Thrice – Anthology

von am 30. Oktober 2012 in Livealbum

Thrice – Anthology

Zum (vorläufigen) Abschied gibt’s den umfassenden Crowd-Please: Thrice erinnern mit 24 Fanfavoriten, warum man über vierzehn Jahre an einer vom Metalcore bis zum Alternative-Rock überall an der Sperrsitze operierenden Band zur Herzensangelegenheit wurde.

Anthology‚ ist eine sentimentale Zusammenfassung geworden. Nicht in der transportierten Stimmung, denn die ist zwischen lakonischen Zwischenansagen von Dustin Kenrue und einem die makellos eingespielte Band frenetisch feiernde Publikum ausgelassen. Thrice servieren (nahezu) all ihre Hits punktgenau, luftdicht im rohen, unperfekt, beinahe dünnen und alles andere als fehlerkorrigierten Sound: keine der Aufnahmen wurde im Studio aufghübscht, was an vielen Stellen zusätzlich zu markanten Schönheitsfehlern wie dem leisen Hintergrundfiepen in ‚Daedalus‚ führt – die Unmittelbarkeit der Aufnahmen jedoch nur noch steigert. Für lange Zwischenspiel bleibt da kaum Platz, für Orgeln (‚The Earth Will Shake‚) oder verspulte Drumcomputer (‚Digital Sea‚) sogar noch weniger. Denn ‚Anthology‚ fasst zusammen, was die vier Freunde aus Irvine neben zwei virtuosen Gitarren, einer unheimlich tighten Rhythmusgruppe sowie einem Ausnahmesänger immer schon ausgemacht hat: packende Melodien in mitreißenden Songs, große Momente, serviert mit der nötigen Härte und handwerklich fein-progressiven Ambitionen, mehr aber noch: ehrliche Leidenschaft.

Deswegen schwingt mit ‚Anthology‚ auch die Sentimentalität des vorübergehenden Abschieds, weil Thrice nach dem wieder einmal grandiosen ‚Major/Minor‚ im letzten Jahr vorerst den Stecker gezogen haben und als Nachklang ein letztes mal Fanherzen höher schlagen lassen: die 24, am öftesten auf der Farewell-Headlinetour mit Animals As Leaders und O’Brother zwischen Mai und Juli 2012 gespielten Songs wurden ausgewählt, der Bogen spannt sich von einem ‚Phoenix Ignition‚ aus der Metalcore-Jugend der Band bis hin zu zahlreichen Krachern aus der Hochphase zwischen ‚Vheissu‚ und eben ‚Major/Minor‚ – alle Stationen der – je nach Zählweise – acht Studioalben werden möglichst brüderlich bedient. So darf man gleichermaßen mit einem weinenden und einem lachenden Auge/Ohr lauschen, wie faltenlos selbst hart am damaligen Zeitgeist maßgeschneiderte Hits ala  ‚The Artist in the Ambulancenicht gealtert sind und auch heute noch mühelos wunde Kehlen vor der Bühne evozieren, während das namensgebendende ‚Anthology‚ als fulminanter Schlusspunkt noch einmal unterstreicht, dass Thrice sich den wahrscheinlich besten Song ihrer Karriere doch für den Schwanengesang aufgehoben haben – und sich damit auf dem langgezogenen Zenit ihres Schaffens in den Winterschlaf begeben haben.

Da will man keinen Gedanken an die verstörenden Spekulationen hinter Dustin Kensrue’s neuer Christenrock-Band The Modern Post verschwenden, oder daran, dass die edle, auf 3000 Stück limitierte 4-Fach Vinyl nur über sauteuren Import erhältlich war bzw. es über freche Dicogs- und Ebay-Händler wieder sein wird – während Thrice in hiesigen Breitengraden ohnedies nur ungenügsam Abschied von ihren Fanscharen genommen haben. Ungeachtet all dessen funktioniert ‚Anthology‚ nämlich optimal als kompakte Werkschau, als nahezu allumfassende Hitsammlung, als möglichst authentischer Live-Abdruck der Band und auch als semi-optimale Kennenlernplatte – zumal Thrice ihre Bühnen-Existenz ja schon bisher nicht gerade undokumentiert haben im Hinterzimmer vergammeln lassen. Wirklich brauchen wird ‚Anthology‚ deswegen nur der Hardcorefan – dafür aber allein wegen oder trotz des unkaschierten Sounds, der erschlagenden Songdichte umso mehr.

Cause our love is a loyalty sworn/ If we hold to our hope/ Then I know we can weather the storm“ singt Kensrue voller Inbrunst, während Thrice der nächsten, letzten Explosion entgegen galoppieren. Dem kann, muß, eigentlich nichts anderes als eine prophetische Wahrheit zu Grunde liegen. Und die Vermutung, dass das Quartett hinter Thrice ohneeinander genauso wenig kann, wie es Hot Water Music, Boysetsfire oder zahlreiche andere Weggefährten und Jugendfreunde im Pausemodus auf Dauer taten.

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