Black Rebel Motorcycle Club, Transfer [04.04.2013 Gasometer, Wien]

von am 5. April 2013 in Featured, Reviews

Black Rebel Motorcycle Club, Transfer [04.04.2013 Gasometer, Wien]

Der bestens aufgelegte Black Rebel Motorcycle Club bleibt live trotz des logischen Fokus auf dem aktuellen, strauchelnden siebenten Studioalbum sowie einer leicht zerfahrenen Setlist in suboptimaler Umgebung grundsätzlich eine sichere Bank in Sachen Rock’n’Roll-Exzessivität.

Pünktlich um 20.00 Uhr eröffnen Transfer den Abend. Das stilecht gewandete Rock-Quartett hat in seiner Vita bisher Support-Acts für Mona, White Lies oder Brandon Flowers vermerkt und lässt auch keine Fragen offen warum das so ist. Man serviert so druck- wie kraftvoll an den Mechanismen der Stadiontauglichkeit geschulten Rock, die Ärmel dabei stets weit aufgekrempelt um zur ausladenden Geste auszuholen. Sänger Matthew Molarius positioniert sich dafür kehlig zwischen Mona’s  Nick Brown und einer abgeklärten Version der beiden Mando Diao-Vorstände Norén und Dixgård, Schlagzeuger Andy Ridley hat ein Faible für auf den Punkt gebrachte Stimmungsexplosionen und dauerbearbeitete Becken.

So solide Transfer dabei ihre Rolle als Anheizer erfüllen, so dezent macht sich in dem mit nur 30 Minuten knapp bemessenen Auftritt auch die Erkenntnis bereit, warum sich die Band aus San Diego bisher primär als souveräne Vorband einen Namen machen durfte: das Quäntchen Unverwechselbarkeit fehlt ebenso (noch) wie die genialen Ideen, die aus guten Rocksongs schlichtweg überragende machen können. Transfer darf man dennoch schon jetzt in guter Erinnerung halten – weil der Gesamteindruck mit der geschickt gesetzten Setlist aufgebessert wird: die stärksten Songs zu Beginn blenden folgende Durststrecken aus, mit dem Metal-infizierten ‚White Horse‚ entlässt man zudem hinten raus mit starker Duftmarke – und für die Zukunft auf dem Radar.

Eben jenes Gespür für unbedingt zwingende Spannungsbögen scheint dem Black Rebel Motorcycle Club momentan ein klein wenig abhanden gekommen zu sein. Das eröffnende Quartett aus ‚Let The Day Begin‚, ‚Rival‚, ‚Red Eyes and Tears‚ und ‚Hate the Taste‚ funktioniert jedenfalls nur ansatzweise als Eisbrecher: die aktuelle Cover-Single ist ein guter Song, aber kein idealer Opener mit Ausrufezeichen. Der mit bratziger Gitarre flott über seine Psychedelik hinwegblickende Vertreter von ‚B.R.M.C‚ ist hingegen etwas hilflos eingeklemmt zwischen die beiden flott nach vorne gehenden, mit Abstand uninspiriertesten Black Rebel Motorcycle Club-Songs des guten ‚Specter at The Feast‚, ihrem bisher schwächsten Albums.

Eben dieses wird natürlich in den kommenden knapp 2 Stunden jedoch in aller Ausführlichkeit zelebriert, noch aber will der Funke vor allem bei den Klassiker-erprobten Hits der Band überspringen. Das führt das folgende Gespann aus ‚Beat the Devil’s Tattoo‚, ‚Whatever Happened to My Rock ‚N Roll‚, ‚Ain’t No Easy Way‚, ‚Berlin‚ und ‚666 Conducer‚ so eindrucksvoll wie auf Nummer Sicher gehend vor. Der gut gefüllte Gasometer kanalisiert hier in gar nicht so dezenten Ansätzen ein über die vordersten Reihen hinausgehendes Euphoriegefühl, der Black Rebel Motorcycle Club feiert in der immer wieder beklemmenden Umgebung seine eigene kleine Rock’n’Roll-Gospel-Zeremonie. Das zahlreich erschienene Publikum (die Arena wäre wohl wirklich zu klein gewesen!) frisst der Band in diesen Momenten förmlich aus der Hand. Nach dem fabelhaften ‚Returning‚ ebbt die Durchschlagskraft der Perfomnce jedoch zugunsten des kommenden, provozierte Dynamikumbruchs ab.

Mercy‚ wird als intensiv-melancholische Solonummer vom ausnahmsweise nicht in perfekter Johnny Cash-Pose geworfenen Robert Levon Been intoniert, für ‚Devil’s Waitin‘‚ gehört die Bühne dann bis auf das pastorale alleine Finale Peter Hayes. Dass vor allem zweiterer Song frenetisch bejubelt wird hindert natürlich zahlreiche Besucher nicht am lautstarken Smalltalk und dem dringenden Gang zur nächsten Schenke. Und so atmosphärisch eindringlich das zurückgefahrene Spektakel sich auch plötzlich gibt: die so dringend für derartige Songs benötigte Intimität will sich in einer Location wie dem Gasometer nicht unbedingt einstellen.

Über das dichte ‚Fire Walker‚ nimmt der Abend über die schwermütige Pianowalze von ‚Windows‚ dann trotz kleinerer technischer Schwierigkeiten wieder an Fahrt auf, bevor es noch einmal Schlag auf Schlag mit der Berg-und-Talfahrt geht: mittels der Umwege zu dem begeisternden ‚Conscience Killer‚, dem makellosen Fuzz und Bassriff-Mutanten ‚Stop‚ sowie dem unsterblichen ‚Love Burns‚ landet das Trio wieder bei neuem Material: ‚Lullaby‚und ‚Funny Games‚ sind per Definition keine schlechten Songs, fallen aber qualitativ doch klar gegen das ältere Material ab, sorgen zudem im letzten Viertel der Setlist für Längen in der Setlist. Mit dem knallenden Finale aus einem ausladend zelebrierten ‚Six Barrel Shotgun‚ und dem immer funktionierenden ‚Spread Your Love‚ sind diese jedoch beinahe vergessen.

Für die zwei Songs der Zugabe macht der Black Rebel Motorcycle Club dann jedoch auf eigenwillige Art wieder viel richtig, obwohl natürlich zahlreiche Fan-Favoriten trotz der prallen Spielzeit durch den Rost fallen müssen: ‚Sell It‚ ist live noch wuchtiger als auf Platte, das epische ‚Lose Yourself‚ ohnedies ein magischer Gänsehautmoment. Spätestens ab der nächsten Tour und  einiger Verinnerlichung seitens der treuen Gefolgschaft der Band werden hierzu wohl in Zukunft zahlreiche Feuerzeuge in den Himmel gereckt werden. Bereits jetzt entlassen Peter Hayes, Robert Levon Been und Leah Shapiro mit der Nummer wenn schon nicht aus einem makellosen Konzertabend, dann doch zumindest aus einem weitestgehend zufriedenstellenden. Einem, der zudem  vor Ohren führt, dass der Black Rebel Motorcycle Club selbst in schwächelnden Phasen den meisten Kollegen immer noch unheimlich viel voraus hat.

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