Stephen O’Malley – But Remember What You Have Had

von am 6. August 2025 in EP

Stephen O’Malley – But Remember What You Have Had

Mit But Remember What You Have Had gönnt sich nun auch Drone-Meister Stephen O’Malley einen eigenen Beitrag zur Portraits-Serie des GRM – dem Institut zur Erforschung der elektroakustischen Musik in Paris. 

Die langsam schleichende, sich sofort vertraut und heimelig anfühlende Gitarren-Landschaft von But Remember What You Have Had erfährt ihre volle Blüte zwar letzlich ohne wirkliche Überraschungen unweit von Sunn O))), schlägt ihre Wurzeln aber am peripheren Rand der Komfortzone: Die 33 Minuten hier wirken beinahe wie eine asketische Fastenkur und sind gerade eingangs weitaus sparsamer, zurückhaltender, minimalistischer oder auch ruhiger angelegt, vielleicht sogar dünner konzipiert, als O’Malley dies mit seinem Stammpartner Greg Anderson unter Kutten zu pflegen täte.
Nachdem der folkloristische Einstieg näher am Ambient als am Drone in zurückgenommener Reduktion apokalyptisch über karge Landschaften weht, die durchaus auch die Stimmung vor Crippled Black Phoenix setzen könnten, spielen sich weiter hinten in der Dunkelheit hinter den nicht monolithisch angelegten Gitarren irgendwann vage philharmonische Bläser-Texturen ohne klare Konturen ab – „Winds performed by Hans Teuber (bass flute, flute, bass clarinet, clarinet, and trumpet) and Stephen Moore (trombone)“ steht in den Linernotes; Gattin Kali Malone kehrt zudem nach Living Torch für „Arrangement assistance & conduction“ zur Portraits-Reihe zurück.

Für diese Atmosphäre muss man als Hörer näher an das Geschehen heranrücken und beobachtet es lange dennoch aus der Ferne. Man wird – erst meditativ, dann dissonanter abseits der Harmonie – berieselt, anstatt überrollt zu werden, denn O’Malley und seine Helfer deuten imaginativ an, plätten nicht und verzichten sogar auf die umspülende Präsenz.
Kurz nach der Hälfte der Spielzeit wird das Geschehen zwar monolithischer, physischer, noch Sunn-typischer – das Motiv schichtet sich nach klassischer MO)))torik, ohne die Heaviness von tektonischen Riffs als Resonanzkörper zu brauchen, obgleich der Suspense griffigere Trademark-Strukturen bekommt.
Doch ist das alles subversiv, intimer und vorsichtiger als gewohnt. Der Amerikaners interpretiert seinen Kosmos anhand des von Randall Dunn aufgenommenen (und von 2022 bis 2024 in Paris gemischten und arrangierten) Stücks so nahe am Score oder Soundtrack wie möglich, bevor er die runde Klammer der Nummer dann als Möbiusband behutsam auflösen wird. Die Nuancen werden also im Detail verschoben:  But Remember What You Have Had ist kein Autopilot, sondern ein vorsichtig in sich gehendes Ausloten intrinsischer Grenzen.

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