3rd Secret – 3rd Secret

von am 30. April 2022 in Album

3rd Secret – 3rd Secret

Nirvana-Bassist Krist Novoselic hat nicht nur seine Giants in Trees-Kollegin Jennifer Johnson und Jillian Raye sowie das Soundgarden-Doppel aus Gitarrenwizard Kim Thayil und Pearl Jam-Drummer Matt Cameron für seine veritable Seattle-Supergroup 3rd Secret rekrutiert, sondern auch den lange verschollenen Bubba Dupree.

Dass sich diese Allstar-Konstellation am Ende dieser Zeilen eine lauwarme Bewertung für ihr Debütalbum abholen wird, die das im geheimen aufgenommenene selbstbetitelte Werk womöglich schlechter dastehen lassen wird, als es tatsächlich ist, liegt dann übrigens, um es gleich vorwegzunehmen, keinesfalls daran, dass Novoselic und Co. die (stilistisch in sie ohnedies nie so in gesetzten) Erwartungshaltung nicht erfüllen würden, weil sie sich anstelle des Grunge einem Wechselspiel aus gepflegtem Acoustic- und gediegenen Alternative Rock widmen.
Nein, die Gründe, dass 3rd Secret im ersten Anlauf leider nicht über den sehr okayen Durchschnitt hinauskommen, finden sich etwa darin, dass die Band in besagter Verortung zu oft an ihren eigentlichen Stärken vorbeispielt, sie mit Jack Endino zudem den falschen Mann auf den Produzentenstuhl gesetzt hat, um ihr Profil mit starken Konturen herauszuarbeiten – und vor allem am vorhandenen Songmaterial, das letztendlich nur wenig Zwingendes im kompetenten Musizieren hängen lässt, und die wenigen aufzeigenden Momente der Platte beinahe nebensächlich serviert.

Den wirklich wunderbaren Opener Rhythm of the Ride etwa, der als friedlicher Morgentau auf Gesang und Gitarre reduziert eine rundum grandios-nostalgische Melodie in Ruhe jubilieren lässt. Das ansonsten mäandernde Last Day of August tänzelt später um einen liebenswürdig sommerlichen Refrain, der mit seinem gezirkelten, raffinierten Spiel gefällt, während das ziellos schunkelnde Right Stuff durch seine Kirmes-Ziehharmonika das Soundbild öffnet und natürlich auch Erinnerungen an die Unplugged-Session von Nirvana weckt, bevor Dead Sea als unverbindliche Darkfolk-Lagerfeuer-Träumerei wie alle Songs des Albums einfach zu lange für seine Substanz ausgefallen ist.
Diese knappe Handvoll guter Szenen wiegt auch deswegen bei allem grundlegenden Wohlwollen nicht die Summe einer gefälligen, aber auch latent frustrierenden Platte auf.

I Choose Me klingt etwa wie eine Light-Version von Soundgarden, die den Blues Rock statt dem Heavy Metal frönt, doch findet der (in den die Tiefe suchenden Stellen gar zu bedeutungsschwer intonierte) Song einfach nicht auf den Punkt, vertändelt sein Potential ohne emotionale Intensität inszeniert ärgerlicherweise in der Beliebigkeit: Endino setzt der Kombo niemals die Daumenschrauben an, um guten Voraussetzungen noch bessere Endprodukte abzuringen.
Winter Solstice bleibt deswegen ein absolut blasses Geplänkel im ästhetischen Andenken an Led Zeppelin und Lies Fade Away hofiert ein schönes Soli in einer zwanglosen Egalität. Live Without You zeigt, wie es sein könnte, wenn Marissa Nadler mit Band im Rücken vom gefälligen Rock banalisiert werden würde: Wo sind bei einem Gespann mit einem Drittel-Dutzend an nominalen Gitarristen nur die Reibungen, wo die interessanten Wendungen oder spritzigen Ideen – von wirklich guten Texten ganz zu schweigen?

Das countryeskere Diamond in the Cold transportiert so zwar eine schöne Dramatik zwischen den Zeilen der Saiten, vertändelt alle dabei entstehenden Spannungen aber enervierend, bevor das ebenso nette wie kraftlos in Szene gesetzte Somewhere in Time trotz ordentlichem Pre-Chorus erst ganz am Ende überzeugt, wenn 3rd Secret in den fein abgehangenen Jam Modus übergehen – der justament sofort abgedreht wird. Auch The Yellow Dress hätte an sich dringliche Gitarren und Drums zu bieten, doch findet die Produktion nicht die Balance, um eine packende Kraft im Soundbild mit dem luftigen Grundgedanken der Musik umzusetzen. Stattdessen gibt es unnötige Pseudo-Atmosphäre-Effekte im Regen, Vocals an der Grenze des Charismas, und wieder das komplett unmotivierte Ende beim Start in den halluzinogenen Jam, anstatt sich leger gehen zu lassen. Ob in diesen knapp 49 Minuten Gesamtspielzeit die Steilvorlage für mitreißendere Live-Ausflüge stecken könnten bleibt vorerst offen, sicher ist aber, das sich aus dem vorhandenen Material zumindest eine gute EP hätte destillieren lassen. Kein Grund aber die gefühlt aus dem Nichts kommende Supergroup wegen der damit einhergehenden Ernüchterung gleich wieder abzuschreiben.

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