Shallowater – God’s Gonna Give You a Million Dollars

von am 9. September 2025 in Album

Shallowater – God’s Gonna Give You a Million Dollars

Wenn es das Genre Dirtgaze – Slowcore, der durch Spurenelemente des Alt Country, Midwest Emo, Americana und Postrock angereichert wird – gibt, reklamieren Shallowater mit God’s Gonna Give You a Million Dollars eine potente Führungsrolle darin.

Die drei Texaner Tristan Kelly (Bass), Ryan Faulkenberry (Drums) und Blake Skipper (Gitarre, Vocals) sind mit ihrem kurz vor dem Jahreswechsel 2023 veröffentlichten Debütalbum There is a Well bisher ja unter vielen Aufmerksamkeitsradaren durchgesegelt. Dies sollte sich nun durch das Zweitwerk God’s Gonna Give You a Million Dollars ändern.
Einerseits, weil Shallowater betont selbstsicherer geworden sind, ihre Stücke symptomatisch länger flanieren und sich ohne erkennbaren Druck, etwas beweisen oder erzwingen zu müssen, ergiebiger in ihre Facetten legen dürfen. Das bedeutet auch, dass die Kompositionen nunmehr endgültig die Form von Landschaften annehmen, die Ästhetik prägnanter als das Songwriting an sich erscheint, während die Sehnsucht so geduldig niemals dem Spektakel verpflichtet ist – und damit im Umkehrschluss Luft nach oben lässt, weil der Platte die klar herausragenden, Katharsis erzeugenden Höhepunkte spätesten dann fehlen, wenn sich der Reigen nach 41 Minuten mit der wehmütigen Nostalgie All My Love (in der  Hayden Pedigo vor seinem Aufeinandertreffen mit Chat Pile subtiles Fingerspitzengefühl zeigt) geradezu unscheinbar verabschiedet.

Andererseits schärft das Trio den Fokus seines eklektischen Sounds aber auch dadurch, dass es die assoziativen Referenzpunkte breiter aufgefächert griffiger als bisher artikuliert.
Auch Dank solcher die Vergänglichkeit berachtender Zeilen wie „For now it’s a picture of what it’s like to get old/ Twenty-five miles from town/ Time will cave the floor boards and wind will bend the frame/ Home doesn’t last forever“ grundlegend im Fahrwasser des geistesverwandten Die in Love anschleichend, klingt etwa gleich der Titelsong wie eine ruhige Symbiose aus Weakerthans und Duster, während man an Slint, Codeine und Wednesday denken muss – später wird Ativan anmuten, als hätte John K. Samson eine Führungsrolle bei Deathcrash übernommen. Der Opener nimmt aber auch als natürlichste Sache der Welt behutsamen Schwung im Mathrock und Posthardcore, angenehm, obgleich die brutzelnden Verstärker abrassiver baden. Ein Auffangen von Echos aus der Vergangenheit, das nicht imitiert, sondern übersetzt.

Sadie schwelgt fast lethargisch in seiner Melodie, wobei hinter den Ecken und Kanten eine heimelige Heaviness lauert. In (Untitled) Cowboy werden Schlagzeug und Saiten gestreichelt, als könnten sie in ihrem Sanftmut auseinanderfallen. Das Panorama schunkelt derweil im melancholischen Wellengang: romantisch verträumt, weitestgehend instrumental, später auch die Zeitlosigkeit einer Pedal Steel atmen lassend.
Wie reibungslos die amerikanischen Chronisten stilistische Grenzen in der Homogenität aus Laut und Leise ineinanderweben, die Introspektive suchen und harsche Ventile finden, entwickelt dabei einen ganz eigenen Reiz, der in die Tiefe gehend wächst und kleine Verschiebungen der Nuancen (wie dem minimal kraftvoller konturierten Schwofer Highway) eine niemals ganz greifbare Dynamik erzeugen lässt. Der Reichtum, den das God’s Gonna Give You a Million Dollars anbietet, ist insofern praktisch meditativer, spiritueller Natur.

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