AFI – Silver Bleeds the Black Sun…

Ohne Angst vor Klischees oder optischen Strohfeuern haben die niemals um ein neues Image verlegenen AFI mit Silver Bleeds The Black Sun… den idealen Sound gefunden, um in Würde älter werden zu können. Jetzt fehlen ihnen eigentlich nur noch die wirklich starken Songs dafür.
In einem kitschigen 80er-Pastiche, der auf eine Alternativen Realitätsschiene parallel zu Blaqk Audio im Gothic Rock, Post-Punk und Dark Wave, das sich ungeniert aus dem Erbe der Sisters of Mercy, The Cure oder Bauhaus speist, und damit keineswegs einen Bruch im Kosmos der Band sorgt, sind Schwächen in der Qualität des Songwritings allgegenwärtig. Gerade im wie Öl runtergehenden, jedoch kaum Reibung erzeugenden, Robert Smith und Peter Hook verdammt vie schuldenden Trio aus Ash Speck in a Green Eye, Voidward, I Bend Back (bei dem Adam Carson endgültig gegen eine Drummachine getauscht worden sein könnte) und dem etwas zwingender mit The Smiths-Pop flirtenden Marguerite zu, nun ja, Tage – das sind Ohrwürmer ohne Killer-Instinkt, die, statt den Hit zu packen, alsbald wieder vergessen sind.
Wie es ginge zeigt dabei doch schon zuvor Holy Visions, das höchstens rhythmisch zu monoton in die ohne Raffinesse auskommende Disco joggt.
Aber auch darüber hinausgehend hat das generell unausgegorene Silver Bleeds The Black Sun… mit Problemen zu kämpfen.
Das beginnt mit den stärker in den Western des Deathrock gelehnten Ausflüge – in der Distanz poltert The Bird of Prey über die Prärie, verdichtet seinen Synth-Schimmer immer weiter, verwaist jedoch als einsamer Epilog, weil das Doppel aus Blasphemy & Excess und Spear of Truth zwischen den Stühlen sitzt und wahllos im Sequencing platziert scheint: vom Americana-Flair in den Strophen wollen die Nummern in ihren Refrains zu gediegenen Stadion-Hymnen. Allerdings schafft es die dabei zelebrierte Theatralik nicht, mit wirklich verzweifelter Hingabe zu packen oder auf den Punkt zu finden.
Dass gerade das zweite der beiden Stücke im Herbeizitieren des High Noon durch die Addition eines sinfonischen Spektrums ein toller Closer gewesen wäre, lenkt die Fehlersuche dann auch direkt zum Finale – wo die Schönheitsfehler der Platte, um es vorwegzunehmen, nicht enden werden, weil das sich durch die immer mal wieder eingestreuten langen, redundanten Einleitungen auch mit einem stimmigeren Sequencing keine Ideallinie destillieren ließe.
Das Atemholen A World Unmade ist grundlegend epischer angelegt, bleibt aber konsequenzlos und gönnt sich symptomatisch gar ein billiges Fade Out. Obwohl Nooneunderground danach ohnedies so enervierend lange benötigt, um in Gang zu kommen – und als punkiges Energiebündel auf halbem Weg zu Christian Death mit markig treibenden Bass ziemlich deplatziert in der Luft hängend entlässt.
Der als Blickfang dienende Vorbote Behind the Clock bleibt als Grower insofern das einzig wirklich herausragende Highlight. Nahe dem Eingang von You Know You’re Right gebaut geht die Band hier mit tiefem Gesang, pathetischer Melodramatik und lauerndem Tieftöner durch eine tolle Hook schließlich so nachhhaltig all in – mit Selbstvertrauen und Sicherheit, bestechend. Dass selbst hier die Ästhetik die Intensität der Emotionen dominiert und sogar dämpft, lässt sich zwar nicht abstreiten. Doch in dieser Auslage darf die bald 35 Jahre aktive Band gerne weiterreifen.
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