Beach House – Become
Physisch exklusiv für den zum Unding verkommenden Record Store Day veröffentlicht, praktisch unmittelbar darauf aber auch digital verfügbar gemacht: Become bietet fünf Überbleibsel des Beach House-Opus Magnum Once Twice Melody.
„We didn’t think they fit in the world of OTM, but later realized they all fit in a little world of their own. To us, they are all kind of scuzzy and spacious, and live in the spirit realm. It’s not really where we are currently going, but it’s definitely somewhere we have been.“ erklären Alex Scally und Victoria Legrand.
Worüber man, angesichts der Tatsache, dass das ausfallfreie 2022er-Werk des Duos sich neben einer gewissen Routine ja ohnedies höchstens die sowieso zu lange ausgefallene Spielzeit vorwerfen lassen musste. Ganz ehrlich: was hätten im ohnedies nur sehr bedingt schlüssigen Sequencing der EP-Compilation Once Twice Melody, das in Summe offensichtlich andere Ziele hatte, als die Achse aus Effizienz und Qualität kompakt zu destillieren, fünf weitere Songs schon großartig geschadet, wenn man so oder so bereits zuviel des Guten zumutete? Gerade auch, weil die 25 Minuten von Become das Niveau des Hauptwerkes (obgleich nicht von dessen Highlights, wohlgemerkt!) mehr oder minder ja auch beinahe halten.
Ohne kompositionelle oder ästhetische Überraschungen zu liefern, legen Beach House hier jedenfalls in jeglicher Hinsicht zutiefst typische Nummern nach, die dem Beach House-Kosmos keine neue Facetten hinzufügen, jedwede Redundanz jedoch aufgrund der Schönheit des Songwritings und der ungebrochenen Anziehungskraft der Patent-Atmosphäre der unfehlbaren Dream Pop-Instanz freilich ausschließen.
American Daughter erwacht etwa aus wattiert wummernden Drone-Schleifen mit oszillierenden Gitarren, baut Spannungen auf, als gelte es das Finale eines pathetischen Films in den Himmel hebend zu untermalen, brutzelt aber verhalten, bevor die Nummer hinten raus die Handbremse löst und sich in einen geschmeidig zum Alternative tendierenden Groove gleiten lässt, mit wirbelnd drückendem Schlagzeug, wobei der Mix klarstellt, dass der Rock nicht das primäre Ziel der Band ist.
Devil’s Pool hat man so ähnlich schon unzählige Male von der Band gehört, mit seinen vertrauten Drum-Pattern, entschleunigtem Geschrammel, viel Hall am Gesang von eigentlich formelhaften Texten entlang einer verträumte Melodie… nur was ist das wieder für eine wunderbar schwelgende Sehnsucht, die malerisch-orchestrale Arrangements so flüchtig wie zufällig vorbei flanieren lässt! Malen nach Zahlen, wenn man so will – jedoch eben im absolut nicht negativen Sinne.
Das gilt auch für das zum R&B tendierende, hypnotisch seine Schleifen als Ohrwurm ziehende Holiday House, das seine Repetition funkelnd in eine glitzernde Patina gleiten lässt, als wäre es eine Erinnerung an ein Richard Donner-Märchen aus anderen Realitäten. In Black Magic perlen die Gitarren maritim als schimmernde Meeresoberfläche und übersetzen den kontemplativen Schwung hinten raus auch auf einen minimalistischen Beat. Das zurückhaltende Titelstück schwelgt im Weltraum mit Streichern, bittersüßen Gesangs-Hintergründen und Schellen zur langsam in Gang kommenden Melancholie eines Lagerfeuer-Geplänkels, subversiv und unscheinbar, zum Abschied behände von einem Schlagzeug in die Arme genommen, und den Kreis der EP mit einer heroischer polternd angedeuteten Wucht schließend, ohne wirklich vordergründig einzuwirken.
Auch wenn die EP Become dabei zugegebenermaßen keine Euphorie freisetzt, keine Gänsehaut entsteht und man wohl keiner der fünf Songs über den Status eines Deep Cut-Lieblings in den Fußnoten hinter dem besten Material der Band hinauskommen wird (und insofern zugegebenermaßen eher die Fanbrille zwischen den Punkten liegend wertungstechnisch aufrunden lässt – weil man eben auch instinktiv und aus Erfahrung weiß, dass man sich in den angenehm genormten Songs der Band seit langem unmittelbar heimelig fühlt,, sie aber oft nichtsdestotrotz erst heimlich, still und leise ins Herzen schließt), spricht es dennoch Bände, wie erstaunlich es ist, dass zumindest subjektiv empfunden trotz einer solch erschlagenden Masse an Beach House-Songs in jüngerer Vergangenheit nach der starken Frischzellenkur 7 der (hier durchaus facettenreich dargebrachte, aber wenig aufregende, eher die standardisierte Klasse des Gespanns aufzeigende) Baukasten weiterhin kaum ein Übersättigungsgefühl mitschleppen muss.
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