Old Lines – No Child Left Behind

von am 19. November 2014 in Album

Old Lines – No Child Left Behind

Old Lines sind mittlerweile beim Aushänge-Label No Sleep angekommen. Was allerdings kein Grund für Mitch Roemer und Co. ist, ihre bohrende Melange aus doomigem Hardcore und metallischem Crust in irgendeiner Weise freundlicher aufzuziehen.

Genau genommen hat das Quartett aus Baltimore die Vorhänge alleine produktionstechnisch sogar noch einmal eine ganze Schippe dichter zugezogen: der Sound von ‚No Child Left Behind‚ ist tatsächlich finsterer, dunkler und auch bösartiger als es jener von الشعب يريد إسقاط النظام es bereits war. Ein triefender Klumpen aus sägendem Gebolze, das Zweitwerk der Band rund um den ehemaligen Pulling Teeth und Ruiner-Gitarristen Roemer wird zu einem vor tiefschwarzem Noise, tonnenschwerer Distortion und rohem Druck würgender Hassbatzen, einem förmlichen Strudel aus politischer und sozialkritischer Wut, gegossen in brutalst fiesem Dark-Hardcore. Das ist derart dicht gestrickt, dass es anfangs schon schwer machen kann, den permanent nach vorne gehenden Klumpen aus giftigen Riffs und misanthropisch galoppierenden D-Beat-Rhythmen in seine einzelnen Bestandteile auseinanderzudividieren, in einer mutmaßlich allzu gleichförmigen Platte überhaupt Fuß zu fassen.

Vordergründig liegt das aber an der wenig variablen, gar zu monotonen Performance von Sänger Matt Taylor. Der brüllt sich ohne große Variation von vorne bis hinten nahe im kehligen Growlen die Stimmbänder wund, erzeugt dabei einen stimmigen Drive, verpasst es dabei aber, den ambitionierten Texten wirklich markante Akzente zu verpassen. Am besten sind deswegen insgeheim all jene Momente, in denen seine Kollegen wie in ‚To Ashes‚ heiser aus der zweiten Reihe hervorbrüllen oder wie in ‚The Hunte(ed)‚ zusätzlich auch gleich die Strukturen aufbrechen, im konkreten Fall etwa einen angenehm ausgemergelten Oldschool-Part ins Geschehen einweben.

Und mag das Songwriting alleine durch den klanglichen Morast, der aus ‚No Child Left Behind‚ eine bestialische Masse macht, augenscheinlich auch weniger Luft zu atmen bekommen und dazu auf den ersten Blick keine derart klaren Highlights wie der Vorgänger emporheben – nach und nach geben sich die Feinheiten der Platte immer deutlicher erkennen, funktioniert das Zweitwerk der Band noch mehr als erbarmungslos pressende Einheit und ist über 23 schwindelerregende Minuten mehr als die Summe seiner Teile, die einem die gelungenen Momente im Sekundentakt um die Ohren schleudert.
Im unnachgiebig schmerzenden ‚Cold Teeth‚ rumoren die Gitarren etwa ziemlich eingängig, wie ein Hornissenschwarm auf Speed. Das grandiose ‚Paint Them in Goold‚ wird dagegen von einem geradezu lässigen Groove dominiert, bleibt erst weitestgehend instrumental, bevor der Song urplötzlich in einen rasenden Grindpart kippt und danach Adrenalin auf der Überholspur auskotzt. Für ‚Kneelers‚ klettern die Drums auf Highspeed und verschieben die grandiose Gitarrenrabeit immer wieder neben die Spur: alleine technisch knüppeln Old Lines ohne Limitierungen.

Überhaupt dreht die Platte in der Schlussphase noch einmal so richtig auf: ‚The Quick Sale‚ muss sich erst über einen stolperndes Schlagzeug finden, drückt danach aber mit bedrohlicher Melodie aufs Gaspedal und schält irgendwann sogar eine kreisende Grindaxt aus dem Morast. Danach ist das knochentrockene ‚War Is Declared‚ vielleicht sogar so etwas wie das Rock’n’Roll-Brett der Band. Der mit knapp 4 Minuten beinahe überlange Abschluss ‚Plastic Coffins‚ drängt dann mit ausladendem Szenario in die Breite, bevor die Band den Song als wundgeriebenen Sludge ausbluten lässt.
No Child Left Behind‚ ist letztendlich ein Album, das sich oberflächlich zwar stumpf gebärdet und dessen Vorzüge man sich ausdauernd erarbeiten muss, das, hat es erst einmal in seinen höllisch drückenden Bannkreis gezogen, aber ohne Atempause seine Genreskills mit routinierter Souveränität ausspielt. Dass immer noch das Gefühl bleibt, dass Old Lines weiterhin nicht ihr volles Potential ausschöpfen, verkommt in diesem angepissten Rausch schon beinahe zur randallierenden Nebensache.

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