Angel Olsen – Aisles

von am 21. August 2021 in EP

Angel Olsen – Aisles

New Wave, Synthpop, New Romantic und Ethereal Wave – in erstaunlich sinister: Angel Olsen deutet auf Aisles fünf – aus den Federn von Laura Branigan, Billy Idol, Men Without Hats, OMD und  Alphaville stammenden – Songs  lang die 80er neu.

Das beste der 32 Minuten im Banshees-Artwork ist die absolut konsequente Ästhetik der EP – authentische inszenatorische Radikalität, mit der das Sounddesign und die Produktionstechnik gebastelt ist; und vor allem, dass Olsen diese Ausrichtung nutzt, um sich mit Aisles auf einen erstaunlich dunklen Pfad zu begeben, der aus der folkigen Komfortzone bis in den Industrial führt. Dorthin, wo es auch wehtun soll: Nur das abschließende Forever Young gibt sich optimistischer ausgeleuchtet, fühlt sich aufgrund der hellen Synthies wie ein befreiendes Durchatmen an. Als würde der 34 jährigen die Last der vorangegangenen Cover-Stafette von den Schultern fallen, (mehr noch: als würde sie ihr einteilen wollen, weswegen sich die Intonation in den Strophen auch zu hastig anhört, während die Refrains gar etwas gestelzt geraten) bevor sie in um sich selbst drehenden Streichern badet.

Die Erleichterung ist auch insofern nachvollziehbar, als dass die vier davor übernommenen Songs in den Versionen von Olsen etwas beinahe verkrampftes an sich haben, sich jedenfalls nicht unbedingt instinktiv gehen lassen wollen. Sie sind eben auch Ausdruck eines Anachronismus-Kraftaufwandes, der die Zeitmaschine anwirft, um die Ursprünge der Originale in neue Perspektiven zu schieben, ohne das Entstehungsjahrzehnt zu verändern. Umdeutungen und neu verlagerte Gewichte verleihen den Stücken eine eigene Handschrift – quasi als Paralelluniversum-Versionen, in denen die Nummern zwar noch absolut nach den 80er klingen, aber sich inhaltlich doch an den Songwriting-Wurzeln zu schaffen, sie Olsen zu eigen machen.
Was aus kreativer Hinsicht und bezüglich des grundlegenden Mehrwertes sehr löblich ist (alleine die Foo Fighters oder Weezer könnten sich hier eine Scheibe abschneiden, selbst Jealous Guy scheint Lichtjahre entfernt) – die Ergebnisse funktionieren jedoch phasenweise ein wenig unausgegoren, zumindest ambivalent.

Das tolle Gloria erzeugt seine Gravitation entschleunigt als ambient-dystopischer Dreampop, entwickelt eine Heaviness im Zeitlupentempo, dessen Wellengang die Soundschleifen in subversiver Dramatik wälzt, eindringlich und physisch präsent. In Eyes Without a Face wird hinter dem Nebel einer verträumten Trance gearbeitet. Olsen setzt auf eine bittersüße Aufbruchstimmung im Retrofuturismus, plätschert durch Effekte, zieht faszinierend lasziv und verrucht an, wandelt über eine ausholende Bridge, und findet nicht zum Punkt, kommt mäandernd nicht in Gang.
Für den Safety Dance wird die Melodie in eine interessante, aber auch wenig schmeichelhafte Schieflage gebracht, so dass sich das epischere Volumen in der Bedeutungsschwere verliert. If You Leave funkelt schön aus der Finsternis, hat dann auch endlich eine fast euphorisch-unangestrengte Lockerheit im Subtext, die den restlichen Songs angeht – nur vertändelt die Schaltkreise-Bridge sich abermals und mit Fortdauer zeigt sich zudem, dass die Handbremse ohnedies angezogen bleibt.
Hier gilt wie ganz allgemein für die EP: Es wäre vielleicht der Weg des geringsten Widerstandes gewesen, doch Olsen hätte diese fünf Songs ohne Phasenverschiebung im Auftreten auch mal einfach die unkomplizierten Hits sein lassen dürfen, mit denen wir es hier ursprünglich zu tun haben.

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