Bruce Springsteen – High Hopes

von am 14. Januar 2014 in Album

Bruce Springsteen – High Hopes

Premierenstimmung auf dem 18. Studioalbum des Boss: mit dem Rage Against the Machine-Gitarristen Tom Morello als Muse recycelt Bruce Springsteen allerhand Material dass sich seit den 2000ern neben den regulären Platten angestaut hat, dazu covert er sich selbst und andere. Mit ‚High Hopes‚ hält der passionierte Rocker damit diesmal weniger der amerikanischen Gegenwart einen Spiegel vor, als dass er indirekt die vergangenen eineinhalb Jahrzehnte seiner eigenen Karriere reflektiert – und dabei die Fehler dieser umso eklatanter aufzeigt.

High Hopes‚ hätte eigentlich eine sichere Bank sein müssen. Das aufgefahrene Songmaterial speist sich größtenteils aus hochkarätigem „Restematerial“ aus Session in den Jahren zwischen ‚The Rising‚ und ‚Working on a Dream‚, und ist treuen Verehrern des 64 jährigen Amerikaners in etwaigen Versionen natürlich nicht nur weitestgehend bekannt, sondern wie am Beispiel der hymnenhaften (unheimlich vorhersehbaren) Breitbandballade ‚American Skin (41 Shots)‚ auch längst in den Status eines Liveklassikers gehoben worden. Mit dem Steven Van Zandt-Ersatz, glühenden Springsteen-Verehrer und mutmaßlich revitalisierenden Blutauffrischer Tom Morello an der Gitarre sowie als treibende Inspirationskraft hinter ‚High Hopes‚ macht Springsteen und seine E Steet Band dann zwar auch alleine insofern vieles richtig, weil sich die zwölf hier versammelten Songs ungeachtet ihres Entstehungsdatums prächtig miteinander vertragen (der vielerorts kritisch vermisste rote Faden der Platte darf also alleine im qualitativen Songwriting und der produktionstechnischen Gewandung gefunden werden) und lose Fäden zu Ende spinnen, als dass über längere Distanz der Eindrück entstünde, es hier mit reiner Ausschussware oder lahmenden Neuaufgüssen zu tun zu haben.

Das wahrscheinlich beste Beispiel dafür: dass ‚The Ghost of Tom Joad‚ in der kickenden Rockversion funktioniert haben Bands wie Rage Against the Machine, The Gaslight Anthem oder Rise Against gezeigt – kein Grund also warum dass der Boss das nicht selbst auch mindestens ebenso famos hinkriegen sollte, Gastduetgesang und exaltiertes Solo von Morello inklusive. Immer kann sich der Nightwatchman seine quietschen Scratch-Soli zwar nicht verkneifen (man achte alleine auf den Hintergrund des superschnarchigen Megagospels von ‚Heaven’s Wall‚), dennoch erfreulich wie zweckdienlich und zurückgenommen der Gitarrist seine Trademarks in diesem Kontext bedient. Und ja: man hört der Kombo noch ansatzweise den Elan an, der bei Songs wie der bluesig-ausgelassenen New Orleans Party im Titeltrack, dem fröhlich und leichtfüßig unterhaltenden Ohrwurm ‚Just Like Fire Would‚ aus der Schmiede von The Saints oder dem gefühlvoll gehauchten Balladenstreichler ‚I’m on Fire 2.0‚ (hier allerdings als ‚Down in the Hole‚ betitelt) im Studio und während der mehrstündigen Livemarathonläufe heraufbeschworen wurde. Sogar die 80er affinen Synthieansätze im zu lange mäandernden ‚Harry’s Place‚ und dem arg gemütlichen Suicide-Cover ‚Dream Baby Dream‚ funktionieren, die streichelweich schunkelnden Streicher im umarmenden ‚Hunter of Invisible Game‚ oder der tottraurige Bläserabgesang im intimen ‚The Wall‚ sowieso.

Letztendlich ist es – man ahnt es bereits – ohnedies nicht das Songmaterial an dem ‚High Hopes‚ krankt, mögen einzelne Rohrkrepierer wie ‚This is Your Sword‚ auch den Albumfluss aus vielen soliden und einigen herausragenden Songs unnötig unterbrechen. Es ist die Art und Weise wie das (eigentlich ja aufgrund des Stoffursprunges ja falsch formuliert, aber) beste Ausgangsmaterial einer Springsteen Platte mit einer pseudolebendigen, klinischen Studioproduktion erstickt, von vorhersehbaren Arrangements und mutlosen Überladungen hüftsteif gemacht und vom typischen amerikanischen Arbeiterklassepathos (eh schon wissen: hemdsärmelig! aufgekrempelte Ärmel! soulige Kampfansage!) wieder einmal in die selbe Ecke gedrängt wird, in der der Boss seit zumindest ‚Magic‚ festhängt: einer kreativen Sackgasse auf qualitätskonstanten Niveau abseits jeglichen Klassikeranspruchs. Mag da die Leistungskurve seit dem Aufbruchsstimmung-vermittelnden Vorgängers ‚Wrecking Ball‚ auch weiterhin nach oben zeigen: vielleicht ist es einfach an der Zeit sich von Ron Aniello und dem designierten Langzeitweggefährte Brendan O’Brien zu verabschieden, die Frischzellenkur auch am Produktionssessel durchzuführen und sich jemanden ins Studio zu holen, der die Liveenergie der E Street Band adäquat zu transportieren versteht: allzu leicht kann ‚High Hopes‚ als müde Routinearbeit und solide Altherrenware missgedeutet werden. Schade um das verschenkte Potential. Denn auch wenn Springsteen für sein bestes (ein im Gesamtwerk druchschnittliches) Album seit [Phrasenschwein] tief in die Mottenkiste greifen musste: das Feuer brennt immer noch. Selbst wenn auf Platte wieder keine Funken sprühen.

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