Imperial Triumphant – Spirit of Ecstasy

von am 14. September 2022 in Album, Heavy Rotation

Imperial Triumphant – Spirit of Ecstasy

Death Metal und Free Jazz bleiben die Kernelemente der freien Radikale aus Brooklyn, doch strahlt die Fusionsenergie längst über diese Dualität: Imperial Triumphant vergolden auf Spirit of Ecstasy ihr alchemistisches Handwerk endgültig.

Das fünfte Album des maskentragen Trios bremst sich im bisher veranschlagten Tempo, agiert heavier als seine Vorgänger und wagt erfolgreich den Spagat: die bisherigen Facetten des Bandsounds – der New York Jazz und der avantgardistische, dissonante Death Metal im Spannungsfeld von Kayo Dot und Gorguts mit der Patina der goldenen 20er Jahre als cinematographischer Fritz Lang-Katalysator für das Kopfkino – kommen individueller zu tragen, während gerade das letzte Drittel von Spirit of Ecstasy mit schwadronierender Selbstsicherheit prolongiert, dass Imperial Triumphant sowieso nicht mehr die Band sind, die vor zehn Jahren mit Abominamentvm auf Albumlänge debütierte oder sogar seit Alphaville noch einmal so konsequent weitergewachsen ist. Und wie sehr dieser diffus-hirnwütige, technisch, kompositorisch und handwerklich imposante Kraftakt dabei nach unangestrangem Understatement klingt, ist dann ja insgeheim sowieso das eigentliche Spektakel hier.
Die eigenwillige Unverwechselbarkeit und atmosphärische Dichte des World Buildings von Spirit of Ecstasy ist wahlweise jedenfalls ein neuer Zenit im Schaffen von Imperial Triumphant.

In Chump Change poltern die kraxelnden Drums die Riffs in atonaler Schönheit gurgeln lassend polyrhythmisch an, faucht der Opener später wie eine peitschende Wildkatze und heult zur organischen Percussion, spitzt den theatralischen Bogen zur Mitte hin zu und bremst sich ab, kehrt im Fieberwahn in den sinistresten Keller von Twin Peaks zum manisch solierendem Satanstango und zündet irgendwann den Turbo in den Groove. Alles, was danach kommt, folgt ästhetisch dieser Schiene, dekliniert den MO aber in Schattierungen, deren Konturen-Divergenz sich erst nach und nach intensiviert: Diese acht Einzel-Nummern verflechten sich zu einem Grower von einem kohärenten Gesamtwerk.
In Metrovertigo kultiviert der hauseigene Stoizismus mit rezitierend-mystischem Kultismus einen Chant in Kutten, ein Klavier fällt die Stufen hinunter und schleudert die Riffs in das operettenhafte Fegefeuer, in der eine sedative Trance und wallende Tollwut sich gegenseitig beschwören, derweil Tower of Glory, City of Shame von der flimmernden Melodramatik einer orchestralen Vergangenheit kommend die alte Opulenz wundersamer Horror-Romantik fantasiert. Träger in zäher tackernder Schwindsucht schwofend ist das ein dämonisch besessener Walzer, der  als fast esoterischer Score träumt, weibliches Wehklagen durch die Texturen scheinen lässt und im kargen Delirium einer Séance schreit, guttural erzählend zur Peinigung greint, experimentelle Stakkato-Attacken zum Exzess treibt, wo ein Bastard von Mr. Bungle und Deathspell Omega gezeugt worden sein könnte.

Der Einstieg in Merkurius Gilded gerät mit seinen Streichern noch bittersüß, ballert dann aber mit grandios theatralischer seine Riffs in das Noir-Flair, gestikuliert mit einer so opulenten Grandezza im Death und bietet nebenbei auch ein perfekt sitzendes Video an. Die Gästeliste macht mit Kenny G und seinem Sohn Max Gorelick als ehemaliges Band- und Bindeglied sowieso Sinn, erweist sich aber als idealer Synergie-Funke, der den Wahnsinn als Schwenk in den choralen Alptraum inmitten von Suspiria und surrealer Bourgeoisie über die Klippe tritt: Solche klaren Highlight-Szenen gönnt sich das ansonsten auf sehr ausgewogenen Niveau stattfindende Werk nicht immer.

Death on a Highway steigt nach einem abrupten Ende des verdienten Aushängeschilds umso direkter ein, bolzt scheinbar von elektronischen Manierismen, Viren und Samples zerfressen. Der abstrakte Strom biegt im Finale in eine Parade, als würde sich ein märchenhaftes Panorama selbst in den schimmernden Fleischwolf stecken – und es es nicht nur hier beachtlich, welche rumpelnde Präzision und ungeschönte Ausgewogenheit die von Trey Spruance und Colin Marston in Szene gesetzte Produktion an den Tag legt.
Das Instrumental In the Pleasure of Their Company beginnt im abgekämpft gehetzten Zeittunnel, in dem Miles Davis, Magma und King Crimson die 70er auf Speed in einer traurigen Nostalgie und hektischen Prog-Manie erleben, frickeln und orgeln und zirkulieren und gurgeln, Opeth und Mars Volta Referenzen im imaginativ streunenden Malstrom näher stehen, als Death-Wurzeln, und der Platte in dieser Phase gewissermaßen eine Atempause gegönnt wird.
Denn auch Bezumnaya, das als astrale Hypnose Visionen in Form von Interferenzen empfängt, die Samples so dämonisch wie exotisch fantasierend exorzieren, intensiviert den Spannungsbogen zwar, doch löst die ihn im Ambient auf: Imperial Triumphant legen sich genüsslich in die Evolution, lassen sich weit draußen im originären Eklektizismus treiben, wo andere nicht die Puste hätten um hinzuschwimmen. Dass der Burnout Maximalist Scream seine Blackened-Screamo-Tendenzen danach dort kloppt, wo die Zähne im okkulten Kaleidoskop eines Vintage-Space-Kaleidoskops fletschen, wirkt so als Closer ein bisschen wie ein latent redundanter Appendix, wie ein textlich auf emotionaler Ebene nur bedingt packendes Schaulaufen, wie ein starkes Finale einer triumphalen Machtdemonstration.

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