Gallops – Yours Sincerely, Dr. Hardcore

von am 6. Februar 2013 in Album

Gallops – Yours Sincerely, Dr. Hardcore

Was nach den ersten Blick auf Bandnamen, Albumtitel und musikalischen Strukturen nach ödem Auftauen von Battles und Konsorten aussehen mag, entpuppt sich bei der genaueren Auseinandersetzung als mehr als nur kompetentes Debutalbum der Walisischen Mathrocker. Den Nintendocore von Horse the Band weitergedacht, vertritt man eher die Japanische Schiene des Genres.

Unvermeidlich zieht man bei den ersten Hördurchgängen von ‚Yours Sincerely, Dr. Hardcore‚ (neben Mogwai, bei denen der Rückschluss auf die Qualität des letzten Albums über den holprigen Gebrauch der so fremden Musikrichtung im Titel auch schon in die Irre führte) gedanklich Parallelen zu den New Yorkern Battles, wobei in erster Linie wieder klar wird, dass diese zumindest mit ihrem Debutalbum ‚Mirrored‚ den Sound der späten 2010er nicht nur reflektiert haben wie wenig andere Experimentalrocker, sondern den Stil von Pionieren wie Don Caballero auch (Indie-)Salonfähig gemacht haben. Ganz fair ist das natürlich nicht, denn dafür, dass die Messlatte im Genre derart hoch gelegt ist, können die Waliser im Endeffekt ja nichts. Tatsächlich veröffentlichten Gallops im Jahr 2010 eine vernünftige, selbstbetitelte EP, die bereits ein erstes Bild von der technischen Kompetenz, der Freude an instrumentalen Hooks und dem typischen 8 bis 16bit-Sound, wie ihn zum Beispiel Horse the Band als selbsternannte Nintendocoreler vertreten, vermittelte.

Die positiven Vorzüge der rein instrumentalen Ausrichtung der Band werden schon im Opener ‚Astaroth‚ schnell klar – es geht um Impact, der hinterlassene Eindruck ist ein mächtiger. Ein abgehacktes Beatgeklacker, das so auch bei Boards of Canada niemanden überraschen würde, wird schnell von halbepischen 80er Actionfilmsynthies überlagert, bis der Song implodiert, und erstmal wuchtig produzierte, richtige Instrumente zum Einsatz kommen. Das Schlagzeug von Dave Morait klackert im weiteren Verlauf des Albums verspielte Beats vor sich hin, während sich im Hintergrund pumpende Synthielinien und zum Metal schielende Gitarrenausbrüche die Klinke in die Hand geben. Auch wenn Morait an den Drums nie in die qualitativ außerweltlichen Sphären des Schlagzeugfeuerwerks der Japaner LITE (die mit ihrem 2008er Meisterstück ‚Phantasia‚ mindestens genauso stark für die erwähnte Messlatte im Genre verantwortlich sind wie Battles) vordringt, und eher mit dem genial nüchternen Spiel von Battles‚ John Stanier zu vergleichen ist, sind erstere seit sie dem Synthesizer so viel Platz in ihrem Schaffen eingeräumt haben doch als erster Referenzpunkt heranzuziehen. Auf beiden Seiten wird von der Rhythmussektion, die bei Gallops ohne Bassisten auskommt, weniger mühevoll als spielend ein vertracktes Gerüst aufgebaut, dass alsbald von robotischem Gefiepse und groovenden Riffs umgarnt, und in vielen kleinen, mal mehr, mal weniger lärmenden Finali zuende gebracht, oder gar eingerissen wird.

So präsentiert sich ‚G is for Jalie‚ beispielsweise als furiose Pseudo-Jamsession, die das Kraut in Krautrock durch nervöse Chiptunes ersetzt (und auch nicht vor Thunderdome-Effekten aus den tiefsten 90ern zurückschreckt) und seine siebeneinhalb Minuten Spielzeit leichtfüßig und abwechslungsreich über die Bühne bringt, während der gar zehn Minuten lange Albumabschluss ‚Crutches‚ zwar durchaus kürzer sein könnte, über seine Länge dafür vom hyperaktiven Charme der Bad Dudes bis hin zum postrockenden Finale viel bietet, und beinahe den unsäglichen Ausdruck des Post-Mathrock aufdrängt. Die futuristische Seite der Gallops findet im treffend betitelten ‚Lasers‚ ihren Höhepunkt, während die unterhaltsame Schizophrenie, das hin und her zwischen Pop, Artrock und einem viertel Jahrhundert alten Spielkonsolen die hinter dem Ganzen steckt vielleicht in ‚Skyworth‚ am deutlichsten zu Tage tritt. Generation 3.0, Crystal Castles oder Probotector, oder am besten gleich alles zusammen.

Diverse stilistische Grundmotive werden gerne öfters aufgegriffen und variiert, was bei dem großen Batzen Kreativität dahinter ganz und gar nichts schlimmes ist. Mit der Mühseligkeit, die dystopische Synthieklänge auf doch recht strammer Albumlänge in den meisten Fällen aufkommen lassen, haben zwar auch Gallops zeitweise zu kämpfen, trotzdem liegt mit ‚Yours Sincerely, Dr. Hardcore‚ ein Debutalbum vor, dass durchaus eine oder mehrere Chancen bei Freunden des gepflegten Mathrocks mit Nerdchique verdient hat.

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