Touché Amoré & Self Defense Family – Self Love

von am 18. April 2015 in EP

Touché Amoré & Self Defense Family – Self Love

Die gemeinsame Tour 2013 räumte im Grunde bereits jegliche Zweifel aus: Die Chemie zwischen Touché Amoré und der Self Defense Family stimmt einfach. Dass sich die beiden Bands für eine schnell in Aussicht gestellte Kooperation jedoch nicht damit begnügen sollten nur gemeinsame Split-Sache zu machen, sondern gleich vollends zu einer 15 köpfigen Einheit verschmelzen sollten, damit musste man deswegen freilich dennoch nicht zwangsläufig rechnen.

Knappe sechs Minuten Spielzeit später weiß man zumindest zwei Dinge. Erstens, dass die allzu kompakte Distanz der Vinyl-Single zu sparsam bemessen ist, um das volle Potential dieses beeindruckenden Band-Amalgams vollends auszuschöpfen, weil die Fusion zwischen Touché Amoré und Patrick Kindlons musikalischer Familie zweitens schlichtweg absolut grandios gelingt, durch und durch Sinn ergibt: Die beiden Gruppen verschmelzen zu einer homogenen Einheit, die ihre Zelte ohne sichtbare Nahtstellen zwischen den ansonsten bedienten Soundwelten aus melodischem Hardcore und wundgeriebenen Oldschool-Post-Hardcore aufschlägt. Mehr noch: ‚Self Love‘ klingt so sehr aus einem Guss, als hätten sich die 15 Musiker immer schon instinktiv die Bälle zugespielt, zu Grenzgängen herausgefordert, sich gegenseitig mit ihren Instrumenten angestachelt und wieder versöhnt. Nichts hier klingt forciert oder erzwungen, die Dinge wachsen auf natürlichste Art ineinander.

Der eröffnende Sprint ‚Circa 95‘ befindet sich dabei noch etwas deutlicher in der Hand von Touché Amoré, ist vielleicht sogar die in letzter Konsequenz zu Ende gedachte Art von jener Art der brückenschlagenden Zusammenarbeit, die Jeremy Bolm und Co. bereits auf ‚Searching for a Pulse/ The Worth of the World‘ gemeinsam mit La Dispute zelebriert haben.
Bolm und Kindlon umringen sich am Mikro mit hungrigem Zähnefletschen, der Song zeigt eine geradezu rockige Riff-Kante zum Hit, die Szene-Hero Will Yip gleichzeitig erstaunlich fett und sorgsam entschlackt, hungrig und rau klingen lässt. Auch, wenn beinahe alles Gold wird, was der gefragte Produzent anfasst (siehe aktuell etwa Blacklisted, Pianos Become the Teeth oder Title Fight): Spätestens das Fugazi-taugliche Doppelschlagzeugfinale trumpft dennoch mit Überraschungseffekt auf, bevor sich alle Beteiligten mit dem folgenden ‚Low Beans‘ ohnedies noch einmal übertreffen.

Da bauen die beiden Deathwish-Kombos zuerst mit abgründiger Gelassenheit und zahlreichen ineinander verketteten Gitarrenlinien dunkle Spannungen auf, die nach knapp eineinhalb Minuten erst langsame Erosionsspalten freilegen und schließlich die sorgsam angezogene Handbremse lösen und den Song in einen frei schwebenden Wirbelsturm verwandeln, in dessen wohldosiertem Soundbild man gleichzeitig alle einzelnen Bestandteile für sich wirkend wahrzunehmen scheint, der aber vor allem als großes Ganzes eine beachtliche Sogwirkung entfaltet.
Dass das Spektakel danach praktisch ebenso schnell wieder vorbei ist, wie es begonnen hat, hinterlässt dann aber eben auch mit einem Beigeschmack des ungestillten Hungers. Denn in dieser Konstellation haben die beiden zur Großfamilie verschmolzenen Bands eine Sprengkraft, die sich nicht allzuweit von den jeweiligen Herrschaftsgebieten von Touché Amoré bzw. der Self Defense Family entfernen muss, um dennoch allen Beteiligten neue Perspektiven zu bieten – wohin sich die beiden Parteien die energiegeladene Wechselwirkung ihrer Interaktion also erst über eine längere Distanz entfaltend pushen könnten, das führt nach den letzten Sekunden von ‚Self Love‘ automatisch zu wilden Fantasien und Wunschträumen.
Insofern bleibt zu hoffen, dass dies hier nur der Beginn einer auch in Zukunft noch weitere Früchte tragenden Partnerschaft ist – und nicht nur ein knackiges, berauschendes, kongeniales Strohfeuer der Möglichkeiten.

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