Greta van Fleet – The Battle at Garden’s Gate

von am 26. April 2021 in Album

Greta van Fleet – The Battle at Garden’s Gate

Greta van Fleet genügt es drei Jahre nach Anthem of the Peaceful Army nicht mehr, die prominenteste Led Zeppelin-Coverband (und zweitprominenteste Greta) des Planeten zu sein – sie verleiben sich auf ihrem zu ausführlichen Zweitwerk The Battle at Garden’s Gate deswegen auch noch weitere Teile des 70er-Hardrock-Kataloges ein.

Im Fokus steht dabei eine Symbiose von Jimmy Pages Band mit den Prog-Göttern von Rush. Denn während Sänger Josh Kiszka von der Robert Plant-Imitation mittlerweile bei einem (bisweilen schon strapaziös zum plärrend-krähenden Schreien neigenden) hellen Tribut an Geddy Lee angekommen ist, spannt seine (technisch wirklich keine Makel zeigende, toll eingespielte) Band die Anleihe zu verdaulicher konsumierbaren Referenzen an das Trio aus Kanada – wobei progressivere Tendenzen eher eine weitschweifende, weniger kompakte Form des Retrorock meinen, nicht unbedingt eine kompliziertere: griffige und eigentlich sofort zugängliche Strukturen bekommen über exaltierte Bridge-Abenteuer Ausläufe, um die die (mit hippiesken Folk-Nuancen gefühlt von Slade bis Blind Melon abgedeckte) Zeitgeschichte hübsche Schleifen zieht.

Gerade die balladesken Tendenzen von Greta van Fleet profitieren von dieser Ausrichtung enorm. Der starke Opener Heat Above beginnt so etwa gleich dort, wo und wie andere Alben enden – mit einer imposanten Geste, die souliger Orgel ins Southern Rock Stadion gleitet und dort in einem potentiellen Finale der beschwörendsten Art aufgeht; ein erstes Highlight bietet, das die Kings of Leon so nicht mehr als Abschiedsfeuerwerk hinbekommen. Noch überragender gerät Broken Bells als triumphale Hymne mit sanft-märchenhafter Mystik, die sich leidenschaftlich und kraftvoll in ihre Kurven legt, Streicher geschmackvoll einsetzt, und hinten raus mit solierender Freiheit den Ausblick über den Horizont geniest. Endlich ist da auch das nötige Charisma in der Ausstrahlung.
Ein paar Ligen darunter ist Tears of Rain ein Bad im aufgehenden Sternenmeer samt Akustik- und Klavier-Sprengsel, das konventionell am Reißbrett konstruiert ist, der ersten Plattenhälfte aber in seiner absolut zielgerichteten Kompetenz dennoch einen feinen, authentischen Abschluss bietet. Light My Love schunkelt verträumt zu einem gekonnt kitschig im Rampenlicht stehenden Chorus, dem ein bisschen weniger orchestraler Anstrich nicht geschadet hätte und die funkier stompende Strophe von Stardust Chords schwelgt hingebungsvoll in einem schlichtweg tollen Refrain. Ohrwürmer können diese Typen einfach.

Nicht immer aber retten Greta van Fleet all das dabei mittlerweile gefestigte Potential auf die sichere Seite. Age of Machine würzt den Aufguss schließlich zwar mit bluesiger Entschleunigung und düsteren Americana-Roadhouse-Tendenzen, ist dabei jedoch eher stimmungstechnisch interessant, wenn es nicht weit von Desert Rock-affinen Texturen (die Them Crooked Vultures und Josh Homme sicherlich zu ungefährlich gewesen wären) und choralen Mitsing-Passagen ist, weil der jammernde Part der Nummer insofern ihr bester ist, weil er gar nicht zu kaschieren versucht, dass das Songwriting nicht zu seinem Kern findet.
Davor schon ist (das irgendwo verdammt ironisch betitelte) My Way, Soon ein solider kleiner Eklektizismus-Rocker, der zweckdienlichen Spaß machen soll und ohne Langzeitwirkung auch tut, während die Grundidee von Built by Nations aus dem Pool von Paranoid zusammenschraubt wird, bis auf diesen überdeutlichen Inspirationspunkt aber praktisch sofort vergessen ist.
Caravel und The Barbarians heben bestechende Hooks auf Podeste, rocken drumherum aber so unverbindlich ohne packende Emotionen und unterstreichen vor allem eine enervierende Gleichförmigkeit, die The Battle at Garden’s Gate gerade im letzten Drittel seiner Spielzeit erschöpfend in die Länge zu ziehen beginnt.

Eine Manko, das sich im öden Füller Trip the Light Fantastic destilliert, der klingt, als hätte Shannon Hoon sich Boston angeschlossen, aber dabei nur einen Zitate-Clusterfuck aus den den üblichen Greta van Fleet-Zutaten gefunden: Pathos und Virtuosität, Melancholie und Pastiche, Sehnsucht und Theatralik, Opulenz und Groove, Spiritualität und Handwerkerdisziplin – nur das zwingende Songwriting, die Melodien und Riffs, gehen hier mäandernd verloren.
Wenn The Weight of Dreams das Ruder noch herumreißen kann und standesgemäß einen Closer zelebriert, der genau genommen primär heiße Luft  aufbläht, dabei aber mit einer so ernsten Unverrückbarkeit agiert, dass das Ergebnis tatsächlich gewichtig klingt, kaschieren Greta van Fleet beinahe, dass hier mit schärferen Fokus auf Sicht einfach noch soviel mehr möglich gewesen wäre, als ein Album über der Erwartungshaltung: destilliert auf seine essentiellen 45 Minuten Spielzeit hätte The Battle at Garden’s Gate das Werk sein können, dass den Kritikern der Senkrechtstartern das Maul stopft.

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