Shura – I Got Too Sad For My Friends

von am 19. September 2025 in Album

Shura – I Got Too Sad For My Friends

Shura kommt nach (dem mit der Zeit doch verblassten seienden und hier insofern zumindest einen halben Punkt zu wohlwollend bewerteten) Forevher mit I Got Too Sad for My Friends ganz unaufgeregt in einem reiferen Stadium Ihrer Karriere an.

Die Synth- und Dance-Schmissigkeit ihres bald zehn Jahre alten Debütalbums Nothing’s Real ist im angenehmen Sophisti-Pop, den Shura im ruhigen, bisweilen gar unscheinbaren Reigen, den ihr drittes Studioalbums pflegt, nur noch selten erkennbar: im hymnischer schwelgenden Recognise dank eines 80er Flairs und klackender Percussion eventuell (obwohl der sanfte Zug zwanglos in sich gehend viel ätherischer in die persönliche Wohlfühlzone führt), oder auch in Online, das sich weiter in den flächigen Ambient des Sehnsuchts-Jahrzehnts zurückzieht.
Doch in dieser konsequenten Introspektive gelingen Shura die besten Songs seit 2016 – erst über die Ebene der Atmosphäre und Stimmung einnehmend, die optisch eine Rüstung tragen mag, aber schon in der Schale schmeichelweich, sanft und anschmiegsam bezaubert; und dann über Kompositionen, die hinter der Gleichförmigkeit einer geschmackvollen Unaufdringlichkeit so tolle melancholische Melodien und Hooks so dezent dosiert in die Gehörgänge schwindelt.

Dass I Got Too Sad for My Friends zudem wirklich schön sequenziert ist (nur das etwas zu konsequenzlos verpuffende Doppel aus dem soulig klimpernd aufblühenden Aushängeschild I Wanna Be Loved by You, das wohl auch Bon Iver gefallen wird, sowie dem latent funky aufwachenden Ringpull hätte miteinander seine Plätze tauschen dürfen) und im runden Pacing über 38 Minuten (bis auf das verträumt plätschernde, bläserunterstützte America, das den schöngeistigen MO doch ein wenig mäandernd ausreizt) stets angenehm kompakt und kurzweilig bleibt, kommt dieser niemals spektakulär sein wollenden Ausrichtung zusätzlich entgegen.

Wo es symptomatisch ist, dass ein World’s Worst Girlfriend durchaus ein Pop-Hit sein könnte, aber eben lieber im peripheren Feld der Wahrnehmung pendelt, sind Songs wie Tokyo oder Leonard Street ebenso verhalten wie einnehmend, relaxen in der Zeitlupe und arbeiten auf die herausragende Glanztat Richardson hin, in der Shura mit der wunderbaren Cassandra Jenkins auf Augenhöhe einen schmusend schippernden Geniestreich eines heimlichen Ohrwurms betört: Zeitlos, fantastisch!
Überhaupt adelt I Got Too Sad for My Friends sich mit seiner Gästeliste (oder jener Liste an Freunden, die sich optimal mit der Traurigkeit der Protagonisten arrangieren können?), indem die 37 jährige Britin dort eine zusätzliche Griffigkeit in ihr Songwriting bringt – das gilt für das smooth groovende Duett If You Don’t Believe in Love mit Helado Negro, das sich einen Fixplatz in kommenden Sommer-Playlisten verdient hat, gleichermaßen wie Bad Kid, diese mit Becca Mancari lieblich schlurfende Miniatur von einem liebenswürdigen Abschied, der das entwaffnende Wesen einer hier rücklickend womöglich um zumindest einen halben Punkt zu niedrig bewerteten Platte gut einfängt.

Print article

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen