Mark Lanegan – Imitations

von am 19. September 2013 in Album

Mark Lanegan – Imitations

Das maschinellen ‚Blues Funeral‚ im Rückspiegel lassend ist 2013 bisher vor allem ein umtriebiges Jahr der Kollaborationen für Raubein Lanegan. Vierzehn Jahre nach seinem ersten Coveralbum ‚I’ll Take Care of You‚  ändert Imitations‚ dies mit zwölf gefühlvollen Rückblicken auf prägende Songs aus Kinderjahren und ins Konzept passende zeitgenössische Favoriten von Dark Mark .

Eine homogene, erlesene bis überraschende Songauswahl, Produzent Martin Feveyear am Produzentenstuhl, dazu diese unnachahmliche Stimme – was soll dabei schon schiefgehen? Tut es dann natürlich auch nicht. Besonders betörend gerät dabei die Art und Weise Interpretation der einzelnen Fremdkompositionen: Lanegan hat sich von der knochigen Elektronik der letzen Bandplatte verabschiedet, die knarzige Knochigkeit von ‚I’ll Take Care of You‚ bekommt einen wärmenden Mantel umgelegt. ‚Imitations‚ orientiert sich nicht nur im abgründig-fragilen Gitarrenstück ‚Flatlands‚ (von Chelsea Wolfe) ein wenig am zurückgesteckten Klangraum der Zusammenarbeit mit Seelenintimus und Tourbuddy Duke Garwood ‚Black Pudding‚. Dem Verlangen von Songs wie dem berührenden ‚Deepest Shade‚ von seinem Gutter Twin und The Twilight Singers-Vorstand Greg Dulli nach breit-schwelgendem Instrumentarium und getragener Eleganz kommt Lanegan dabei großzügig nach – gänzlich ohne Bombast, Pathos oder Opulenz: Cinemascope in intimer, geradezu schlichter Ausführung.

Wie durch das countryeske ‚I’m Not The Loving Kind‚ (John Cale) erhabene Chöre und wohlige Streicher gleiten ist alleine deswegen großes Gefühlskino und steht dem ewigen Grantler ebenso überraschend wie grandios. Frank Sinatras ‚Pretty Colors‚ wird ein verletzlicher Tagtraum, ‚Solitaire‚ wird zur Twin Peaks-Ballade, durch Nick Caves ‚The Boatman’s Call‚-Schönheit ‚Brompton Oratory‚ kriechen bluesige Bläser und eine sanftmütige Romantik, wie Lanegan sich da den Trauergesang selbst auf den Leib schneidert: „And I wish that I was made of stone/ So that I would not have to see/A beauty impossible to define/A beauty impossible to believe„.
Der Mann aus Washington überzeugt jedoch vor allem mit zwei der bekanntesten und eigentlich längst  tot-gecovertsten Titel am eindringlichsten: ausgerechnet Nancy Sinatras ‚You Only Live Twice‚ wird von Lanegan bis auf seine rostige Gitarre skelettiert, lässt den Bond-Song zusätzlich in die Knochen fahren; und auch das unsterbliche Kurt Weill / Bertolt Brecht wird effizient auf seine Grundfeste zum grandiosen Minimalmelodie-Kleinod reduziert: zwei zeitlose Highlights von ‚Imitations‚.

Am auffälligsten gerät hingegen ‚Elégie Funèbre‚ – weniger wegen seines französischsprachigen Textes, als durch sein aus unwirklichen Loops zusammengespultes Soundgewand. Ein ‚Lonely Street‚ (Andy Williams) oder ‚Autumn Leaves‘ sind dagegen geradezu konventionell bediente Aktien.
Lanegans angedachter Tribut an die 60er und 70er, an streichergestützte Songs von Dean Martin, Perry Como oder Andy Williams deren Grundmelancholie den 48 jährigen hörbar geprägt haben, er fällt ebenso stilvoll wie ehrwürdig aus, gerät niemals zur beinahe abfällig prolongierten Imitation. Nicht jedem Song ringt Lanegan unbedingt neue Facetten ab, nicht immer macht er sich das Ausgangsmaterial vollends zu eigen; die geradezu unheimlich unter die Haut kriechenden, ergreifenden Gänsehautmomente von ‚I’ll Take Care of You‚ können oder wollen die sich hier tief verneigenden Lanegan und Feveyear nicht wiederholen. Letztendlich natürlich ohnedies egal: macht dieser Mann den Mund auf, ist das grundsätzlich ein Rotweintaugliches Fest der Schwermut – zu ‚Imitations‚ eben eher vor dem prasselnden Kaminfeuer als in der verrauchten Stammkneipe.

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