Perturbator – Age of Aquarius

von am 9. November 2025 in Album

Perturbator – Age of Aquarius

Nach dem wohl vielerorts polarisierenden Goth-Flirt auf Lustful Sacraments rudert James Kent mit Age of Aquarius zu einem konventionelleren Ansatz des Synthwave zurück.

Das geht an sich von vornherein okay. Perturbator ist schließlich ein Meister jenes Genre-Fachs, dessen Popularität er im vergangenen Jahrzehnt mitgeprägt hat, wie kaum jemand sonst (Stichwort: Hotline Miami). Und er versteht sein Handwerk immer noch blindlings.
Allerdings kann Age of Aquarius in weiterer Konsequenz bei all der daraus ableitbaren Klasse nicht den Eindruck abschütteln, dass Kent alles hier bereits in sehr ähnlicher Form deutlich stärker auf früheren Alben abgeliefert hat – auf Albumlänge vornehmlich natürlich auf dem aus Dangerous Days (2014) und The Uncanny Valley (2016) bestehenden Ideallinien-Doppel, obgleich die New Model EP womöglich den Zenit seines Schaffens darstellt.

Gleich der Opener führt zudem ein weiteres Problem der Platte vor: die hochkarätigen Features von Age of Aquarius wollen nur bedingt zünden.
Apocalypse Now pflegt zwar genau den Sound, der Ulver anzieht (und gerade in der Synergie mit Carpenter Brut absolute Brecher hervorgebracht hat), doch wirkt die Kooperation zu bemüht – als würde Kristoffer Rygg separiert bleibend zu einer bereits fertigen, nicht auf ihn eingehenden Nummer stoßen. Sein Gesang und die Produktion greifen kaum ineinander, die Komposition an sich mäandert.
Derweil sich die erste Hälfte der Platte ohnedies schwer damit tut, in die Spur zu finden (Lunacy sammelt sich erst rasselnd in der Düsternis, bevor der Song auf dem Trademark-Highway Gas zu geben versucht, seine Ausrichtung jedoch ständig so verkrampft und kompliziert nachjustiert, als würde Kent nicht den richtigen Gang wählen können, bevor The Glass Staircase unter schön schimmernden Texturen euphorischer stampft, sich allerdings im Dreieck aus Club-Stoizismus, headbangender Heaviness und verträumter Trance verliert), bleiben die folgenden Gastauftritte zumindest ambivalent.

Mit Author & Punisher rekonstruiert Perturbator in Venus eine Art harmlose Martin Gore-Ballade im gedrosselten Tempo mit Manson-Refrain, deren größtes Problem die mindestens doppelt zu lange Spielzeit ist. Lady Moon webt den ätherischen Gesang von Rückkehrerin Greta Link als unverbindliche Ästhetik-Variation sehr stimmungsvoll, aber kaum nachdrücklich ein. Alcest-Kopf Neige wird im Titelsong dagegen als lautmalende Staffa“aaahhhhhhh“ge eingesetzt, die am Ende einer pastoralen Grandezza sogar latentes Black Metal-Klischees bedienen darf. Exemplarisch bleibt der Beigeschmack, dass da gar nicht unbedingt Potential verschwendet wurde – sondern substanziell diesmal einfach nicht mehr drinnen war.
Drumherum ist Age of Aquarius (ohne extern besorgte Vocals und rein instrumental angelegt) dennoch ein entsprechend solides Album, das nach dem ambienten Luftholen des mittig platzierten Interludes Hangover Square auf einer Jazz-Noir-Space-Lounge im Blade Runner-Universum wie auf Schiene läuft. Dann sind The Art of War und 12th House sehr fein ineinander verwobene Standards mit cinematographischer Tragweite, betont The Swimming Pool die atmosphärische Seite des Spektrums oder weiß Mors Ultima die Schablone ohne Adrenalinschub routiniert anzusetzen. Den Ansprüchen an Perturbator genügt dies jedoch kaum und höchstens auf eine sehr unterwältigende Weise.

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