Supermutant – FRVR

von am 10. Dezember 2012 in Album

Supermutant – FRVR

Als hätten Captain Planet ein Album aufgenommen, dass zwischen Tomte und Kettcar im knackigen Indierock gefinkelt aufgeht. Dass ‚FRVR‚ dabei auf Zeitstrafe erscheint und im Grand Hotel Van Cleef zu haben ist, ist eben kein Zufall.

Ob er nun lieber an Markus Wiebusch geschulte Melodien energisch hinausschmachtend oder doch mit Thees Uhlmann-Intonation ausgestattet durch die Songs seiner Band hangeln möchte, diesbezüglich kann und will sich Sänger Yann Thönnessen nicht endgültig entscheiden. Muss er auch nicht, obwohl an dieser Stelle schon auch insofern der Hund begraben liegt, dass man dieses klare, markante, polarisierende Organ schon mögen muß, um Supermutant überhaupt sympathisch finden zu können. Dass Thönnessen gerne die Dringlichkeit von Captain Planet-Stimme Jan Arne von Twistern an den Tag legen würde, scheint hingegen klar, wird vielleicht ja noch – die  stattdessen gerne genommene Abzweigung Richtung nach vorne gehender Band of Horses im abgeschlakten Soundgewand ist aber auch kein Fehler.

Wie eigentlich ohnedies nichts in den knapp 36  Minuten, die Supermutant nach 4 Jahren „Pause“ (die seit der  aufsehenerregenden ‚Lichterloh‚-EP nicht nur in Mönchengladbach vergangen sind) so stimmig zu ihrem Debütalbum zusammengebastelt haben. Und sind die ungefähren Ankerpunkte der grunderneuerten Supermutant im Jahr 2012 ersteinmal in den Ring geworfen, darf man diese freilich wahlweise als gute oder schlechte Referenzen auslegen, fest steht aber, dass sie in diesem Amalgam hervorragend funktionieren. Für das junge Quartett bedeuten sie in erster Linie zwar klare Anleihen – unter denen das eigene Gesicht manchmal etwas zu undeutlich hervorlugt – aber eben vor allem: markante Vorbilder absolut stimmig durch den eigenwilligen Mixer gedreht zu haben und damit unterm Strich doch sein eigenes Ding zu machen.

Anders gesagt: man kann der jungen Kombo kaum etwas vorwerfen. Die helle Stimme Thönnessen’s dirigiert eben nicht immer restlos sattelfest den eigenen Prinzipien der Unmittelbarkeit folgend durch die mal kryptischen, mal glasklar fürs Tagebuch der klugen Worte kreierten, immer fesselnden Bildtexte („Wir warten Hand in Hand ohne zu verstehen, dass wir einsam sind zu Zweit“) – das war’s dann aber auch schon: ‚F(o)R(e)V(e)R‚ versammelt nämlich reihenweise Indierock-Ohrwürmer und potentielle Hits, die sich eben mittlerweile und nach zahlreichen Besetzungswechseln in den letzten Jahren im beinahe glasklaren Pop wohler fühlen als im ruppigen Punk – ohne sich die Zugänglichkeit deswegen gleich zu leicht zu machen. Zumal sich Supermutant alle Mühe geben, ihr Debütalbum in vielen Facetten glänzen zu lassen, ihre Songs geschickt durch allerhand nicht allzu offensichtliche Ecken und Kanten zu schleifen. Da groovt vor allem das Schlagzeug vielseitig, zackig und spannend, macht seine Sache zwischen „zweckdienlich“ und „rasant“ derart vielschichtig, dass es eine reine Freude ist – und Supermutant ziehen da in Summe nur zu gerne mit.

Luft ist nicht nur‚ inhaliert deswegen rasanten Postpunk, ‚Brady Cardia‚ (mit tollen Dirty Projectors-Gitarren) macht die Interaktionshymne für gut geschmierte Kehlen vor der Buhne. In ‚Sopor‘ reiten Supermutant zzur markanten Lead-Gitarre,  aus ‚Gold auf der Zunge‚ hätten weniger griffig veranlagte Bands einen vergeistigten Mathrock-Gedanken ersponnen, auf ‚FRVR‚ wird jedoch wieder so ein Ohrwurm daraus – dennoch einer der wenigen Ausfälle hier. Der letztendlichen Zug zum Tor gelingt Supermutant nämlich nicht immer, der Großteil der PS wird dennoch spielend auf die Straße gebracht. Und insgeheim muss man sich ohnedies eingestehen: am besten steht es Supermutant, wenn sie den allgegenwärtigen, aber niemals triefenden Pathos und juvenilen Sturm & Drang-Melancholiegehalt in ihren flotten Songs nicht hinfortrocken, sondern ihn wie im gemächlichen ‚Cancertwins‚ langsam forcieren und dann doch wieder mit ordentlich Druck versehen. Weil auch das gänzlich unpeinlich geraten ist und die Band hier zudem die vielleicht schlüssigste Inkarnation der Schnittmenge all der Ziehväter ihres deutschsprachigen Indie-Poppunkrocks gelingt. Man kann dabei nur zu leicht den Fehler machen ‚FRVR‚ vorschnell in die peinlichen Ecken dieser Schiene abzustellen. Verloren hat dieser vielversprechende Einstand dort jedoch absolut nichts. Viel eher fühlt sich ‚FRVR‚ zwischen ‚Du und wieviel von deinen Freunden‘, ‚Hinter all diesen Fenstern‘ und ‚Inselwissen‘ wohl im Regal.

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