V.V. – Neon Noir
Zehn Jahre nach Tears on Tape und sechs dem Ende von HIM – sowie vier nach dem Intermezzo mit den Agents – ist Neon Noir das offizielle Solodebütalbum von Ville Valo alias VV.
Der Beipackzettel schlägt zu diesem Anlass vollmundig klotzend über alle Stränge: „Von künstlerischer Warte aus gesprochen ist der Hauptunterschied zwischen HIM und VV die zusätzlichen Striche im Heartagram. Aber unterm Strich ist das ein exquisiter Unterschied! So, als hätten sich The Mamas And The Papas auf dem Weg zur großen Halloween-Fete im Studio 54 als Metallica verkleidet.“
Und weiter: „It’s a sonic step-by-step guide on how to survive, and perhaps even enjoy, the realm of VV with its abundance of things that go bump in the night. It’s a teary mascara marathon between Robert Smith and Ozzy, with a dash of hope.”
Was letztendlich freilich kompletter Nonsense ist. Valo hat mit seiner unverwechselbaren (hier manchmal aber etwas zu sehr auf Autopilot eingestellten, keineswegs immer jenseits der Lethargie inspiriert wirkenden) Stimme nicht mehr – aber auch nicht weniger! – als ein angenehm unkitschiges Pop-Rock-Album mit vager Goth-Romantik-Attitüde aufgenommen, das im unaufdringlichen HIM-Komfortbereich ohne Barriere für Fans oder Nostalgiker zugänglich ins Ohr geht. Eingängig nett und reibungslos komponiert bügelt die leider enervierend mutlose, keine Kanten zulassende Middle-of-the-Road-Produktion jedoch eine gefällige Harmlosigkeit in die risikofreie Wohlfühlzone, die niemandem wehtut und schlichtweg langweilen kann.
Die angedeutete Wucht der Industrial-Kraft in The Foreverlost wird beispielsweise letztendlich komplett von einer handzahmen Radio-Freundlichkeit assimiliert; der Closer Vertigo Eyes könnte progressiv sein, mäandert aber lieber schmalzig in seinem eigenen Saft; und der Titelsong bleibt stellvertretend für die Summe der Teile als potentieller Ohrwurm latent egal und ohne zwingende Langzeitwirkung.
Nicht falsch verstehen: Kein Song auf Neon Noir ist schlecht! Alles läuft wirklich gut und kompetent nebenbei, lässt ein bisschen zu gleichförmig inszeniert – mit Gitarren ohne Biss und versöhnlich funkelnden Pastiche-Synthies – stellenweise (und gerade im Mittelteil des Albums) aber eben zu unverbindlich auf Durchzug schalten, während sich über die volle Distanz hier und da trotz all der catchy Melodien und soliden Grandezza-Hooks ermüdende Längen auftun und Valos immer noch greifendes Charisma in der frustrierend seichten Produktion einfach nicht das melancholische Drama entfalten kann, das überall spürbar ist: mit einem reizvolleren Outfit wären da insofern mindestens ein bis zwei Punkte mehr in der Endabrechnung durchaus möglich gewesen.
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