2022: Honorable Mentions
Wie jedes Jahr gab es auch heuer wieder einige Platten, die nachhaltige Eindrücke hinterlassen haben, ohne deswegen aber zwangsläufig Plätze in der Top 50-Rangliste zu ergattern. 15 Davon bekommen hier einen außerordentlichen Platz im Rampenlicht abseits der Hauptbühne.
2022 war auch ein bisschen die Zeit einiger alter Helden, die zurück zur Form gefunden haben: Placebo, die Yeah Yeah Yeahs, Band of Horses, Korn, Death Cab for Cutie, Machine Head … – sie alle lieferten über den Erwartungen ab und waren plötzlich nicht mehr auf den gewissen Nostalgiebonus als primäres Wohlwollen angewiesen. Ganz zu schweigen von Legenden wie Gospel oder City of Caterpillar, die sich urpsrünglich nach jeweils einem maßgeblichen Meisterwerk verabschiedet hatten, und nun, zwei Dekaden später, direkt dort anschließen konnten.
Dass dann Bands wie Slipknot, Bush oder Coheed & Cambria ebenfalls die nach oben zeigende Formkurve bestätigen konnten: spitze! Und Guided by Voices behalten ihr kultiviertes Hoch nach der Reunion ebenso bei. Mit relativen Enttäuschungen wie dem tollen Zweitwerk von A.A. Williams konnte man freilich sowieso absolut gut leben – die Smashing Pumpkins oder The Mars Volta haben dieses Jahr jedoch wirklich niemandem einen Gefallen mit ihren Sequel/ Comeback-Ambitionen getan. Ganz zu schweigen von Machine Gun Kelly.
Auch erwähnenswert wären insofern wohl die meistgelesenen (im Jahr 2022 verfassten – und exklusive der Jahrescharts 2021) Artikel auf Heavy Pop der vergangenen 12 Monate.
Bei den Langspielern wären das von Platz 3 auf Platz 1 ziehend die Besprechungen zu Muse (Will of the People), Ryan Adams (Nebraska) und Deathspell Omega (The Long Defeat), bei den Konzertberichten zu The Smile, Die Ärzte und Slipknot.
| HM | EPs | 50 – 41 | 40 – 31 | 30 – 21 | 20 – 11 | 10 – 01 | Playlisten |
A Canyon in the Sea – Lost Landscapes
Review | Spotify
Am Ende des überragenden Postrock-Jahres 2021 konnte man gefühlt einen Pfeil blind auf die Weltkarte werfen und die Chancen standen in nahezu jedem Fall gut, einen Teil der Erde erwischt zu haben, in der gerade eine tolle Genre-Platte entstanden war.
Zwölf Monate später sieht die Sachlage abseits der (mal kurzen, mal ausführlichen) Zuverlässigkeit etwaiger üblicher Verdächtiger etwas anders aus: der große Postrock-Knall blieb diesmal aus.
Umso schöner ist es, dass man für eines der wenigen 22er-Highlights der Szene den Blick gar nicht weit schweifen lassen muss: Das Ein-Mann-Projekt A Canyon in the Sea aus Graz hat eine Heimat auf dem Wiener Qualitäts-Label Polawa Records gefunden und mit Lost Landscapes ein Debüt aufgenommen, das vielleicht keine originären Ansprüche erfüllt, nach allen Regeln der Postrock-Kunst aber seine eklektischen Hausaufgaben mit viel atmosphärischem Charisma gemacht hat – und dem Highlight We’ve Met Before Haven’t We sogar eine Blackgaze-Abfahrt gönnt. Ein Album jedenfalls, das sich wie die vetraute Neuentdeckung einer alten Liebe anfühlt.
Tim Bernardes – Mil Coisas Invisíveis
Review | Spotify
Nach einer stressigen Tour mit seiner Band O Terno beschließt Tim Bernardes, seines Zeichens übrigens Sohn von Maurício Pereira und Bruder Chico Bernardes, dass er als Ausgleich nun Zeit für sich braucht – und findet fünf Jahre nach seinem Solodebüt Recomeçar endlich die Zeit und Einkehr für ein betont unangestrengt durchatmendes Zweitwerk, das über tausend unsichtbare Dinge sinniert, aber einem offenkundigem Zauber artikuliert.
In einem zarten kammermusikalischer Singer-Songwriter-Zeitunnel schwelgt der 31 jährige Mann aus São Paulo in nostalgischen Träumen an MBP-, Indie, Folk, Tropical- und auch Samba-Elemente, singt mit seiner betörenden Stimme über einen soften Instrumentarium im angenehm warmen Pop-Sound, das aus den 60ern ins Jetzt flaniert, exquisit arrangiert betörendes Songwriting pflegt und von einer melancholischen Intimität ohne Anstrengung zu opulenten Gesten wechseln kann. Kooperationspartner wie Bühnenkumpel und Singles-Spezi Fleet Foxes-Boss Robin Pecknold oder Devendra Banhart sind da ebenso adäquate Referenzpunkte wie Salvador Sobral – und die etwas unfokussierte Länge von Mil Coisas Invisíveis dem kultivierten Eskapismus eigentlich sogar zuträglich.
Black Midi – Hellfire
Review | Spotify
Was dem Schrödinger seine Katze, ist Black Midi ihr Hellfire?
Zumindest nimmt das Drittwerk der jungen Briten in direkter Relation zum Vorgänger aus dem vergangenen Jahr eine regelrecht paradoxe Haltung ein. Hellfire bringt, was auf Cavalcade noch säuberlicher in ruhig croonendes hier, und ungestüm feuerwerkendes Material dort getrennt wurde, nun zusammen – ein einzelner Songs kann nun in einer Sekunde elaboriert streicheln und einen Wimpernschlag später so hemmungslos eskalieren, als wäre es die natürlichste Sache der Welt.
Was eben eine ganzheitlichere, organisch geschlossenere Ausstrahlung hat, und die komplett wirkenden Kompositionen samt der unbändigen Performance gleichzeitig wieder deutlich sprunghafter, impulsiver und unberechenbarer als zuletzt anmutenlässt. Die emotionale Tragfähigkeit wird dadurch zwar leider beschnitten, doch das funkensprühende Prog-Art-Spektakel der Band wahr womöglich niemals wahnwitziger: gleichzeitig lebenshungrig wie nur was und ein körperliche Limitierungen zurücklassender Rausch aus Chaos und perfekter Kontrolle ist Hellfire ein verdammtes Perpetuum Mobile.
Bríi – Corpos Transparentes
Review | Spotify
Kaatayra scheint tatsächlich Geschichte zu sein, doch Caio Lemos wird nicht langweilig: mit Bakt, Rasha und Vauruvã hat er 2022 (ausnahmslos abliefernde) Alben veröffentlicht – und dort nebenbei auch seine Teamfähigkeit weiter gefordert.
Und dann war da ja noch Bríi, mittlerweile wohl sowas wie das Flaggschiff von Lemos als Solo-Künstler. Auch, weil dem Brasilianer auf Corpos transparentes, dem Drittwerk dieser Spielwiese, die auf dem Drahtseilakt zwischen Blastbeat und Breakbeat die Symbiose aus avantgardistischem Atmospheric Black Metal und elektronischen Tanzflächenexperimenten hin zum Drum and Bass gerade auch angesichts der gestiegenen Ambitionen, Einsätze und Risiken so schlüssig – wenngleich nicht makellos – gelang, wie nie zuvor (oder auch: noch ansatzloser als dem ähnlich interessierten Workaholic-Kollegen von Trhä).
Bleibt die Entwicklung und die Frequenz an Albenveröffentlichungen von Bríi so konstant wie bisher, könnten wir 2023 mit einem Werk jenseits von Inpariquipê zu tun bekommen.
Drug Couple – Stoned Weekend
Review | Spotify
Stoned Weekend liefert mehr als alles andere vor allem Zeugnis darüber ab, wie gut es Miles (Benjamin Anthony) Robinson – auch dank seiner Frau, der ehemaligen Rosebug-Sängerin Becca Chodorkoff, der insgeheim die besten Momente hier gehören – mittlerweile geht. Die suchtinjizierten harten Dämonen von einst scheinen jedenfalls einer dem Gras nicht abgeneigten Lebensfreude gewichen zu sein, die auf Stoned Weekend in einer unbeschwert-nebensächlichen Melange aus Pop, Country und Alternative mündet.
Dass das charismatische, liebenswürdig unspektakuläre Debütalbum des Drug Couples auch deswegen nicht die schockierende emotionale Intensität von Miles‘ selbstbetitelten Mahnmal von 2008 erreichen kann und will, nimmt man insofern gerne in Kauf – es muss schließlich nicht immer in die Tiefe gehen, bis es wehtut, wenn die latent oberflächlich bleibende Unterhaltung durch famose Kleinode wie Wyld Chyld und eine grundlegende Dichte an toll produzierten einnehmenden Melodien auch so verspricht, gerade in Zukunft noch viel Vergnügen mit diesem Duo haben zu können.
Gatherers – ( mutilator. )
Review | Spotify
“ ( mutilator. ) “ mag zugegebenermaßen subjektiv anfangs vor allem die Funktion erfüllt haben, als Trostpflaster für die Abwesenheit von Brand New und Glassjaw herhalten zu müssen. Eine Rolle, die das vierte Studioalbum von Gatherers wahlweise immer noch dankbar erfüllt – über die die 35 Minuten der Platte letztendlich aber doch auch merklich gewachsen sind.
Mit einem Schritt heraus aus der direkten assoziativen Nahdistanz greifen das Songwriting und die Atmosphäre mittlerweile nämlich schlüssig ineinander, die Leidenschaft des Emo-Post Hardcore funktioniert tatsächlich wahlweise auch ganz ohne Nostalgie. Die Vertrautheit der catchy Hooks zündet zwar wie Manieren, die untrennbar an die Sozialisierung durch die richtigen Idole geknüpft ist, doch die dafür benötigte Klasse wiegt mit ein wenig Abstand schwerer als das dabei liegen gelassene Potenzial. Soll heißen: Gatherers laufen mit “ ( mutilator. ) „ niemandem den Rang ab, haben aber ein waschechtes Windschatten-Lieblingsalbum geschaffen.
The Haunted Youth – Dawn of the Freak
Review | Spotify
Inmitten so vieler toller Shoegaze-Veröffentlichungen hat es Joachim Liebens kurz vor dem Jahresausklang doch noch geschafft, mit seiner Band rund um all die sich seit Jänner 2021 ansammelnden Singles ein feines Indierock/Dreampop-Debütalbum zu vollenden, das trotz seiner zutiefst eklektischen DNS aus der Masse aufzeigt – mit einem praktisch ausfallfreien Händchen für nostalgisch gespeiste Ohrwürmer, die eine breite Auftrittsfläche bieten.
Doch während der Belgier „Empire of the Sun, MGMT, 90’s rave music, 80’s dance pop, ABBA, Blondie, and Madonn“ als seine größten Einflüsse listet (was anhand der 43 Minuten von Dawn of the Freak mal mehr, mal weniger nachvollziehbar erscheint), ist der Einstand von The Haunted Youth im Grunde vielmehr ein Geschenk für jeden, der in der Schnittmenge aus The Pains of Being Pure at Heart, The War on Drugs, M83, Beach House Slowdive, DIIV oder Grivo eine unkomplizierte Komfortzone sucht.
Mord’A’Stigmata – Like Ants and Snakes
Review | Spotify
Wer Mord’A’Stigmata in den vergangenen Monaten live erlebt hat, wird von Like Ants and Snakes nicht auf dem falschen Fuß erfasst worden sein: seit Mai herum stellt ein Gutteil des Albums die aktuelle Setlist.
Wer die Polen seit (dem die Weichen für das nun drei Jahre später folgende Sechstwerk bereits so prophetisch stellende) Dreams of Quiet Places von 2019 allerdings ein wenig aus den Augen verloren hat und nun beispielweise erst wieder in ihrer Funktion als Support zwischen Ulcerate und Mgła auf das Quartett aufmerksam geworden ist, den könnte der Status Quo schon überraschen: Die Pandemie hat als Brandbeschleuniger für die Evolution von Mord’A’Stigmata fungiert und die Band stilistisch im Spannungsfeld aus Goth, Darkwave und Jazzrock in Position um das Erbe von Type 0 Negative, The Cure, Sisters of Mercy oder Fields of Nephilim gebracht. (Sogar knapp die Brüder im Geiste von Sunrise Patriot Motion überholend.)
Ou – One
Review | Spotify
Eine grotesk charakterstarke und sicherlich auch phasenweise nicht unanstrengende Chimäre aus Fernost: Ou aus Peking spielen auf ihrem Erstlingswerk One eine eigenwillige Mischung aus Dream Pop und Progressive Metal, die nach dem Ohrwurm-Hit Mountain über weite Ambient-Passagen und gefinkelte Avantgarde-Tech-Virtuositäten eine Symbiose aus frickelnder Hysterie, stylishem Spielwitz und anmutigem Wohlklang sucht.
Zugegeben: Ein wenig Feinschliff mag One – mit seinen beiden in Aussicht gestellten Grammy-Nomminierungen – dann vielleicht in letzter Konsequenz abgehen, doch das geht absolut in Ordnung. Ou klingen originell, aufregend, einzigartig und sowieso so, als würden sie direkt aus einer grellen Zukunft kommen, für die ohnedies noch niemand bereit ist – und den Werdegang des Quartetts dorthin, lso gewissermaßen auch auf dem Weg zu seiner potentiellen Blütezeit, mitzuverfolgen, versetzt schon jetzt in eine herausfordernde Vorfreude.
Orville Peck – Bronco
Review| Spotify
Der Country (und seine umliegenden Gefilde) wurde 2022 ja wahrlich gehaltvoll bedient, auch aus unerwarteten Quellen: Während etwa sogar Angel Olsen oder Wilco in diese Richtung unterwegs waren, konnten es sich verdiente, unangepasste Superstars der Szene abseits des Mainstreams leisten, sich ohne Gedanken an den primären Fanservice in ambivalente Konzepte zu ergehen oder langgehegte Familienträume zu erfüllen.
Dass Orville Peck derweil so demonstrativ mit dem puren Pop flirtet, wie selbst auf Show Pony noch nicht, wäre hingegen auch ohne diese Rahmenbedingungen absehbar gewesen: Bronco ist mit der triumphal eingesetzten Breite einer Major-Produktion die massentaugliche Zusammenstellung eines guten Dutzends an Hits und Ohrwürmern geworden, die den Country als Blockbuster-Rückgrat zwischen zwischen Elvis, Roy Orbison, Chris Isaak und Cher croonend oft nur noch in ästhetischer Hinsicht nutzen. Das suhlt sich so selbstbewusst in der großen Geste, dass man bei aller Liebe endgültig bei dem Punkt angekommen ist, an dem die publicityträchtige Maskierung ein Gimmick ist, das unnötig von den Qualitäten des Elton John-Fans mit der überwältigenden Stimme abzulenken droht.
Placebo – Never Let Me Go
Review | Spotify
Die Rückkehr von Placebo wird im Rückblick sicherlich nicht ohne den irritierenden Beigeschmack auskommen, den die laufende Tour der Band hinterließ: Die rigoros kontrolliert werdende Bitte der Briten, auf den Einsatz von Smartphones während der Shows zu verzichten, um eine bessere Connection zwischen Musikern und Publikum herzustellen, ist absolut nachvollziehbar und grundlegend ja auch wirklich eine begrüßenswerte Maßnahme, um der nervtötenden Filmerei auf Konzerten Herr zu werden. Dass Olsdal und viel mehr noch der komplett desinterissiert an den Umständen der Auftritte wirkende Molko selbst dann allerdings über weite Strecken der Sets so teilnahmslos agieren, als hätten sie null Bock, die angestrebte Verbindung zu ihren Fans überhaupt zu suchen, kann mit ambivalenter Botschaft eben zumindest sehr wundern.
Dass das Duo derweil nahezu nur aktuelle Songs spielt passt. Sein Comeback mit Never Let Me Go ist nach neun Jahren Pause schließlich der endlich wieder der weitestgehend geglückte Anschluß an Qualitäten, die nach Meds verloren schienen und ein Spagat, der Nostalgiker ebenso glücklich machen kann, wie er die Band selbst mit frischer Motivation vor der Kategorisierung als Legacy Act bewahrt. Womit Never Let Me Go übrigens in einer die Erwartungshaltungen regelrecht euphorisierend übertreffenden Reihe mit ebenso versöhnlichen Platten wie Cool it Down, EBM oder Asphalt Meadows steht, dabei aber vergleichsweise hauchdünn die etwas bessere Bilanz in der Schnittmenge aus Heavy Rotation und Halbwertszeit vorweisen kann.
Roaming in Limbo – Permutations
Review | Spotify
Daniel Gorseling alias Roaming in Limbo hat für die neun Tracks von Permutations auf einen schier uferlosen Pool aus Samples zurückgegriffen – erahnbar bleiben davon höchstens eine Handvoll (wie vor allem Running Up that Hill in Night of the Long Knives, das dem unerwarteten Kate Bush-Hype nach einer grottigen Staffel Stranger Things zuvorkam. Der Rest wird von dem norwegischen Teenager mit eigener Handschrift zu einem collagenhaften Hybrid aus postindustriellem Ambient, Downtempo-Plunderphonics-Basteleien und minimalistischen Elektro-
Nach einer schnell nachgeschobenen, sehr guten EP lesen sich die Liner-Notes zum Einzelgänger Streetside Downpour insofern doppelt besorgniserregend, weswegen zu hoffen bleibt, dass es dem innerhalb weniger Monate so eindrucksvoll über den Talente-Status hinausgewachsenen Gorseling bald wieder besser geht.
Tom Skinner – Voices of Bishara
Review | Spotify
Tom Skinner hat wahrlich ein eindrucksvolles Jahr hinter sich – wenngleich es das letzte im Gefüge seiner Band Sons of Kemet war. Mit Beth Orton hat der Ausnahmeschlagzeuger beispielsweise deren bestes Album seit gefühlten Ewigkeiten aufgenommen (oder aber: einen fantastischen Nachfolger zu An Overview on Phenomenal Nature vorweggenommen?), er hat Alabaster DePlume oder Tom Herbert unterstützt – und natürlich die Radiohead-Süchtigen dieser Welt mit mehr als nur einem veritablen Mathadonprogramm versorgt.
Dass sein (sich wie eine EP anfühlendes) Solodebütalbum Voices of Bishara in diesem Trubel gefühlt ein bisschen abseits der breiten Wahrnehmung stattgefunden hat, ist vielleicht angesichts all der anderen, höhere Wellen schlagenden Spektakel, an denen er beteiligt war (zumal in einem sowieso sehr feinen Jazz-Jahrgang) vielleicht schon irgendwo nachvollziehbar, aber dann eben doch auch angesichts der Tatsache, dass das Schaffen des Londoner Drummer spätestens seit vergangenem Jahr auch abseits etwaiger Experten-Zirkel längst registriert wird, ziemlich irritierend. Immerhin trumpfen Skinner und seine kongenialen Mitstreiter hier mit einem technisch ebenso versierten wie auch ohne Genre-Diplom kurzweilig unterhaltsam genießbaren halben Dutzend auf, das schon auch als Gateway-Sammelsurium verstanden werden darf.
When Knives Go Skyward – A Thousand Miles of Rope
Review | Spotify
Streng genommen mag A Thousand Miles of Rope aus dem Jahr 2007 stammen – wurde allerdings hinter einem unablässigen Strom aus Demos und sonstigen von der Band verbreiteten Song-Versionen nie veröffentlicht.
15 Jahre später machen Brüllmuskel Chad Kapper (Frontierer, A Dark Orbit) und Gitarrenagressor Joshua Travis (Emmure, Glass Cloud, Monuments, The Tony Danza Tapdance Extravaganza) im Sog der Zusammenkunft auf No Rest allerdings nicht nur Nägel mit Köpfen und haben via Bandcamp alles rausgehauen, was das When Knives Go Skyward-Archiv so hergibt – sondern düpieren mit der finalen Version von A Thousand Miles of Rope als Monolith und heiliger Szene-Gral auch heute noch das Gros der Konkurrenz im Djent-geübten Math/Metalcore.
Insofern: Ganz egal welche Jahreszahl hier draufsteht – Ablaufdatum hat diese frühe Machtdemonstration sowieso keines.
Wiegedood – There’s Always Blood At The End Of The Road
Review | Spotify
Zugegebenermaßen hat There’s Always Blood At The End Of The Road (im Gegensatz zu mindestens ebenbürtigen grandiosen, mal mehr, mal weniger nahverwandten blackmetallischen Platten wie Aveilut, Island, Vat gëlénva!!! oder All That Has Never Been True) die persönlichen Impressionen einer vor der eigenen Haustür vorbeiführenden frenetischen Tour (als gefühlter Endpunkt unzähliger pandemiebedingter Konzertabsagen …noch durchgezogen vor all den unzähligen inflationsbedingten Konzertabsagen) als zusätzlichen Bonus im Rücken, die dafür gesorgt haben, dass der Unterhaltungswert dieser 45 Minuten auch über den Plattentellerrand hinaus nachzieht.
Auch so wäre das bisher beste Album von Wiegedood allerdings ein konstanter Begleiter durch ein fabelhaftes Metal-Jahr gewesen – mit seinem relativ barrierefreien, sofort zündenden Zugang und einer erstaunlichen Halbwertszeit, die rund um den Oberton-Übersong Now Will Always Be mit all ihren catchy Riffs einfach immer wieder kurzweiligen Bock macht.
Marjo - 30. Dezember 2022
Awesome list ! Well substantiated and great variety.