Blood Red Shoes – Get Tragic

von am 20. Februar 2019 in Album

Blood Red Shoes – Get Tragic

Nach dem durchwachsenen selbstbetitelten Vorgänger waren neue Impulse für den festgefahrenen Sound von Blood Red Shoes dringend notwendig. Get Tragic übersetzt dieses Bedürfnis vielleicht aus den falschen Gründen heraus, macht seine Sache dabei jedoch sehr solide.

Dass Mary Carter und Steven Ansell unter der Regie von Nick Launay and Adam Greenspan ihrem weiterhin erstaunlich dick klingenden Alternative Rock endgültig einen latenten Wave-Anstrich verpasst und die synthetischen Effekte als Begleiterscheinung nach oben gedreht haben, ist schließlich offenbar weniger eine Lehre, die das Duo aus Brighton aus den beiden Vorgängern In Time To Voices (2012) und Blood Red Shoes (2014) gezogen hat, sondern offenbar eine Konsequenz daraus, dass sich Gitarristin Carter auf einem Trip durch Amerika den Arm brach und ein wenig umdenken musste.
Den angestammten Indierock-Garage-Sound der Blood Red Shoes hat dies auf Studioalbum Nummer Fünf trotz der theoretischen Notwendigkeit übrigens nicht von Grund auf verändert, sondern eher bestehende Tugenden als ausschmückendes Alibi ohne Essenz für den kompositionellen Aufbau per de aufgefrischt – selbst, wenn etwa Bangsar auf ein Stimmloop samt langsam organischer werdenden Beat gebaut ist, dann beinahe zum Industrial-Tanzflächenfüller aufplatzt, oder Nearer (verschwendete Gäste: The Wytches) elektronisch entschleunigter dröhnen darf.

Langzeitfans werden sich auch hier höchstens kurz dezent irritiert fühlen, doch im Grunde nimmt das Duo mit vertrauten Charakteristiken unmittelbar in den Arm. Alleine das eröffnenden Doppel aus Mexican Dress und Eye to Eye ist eine perfekt bemessene, kompakt riffende, groovend an Bord holende Breitseite aus Parade-Hits mit Ansage. Das liebenswert-nonchalante Howl und das nett-bisslose Anxiety, auch der wenig nachhaltige Closer Elijah sind auch allesamt enorm catchy zündende Ohrwürmer, typische Formatradio-Trademarks und doch minimal anders als bisher, denen man aufgrund ihrer zwingenden Effektivität auch nachsieht, dass sich Get Tragic gerade in diesen Szenen über weitestgehend generischen Riffs und Melodien leidlich inspiriert einmal mehr ziemlich deutlich, formelhaft und wenig originär an der DNA der kreativen Schnittmenge der Kills und den Queens of the Stone Age bedient.

Wo die Grundspannung und instinktive Energie der Blood Red Shoes für derartige Stangenware-Routine jedoch einfach stimmt und abermals unterhält, nimmt das Songwriting die gestiegene Breite sogar selten aber doch auch noch in eine wachsende Atmosphäre auf: Find My Own Remorse lässt seine Akustik-Gitarren und Clarence Claritys Gesang dem Drumbeat aus der Dose hinterherschlurfen, gehen dann aber in einem wunderbar versöhnlichen Refrain mit subtiler Größe auf. Das gediegene Sternenmeer in der Arena steht der Band mittlerweile gar nicht mal schlechter, als verschwitzt rockende Bühnengräben.
Ob Blood Red Shoes eben dorthin möchten, ist Carter und Ansell jedoch wohl selbst nicht restlos klar, zu oft bleibt das Duo inkonsequent an der Oberfläche: Get Tragic ist ein gut zündendes  Übergangswerk ohne tatsächlichen emotionalen Impact. Eine Platte, an der man im richtigen Moment zwar Spaß haben kann und die nur selten leere Meter entlangplätschert (wie im ätherisch-mäandernden Beverly, dem auch Ed Harcourt keine Impulse geben kann), auch in den schwächsten Passagen eher passiv langweilend als wirklich zu stören. Essentiell, aufregend oder bedeutungsschwer wirkt im Kontext allerdings kaum etwas, Get Tragic bleibt ein flüchtiger, Singles-affiner Flirt mit vielen Vor- und Nachteilen ohne Album-Album-Gewicht. Der inhaltliche Hedonismus pflegt eben nur formhalber den Exzess, im Grunde bleibt alles brav aufgeräumt, gesittet, unspektakulär – und damit auf eingängige Weise eben auch ein bisschen belanglos, nett und beliebig. Nicht weiter tragisch also.

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