit viel Elan weiterhin, doch kommt das Songwriting dabei selten über wohlwollende Bagatellen hinaus, die an geschmackvoll recycelte Ideen aus dem Fundes von Kollegen wie Anti-Flag, Against Me! oder Green Day denken lassen.
Die meisten der höchstens von der Intention her rebellischen Songs hier geben sich jedenfalls austauschbar und ziemlich barrierefrei nebenher begleitend, setzen nette Hooks zu moderaten Melodien, in denen Gray sein emotionales Charisma greifen lässt.
The Reckoning pflegt seine Aufbruchstimmung mit Synthieschimmer, das Titelstück ist ein simpler Singalong mit Tim McIlrath und überschaubarer Inspiration. Fired Up schunkelt flott mit überkandidelten Beach Boys-Harmonien, während No Rasaran symptomatisch leicht aus der Hüfte mit Handclaps feiert und Million schlichtweg kompetenter, langweiliger Poprock ist. Don’t Wait Up gerät wie Lost trotz dringlich gemeinter Hymnik ohne Ecken und Kanten zu einem belanglosen Ohrwurm, bevor That Said sich im Schönklang der großen Geste suhlt.
Schlecht ist das alles wirklich nicht, dafür sehr kurzweilig und relativ abwechslungsreich dynamisch in der Stromlinie, nur eben kompositorisch und inszenatorisch weitestgehend egal, zudem voller textlicher Standard-Plattitüden, die den Protest zur plakativen Wohlfühlzone degradieren.
Interessanter (nein, keinesfalls besser!) ist es insofern zwar, wenn die Rebel Songs sich ein wenig aus dem risikofreien Komfortbereich entfernen und mit Einflüssen von The Clash flirten – Look Alive denkt einen Ska-Ansatz mit Rapper Eugenius zu einer handzahmen Plüsch-Version von Rancid, Radio Silence mischt Versatzstücke aus Dub, Raggae und Post Hardcore in einen twistend-tänzelnden Shaker und Grace wirkt mit seinem Stakkato wie das Cover eines Mainstream-Rap-Songs aus 80ern, eieieiei. Sehr ambivalent – im Gegensatz zu Working Title wird man sich an Teile von Rebel Songs jedoch zumindest erinnern.
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