Steven Wilson – The Raven That Refused To Sing (And Other Stories)

von am 12. März 2013 in Album

Steven Wilson – The Raven That Refused To Sing (And Other Stories)

Steven Wilsons drittes Soloalbum ist gleichermaßen berauschendes Destillat der eigenen, so unüberschaubaren Mammut-Discographie, wie auch eine fulminant-eklektische Verneigung vor der Geschichte des Progressive Rock an sich.

Dass der niemals ruhende 45 jährige Porcupine Tree-Vorstand, Blackfield– und Storm Corrosion-Mann, No-Man-Lenker und Bass Communion-Tüftler Wilson für sein drittes Solowerk nach ‚Insurgentes‚ und ‚Grace for Drowning‚ die ganz großen Geschütze auffahren würde, davon kündigte bereits die imposante Liste der Geburtshelfer von ‚The Raven That Refused To Sing‚. Auf dieser finden sich neben musikhistorisch lang gedienten und technisch so makellosen Verbündeten wie Nick Beggs (Kajagoogoo), Guthrie Govan (kennt man nicht nur von The Aristocrats, sondern auch dem letzten Periphery-Album) oder Adam Holzman (u.a. Miles Davis, Marcus Miller, Ray Manzarek) eben auch Alan Parsons –  mitunter legendär für seine Tätigkeit als Engineer von ‚The Dark Side of the Moon‚.

Unter diesen Vorzeichen greift ‚The Raven That Refused To Sing (And Other Stories)‚ praktisch von Haus aus nach den Sternen des Progrock und signalisiert ohne Zurückhaltung, dass die vorhandenen 6 Songs dazu konzipiert wurden, Frischzellenkur und Traditionsbewahrung gleichermaßen zu sein. Die daraus entstehenden strammen Erwartungshaltungen kann Steve Wilsons‘ dritter Ausflug unter dem Solobanner letztendlich nicht vollends erfüllen – ihnen aber mit purer Qualität beikommen. Denn letztendlich beherrscht eben aktuell kaum jemand soclh anachronistische Konstruktionen derartig zeitlos brillant und unverkennbar wie es Wilson seit beinahe drei Jahrzehnten tut.

The Raven That Refused To Sing (And Other Stories)‚ eröffnet seinen knapp einstündigen Reigen also ohne Umschweife inmitten eines ‚Eriatarka‚-Auftakt samt grummelndem Bass und behende tänzelndem Schlagzeug: ‚Luminol‚ begrüßt unmittelbar aus der Perspektive der Hochphase von Genesis, Pink Floyd und King Crimson. Bald heult das erste Gitarrensolo exaltiert durch den Raum, Wilson schreckt auch vor frontalen Flötengezirpe nicht zurück, die Hammond-Orgel übernimmt die Stafette von den sphärischen Streichern. Die Grenze zur jazzigen Frickelei, sie ist nicht fern und sowieso weit offen: in seinen zwölf Minuten wird der Opener noch bis in den anmutigen Ambient oder den pianotröpfelnden Lounge-Modus samt bombastischem Chorfeuerwerk weiterschweben und inmitten seines elaborierten, aber nie aufdringlichen Instrumentaldaseins doch noch Platz für die zärtliche Stimme Wilson’s schaffen. Die Grundzüge einer so hemmungslos weidenden wie konkret dirigierten Platte sind damit weitestgehend vorgegeben – der Gedanke ‚The Raven That Refused To Sing (And Other Stories)‚ als Bandprojekt firmieren zu lassen allerdings weitestgehend abgehakt: markant drängen alle Trademarks von Wilson in den Vordergrund, relativieren beinahe jede weitere Beteiligung und lassen eklatante Entwicklungsschübe abseits der allgegenwärtigen 70er Liebe zugunsten des etablierten Perfektionismus außen vor.

Dennoch leuchten sie überragend, die gemeinschftlich entstandenen, Wilson-internen Sternstunden auf ‚The Raven That Refused To Sing (And Other Stories)‚: der Fusions-Groove von ‚The Holy Drinker‚ drückt unnachgiebig in die hemmungslose Improvisation und rifft sich letztendlich hartnäckig in die Glückseligkeit. ‚The Pin Drop‚ ist der untypischste Song der Platte, Rush-affin und mit einem wunderbar schräg in das Geschehen fahrenden Theo Travis ausgestattet. ‚The Watchmaker’steigert sich von seinem eleganten Beginn bis zu seinem furiosen Finaleohnedies  zu einem einzigen Genre-Orgasmus.
Neben seinen fromvollendeten Fähigkeiten als Prog-Handwerker sind es dennoch vor allem (und wieder einmal) die unmittelbar auftretenden Songs (und nicht die weitreichend arrangierten Kompositionen) die Wilson besonders ergreifender einzufangen versteht: die anmutig-ätherische Ballade ‚Drive Home‚ ist etwa ein betörend majestätischer Ausblick, in der ‚The Raven That Refused To Sing (And Other Stories)‚ vor unwirklicher Schönheit schlicht zu zerfließen scheint; die abschließende titelgebende Klavierelegie vergeht in ebensolcher Sehnsucht und entlässt aus einem süchtig machenden Rauscherlebnis.
Welches letztendlich nicht das vielerorts herbeigejazzte Jahrhundertereignis geworden ist – dafür gibt sich das eklektische Werk zu oft als standadisiertes Tributwerk. Aber ‚The Raven That Refused To Sing (And Other Stories)‚ funktioniert eben doch als der ungemein grandios gelungene Versuch, den Bogen zur klassischen Ära des Progressive Rock adäquat zurückzuspannen und sich dabei mutwillig Vergleichen mit einschlägigen Meisterwerken auszusetzen. Gerade dabei aber eben nicht unterzugehen – sondern zu glänzen.

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