To Be Gentle – If You Are Reading This We Are All Connected and We All Love You

von am 19. Juni 2025 in Album

To Be Gentle – If You Are Reading This We Are All Connected and We All Love You

To Be Gentle hat sich seit 2019 eine ebenso quantitativ ausufernde wie qualitativ konstant beeindruckende Diskografie aufgebaut. If You Are Reading This We Are All Connected and We All Love You stellt den vorläufigen Höhepunkt dieses Umstands dar.

Das abseits von Live-Auftritten nahezu im Alleingang von Eve (Jake) Beeker gestemmte Projekt aus Kalifornien tut dies, indem es die Stellschrauben am angestammten Amalgam aus Screamo und Blackgaze ein klein wenig nachjustiert: die Riffs ballern – den Weg von Stücken wie Citrus Tree von 2022 konsequent und flächendeckend weiterdenkend – deutlicher als bisher in den Metalcore.
Gleich das brillante Spright Blue mosht geradezu eine keifende Massivität in die weite To Be Gentle-Welt aus Nostalgie und Sehnsucht, Those Who Trespass in My Soul zeigt heroische Hardcore-Tendenzen auch A Lightning Storm to Wield wirbelt explizit knüppeldicker, um letztlich nachdenklich zu schwelgen.
Überhaupt sind die Songs von If You Are Reading This We Are All Connected and We All Love You ganz allgemein zwingender und und aggressiver angelegt, nutzen die über die Jahre und Alben von Beeker gelernte Tugend Kompositionen kompakt auf den Punkt zu bringen, und vertrauen weiterhin auf die harsche Produktion vergangener Tage: To Be Gentle gelingt damit auf natürliche Weise assimilierend eine Justierung, die etwa Chepang unlängst Probleme bereitete.

Der Post Metal von My Greatest Treasure lichtet sich in der Intimität, explodiert dann aber hetzend ballernd gen Ostraca (auch wenn sich die Passagen bis zur finalen Klimax ausnahmsweise nicht restlos rund aneinanderfügen) und Relinquishing a Part of Myself to Die rockt breitbeiniger, galoppiert epischer. This Song Sounds Like How Schizoaffective Feels (Corridor Paved with Jagged Triangles) ist ein durchatmender Home Recording-Ambient-Kosmos, aus dem Unconditional noch einmal triumphal dort eskaliert, wo junge Pianos Become the Teeth und The Saddest Landscape der Frühphase von Thrice gehuldigt haben könnten – inklusive growlendem Death Stoizismus samt dem Willen zur Dissonanz für jene Geborgenheit, aus der eine erhebende Dramatik wachsen kann, die als folkig schrammelnde Mundharmonika Elegie endet. Derartige Highlight-Szenen suggerieren dann zwar, das allgemein noch Luft nach oben ist, und die einzelnen Motive hier und da differenzierter im Songwriting festsetzende Szenen vertragen könnte – doch sind das Kleinigkeiten in Anbetracht der ganzheitlichen Wirkungsweise der Platte.

Gerade auch in Anbetracht der Tatsache, dass If You Are Reading This We Are All Connected and We All Love You streng genommen an der recycelnden Compilation vorbeischrammt („some songs originally released via secret side projects. Maybe you can find them?“) ist der dabei kultivierte schlüssige Album-Fluß umso eindrucksvoller.
Noch besser aber ist womöglich nur, dass To Be Gentle auf einer anderen Ebene Ambitionen meistert, die bisher nicht immer über den Faktor einer ästhetischen Schattierung hinausgekommen sind.
Schon das aus einem choralen Interludium geborene Shadow Games kennt zwar Math-, Thrash-, Blackened- und Yu‑Gi‑Oh!-Sprengsel, suhlt sich aber vor allem passgenau in den Möglichkeiten, die der Postrock der Band geöffnet hat. Im überragenden Closer Rakkauden Taikuus krönt sich If You Are Reading This We Are All Connected and We All Love You diesbezüglich selbst und geht in einer Genre-Landschaft auf, das sich an den Tugenden von Mono und Explosions in the Sky misst, damit aber nur die Basis schafft, um ein Schaulaufen aller Elemente der Platte emporzuheben und sich mit einem Deathheaven‘schen Furiosum zu verabschieden: Nach schätzungsweise einem guten Dutzend Alben in knapp sechs Jahren sind To Be Gentle damit auf einem neuen Zenit angekommen – und auch an der Speerspitze der Szene.

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