Blackwater Holylight – Silence​/​Motion

von am 5. November 2021 in Album

Blackwater Holylight – Silence​/​Motion

Nach zwei starken Alben, auf denen sie den Stoner Rock und die retrorockende Psychedelik als Plattform für weitere Alchemiekünste entdeckten, artikulieren Blackwater Holylight ihr Potential auf Silence/Motion nur mit enervierend ambivalenten Geschmack.

Das liegt einerseits daran, dass das Songwriting diesmal einfach kaum herausragende Szenen abwirft, sondern sich eher durch die Ästhetik definiert – eben solide Genre-Ausblicke mit Niveau, aber ohne unbedingt erinnerungswürdige Qualität. Allerdings andererseits auch daran, dass Produzent (eine Premiere für Blackwater Holylight übrigens) A.L.N. (MizmorHell) der Band zwar einen wunderbar erdigen, vollen und satten, auch organischen Sound verpasst hat, er jedoch keine Balance in den Amplituden findet.
Gerade die immer schon nur okaye Stimme von Sunny Farris inszeniert er in den heavy zulangendem Passagen nämlich ohne wirklichen Zugriff auf das Geschehen, lässt sie zu dünn und schwächlich hinter der möglichen Zugkraft der Songs säuseln: Geschlossene Augen mit geballten Fäusten erweisen sich als kaum intensiv.

Besonders gravierend wird dies, wenn Silence/Motion auch noch die Gästeliste öffnet – wie wie im archetypisch mit Cello geschmückten Doom von Delusional, in dem Bryan Funck (Thou) selbst im Hintergrund bleibend effektiver mit dem Song verschmilzt als die Frontfrau, oder wenn der Closer Every Corner als luzider 70s-Bluesrock-Americana mit Country-Ahnungen irgendwann punkiger aufs Pedal drückt, die ans Mikro rückenden A.L.N. und Mike Paparo (Inter Arma) das Geschehen jedoch mit solch gewaltig growlender, fauchender Präsenz für sich reklamieren, dass sie Blackwater Holylight zu einer braven Backingband degradieren. Dass die Nummer zudem frustrierend abrupt endet und in der Luft hängend aus dem Ganzen entlässt, ist dem Album freilich abträglich – jedoch durchaus symptomatisch.

Das Geschehen irrt mit unausgegorenem Distanzgefühl auch abseits des Gesangs-Kontrastes durch zu viele Momente, die sich nicht zwischen hart und zart, packend und verführend, entscheiden können – und plötzlich passiert in der Monotonie kaum noch was. Das an sich tolle Falling Faster klingt etwa, als würden mysteriöse Warpaint in bittesüßer Dunkelheit einen abseitigen Drive nutzen, doch vertändelt sich die Ausgangslage irgendwann in einer seltsam ziel- und kraftlosen Pseudo-Härte. MDIII wechselt an sich wunderbar zwischen folkloristischer Tendenzen am Klavier samt Akustikgitarre und elegischer Stoner-Ballade, leider mit allgegenwärtigen diffusen Synth-Verzierungen, die zu oft im Verlauf von Silence/Motion als Beschäftigungstherapie reiner Mittel zum Zweck werden. Wenn der Song schwermütig zu Blackened-Gefilden zu träumen beginnt, bringt er seine PS zudem nicht mehr auf den Boden.

Anderswo zeigt die Substanz keine Konsequenz: das von My Bloody Valentine zum Pop-Shoegaze beeinflusste Around You besticht erst mit seiner homogen integrierten stilistischen Prägung, verliert sich allerdings einmal mehr zu inkonsequent in einer niemals schlechten, aber eben nur netten Gefälligkeit, so kompetent wie beliebig. Dass ist eben auch deswegen so ärgerlich, weil Silence/Motion phasenweise immer wieder aufzeigt, was möglich gewesen wäre – gerade wenn sich der Kreis aus Form und Inhalt schließt und tolle Einzelideen nicht im mäandernden Müßiggang versanden, sondern den Fokus der bei den Aufnahmen nur als Quartett agierende Gruppe schärfen und eine klare Linie verfolgen lassen.
Who the Hell baut dann auf Versatzstücke aus dem Kraut, Goth und der Psychedelik eine melodische, weiche Atmosphäre, die ätherisch schwelgend an die Vintage-Ader von Black Mountain erinnert, während das mit Piano und Streicher in den Darkfolk a la Marissa Nadler orientierte Titelstück mit pastoraler Dramatik eine imaginative Drone-Melancholie erzeugt.
Diese einnehmenden Passagen sind es dann auch, die dem gefühlt ohne Masterplan auskommen müssenden Silence/Motion doch noch knapp über den Durchschnitt heben und die Zuversicht nähren, Blackwater Holylight hiernach bis zu Album Nummer 4 nicht vollends durch den Raster der passiven Wahrnehmung rieseln zu lassen.

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