YHWH Nailgun – 45 Pounds

von am 17. Juni 2025 in Album

YHWH Nailgun – 45 Pounds

Seit fünf Jahren wärmen sich YHWH Nailgun mit vereinzelten Singles und EPs auf, tingeln unermüdlich durchs Vorprogramm von Geese und anderen abgedrehten Konsorten. Von 45 Pounds kann – nein, eigentlich: muß! – man sich trotzdem überrumpelt fühlen.

Auf zehn Songs in 21 Minuten destilliert wirbelt einen der (für diesen relativen Langspieler die bisherigen Veröffentlichungen von YHWH Nailgun noch konsequenter verdichtete) Sound der Band schließlich frei von konventionellen Formen schwindelig machend durch, bietet entlang seiner desorientierenden, fragmentarischen Strukturen in einer vom Math bis in den Dancepunk abgehenden Purzelbaum-Stafette im Experimental Rock jedoch ziemlich eindeutige assoziative Reibungsflächen.
45 Pounds ist der Avantgarde-Bastard von Wu Lyf (dafür sorgen die heiser-röchelnd beschwörenden, manisch skandierenden und sich körperlich leidend abgerungenen Vocals von Zack Borzone), Battles (daher sich Drummer Sam Pickard wie eine nervös-akribisch von John Stanier und Zach Hill gespeiste Duracell-Batterie verausgabt) und Xiu Xiu (weil das nach dem Umzug der beiden Bandköpfe von Philadelphia nach New York zur Gruppe gestoßene Duo aus Keyboarder Jack Tobias und Gitarrist Saguiv Rosenstock mit tropical schimmernden, noiseflirtend blinkenden Schikanen enthusiastisch jubilierend jenseits von Gang Gang Dance texturiert). Und dieses Amalgam klingt eigentlich dann doch – wie nichts sonst da draußen. Und als wäre dies die natürlichste Sache der Welt.

Im ziemlich grandiosen, eine seltsam klare, druckvolle Symbiose aus maschineller Hyperaktivität und organischem Wahn eingehenden Mix sowie der relativ perfekt pointierten Produktion (wofür in beiden Fällen Rosenstock verantwortlich zeichnet), ist das absolut eigenwillige Debütalbum von Yahweh Nailgun in seiner synkopischen Polyrhythmik vertrackt und hibbelig, unberechenbar und ein hungriger, ambitionierter Boarderline-Mindfuck-Jam – tatsächlich aber keineswegs unkontrolliert oder gar willkürlich agierend.
Wie polternder Kraut-Wahnsinn auf Speed und einer Aufmerksamkeitsspanne von wenigen Augenblicken fesselt primär zwar die Energie der Platte, der ausschnitthafte Reiz dieses distinguierten Sounds, wo Hooks wie kleine Feuerwerke passieren, bei denen impulsive gezündete Zufälle ineinander zu greifen scheinen. Und ja, sicher ist 45 Pounds eher interessant als emotional, und funktioniert als faszinierende Demonstration einer kompromisslosen Unkonventionalität. Allerdings eben nicht auf einer rein verkopften Ebene oder als ästhetisches Kunstprojekt. YHWH Nailgun zünden auf instinktiver Ebene, lassen die Zahnräder irrwitzig ineinander greifen.

Alleine schon, weil Castrato Raw (Fullback)Animal Death Already Breathing oder das seine die Imagination mit toll oszilierenden Gummibällen bewerfende, vom Schlagzeug-Freigeist und massiven Cinemascope-Wällen umgarnte Tear Pusher plötzlich eine – sehr relativ zu verstehen, freilich! – geradezu zugängliche, fast poppige und sicherlich singletaugliche Schlüssigkeit an den Tag legen, die sich ebenso wenig verrenken muß, wie die radikaleren Ebenen der Platte. Etwa, wenn Pain Fountain eine potentiell feine Refrain-Melodie entdeckt, diese aber mit aus dem Nichts kommend tackernden Maschinengewehr-Salven niedermäht.
Ultra Shade (Beat My Blood Dog Down) ist ein sedativ schleppender Fiebertraum, von der Tarantel gestochen, in verstörender Unruhe und Iron Feet attackiert mit Vocals wie ein tollwütiger Rap, während sich dahinter die neongrellen Schrammen des Industrial a la Death Grips verschieben. Die Dancepunk-Skizze Sickle Walk bleibt wie vieles ausschnitthaft, derweil das mit mächtigen Schüben fast monolithischgeratene Blackout quasi die epische Hymne der Platte ist, beinahe die Dreiminuten-Marke knackend, bevor Changer als Kommunikation technoider Unterwasser-Wesen im futuristisch hetzenden Club-Szenario einfach unmittelbar den Stecker zieht. Was eine spezielle Entscheidung ist, die aber zu diesem aufregend und (in seinem puren Eklektizismus) aufregend und neu klingenden Debüt-Wahnsinn passt, wie die Faust in die Steckdose.

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